hohem Grade egoistisches Volt. Gemeinsinn kennen sie
auch nicht einmal dem Namen nach. Was Freundschaft,
Liebe und Dankbarkeit sey, wissen die Berber nicht.
Die natürliche Folge ihres entschiedenen Egoismus ist,
dafs sie nur mit Unwillen einer dem ändern einen Dienst
erzeigen. Ich möchte die Erwachsenen träge nennen,
wenigstens scheuen sie jede anhaltende Arbeit. Rachsüchtig
scheinen sie mir nicht zu seyn; auch ist Dieberei
hier zu Lande sehr selten; vielleicht wird sie zum Theil
durch die Strenge der jetzigen Regierung verhindert; da
man aber von jeher die Vorräthe in den oben beschriebenen
grofsen Lehmkegeln zugänglich liefs, so beweist
dieses die Sicherheit des Privateigenthums gegen Diebstahl.
In der Jugend sind beide Geschlechter durchge-
hends sehr lebhaft, doch schon im zwanzigsten Jahre
verliert sich öfters dieser Charakterzug durch den Ein-
flufs der vorwaltenden Selbstsucht. Fanatisch sind sie
gar nicht, aus dem natürlichen Grunde, weil sie nur Gelegenheit
haben, mit ändern Moslemin in Berührung zu
kommen. Den ehemaligen christlichen Cultus bezeugen
nur noch die Tempeltrümmer bei Sai, Hannak, Dongola
Agusa, Gianetti und Magall; unsere Religion selbst aber
ist bis auf den Namen vergessen. Wenn ich nicht irre,
so geben die arabischen Schriftsteller die Regierungszeit
des egyptischen Sultans Ennasser Mohamed Ben Kelawoun
(um 712 der Hedgira) als die Epoche der Einführung des
Islamismus in Nubien an.
Charakteristik und Sitten der übrigen Bewohner
der türkischen Provinz Dongola.
Auffallend ist die Verschiedenheit des Charakters
der Bewohner von Mahas und Suckot *) im Vergleich mit
den Dongolawi; statt des leichtfertigen Frohsinns der
Letztem findet man hier zu allen Zeiten nur finstere Zurückhaltung;
Neid und Mifstrauen sind Grundzüge ihres
Charakters, und nichts haben beide Racen mit einander
gemein, als einen unbegränzten Egoismus. Die schönen
Gesichtszüge der ächten Dongolawi sind nicht mehr anzutreffen;
hier variirt beinahe jedes Profil, ein Zeichen der
Vermischung von vielerlei Stämmen; die Mehrzahl nähert
sich dem länglichen robusten arabischen Fellah-Gesicht.
Vor der Ankunft der osmanischen Truppen lebten die
Einwohner unter einander in ewiger Fehde; die meisten
Wohnungen waren wie befestigte Schlösser gebauet, das
heifst mehrere kleine Hütten waren dicht zusammengedrängt,
und eine dicke hohe Mauer von Urfeisstücken,
mit Lehm verbunden, bildete ein Viereck um sie her,
an dessen zwei Diagonalecken Thürme standen; überall
*) Baden el Hadgar ist so wenig bevölkert, dafs man über
die dortigen Bewohner keine allgemeine Bemerkungen machen