den. Es bleiben also dem Besitzer von dem Erlös der
beiden Ernten circa 78 Speciesthaler übrig, wovon zuweilen
20 Personen ein ganzes Jahr lang leben und sich
kleiden müssen, ohne den Risico der Verluste durch
Viehseuche, Veränderung des Flufsbettes u. s. w. zu berücksichtigen.
Zu alten Zeiten waren die Steuern eines
Wasserrades circa 5 Thaler, und die Marktpreise der
Früchte bedeutend höher. Das Volk schmachtet daher
in drückender Armuth; häufig ist seine Nahrung nichts
als in Wasser gekochte Bohnenblätter mit einem Aufgufs
von Bamien r Brühe, gesäuerte Milch und Durra -Bröd;
ihre einzige Ergötzung ist das Busar Getränk, eine Gäh-
rung des Wasseraufgusses auf von gekeimten Durra- Körnern
gefertigten Brodkuchen. Fleisch geniefsejn sie in
vielen Gegenden meist nur hei der gelegentlichen Tod-
tenfeier einer Person von Ansehen, welcher zu Ehren die
Angehörigen eine Kuh schlachten müssen.
Die Armuth des ganzen Landes ist jetzo so grofs,
dafs beinahe alle Schafe nach und nach7 zu Markte gebracht
wurden und der türkischen Militär-Besatzung als
Speise dienten. Ihre Wolle wird nicht benutzt, aber man
nähet die gegerbten Felle zusammen, welche dann als Betten
auf der Reise gebraucht werden. Die Eingebornen halten
nur noch wenige Ziegen und Hühner. Pferde findet man
so zu sagen nirgends. Im Jahre 1814 oder 1815 fiel
deren eine grofse Anzahl an' einer Viehseuche und die
übriggebliebenen kamen während der Anwesenheit der
türkischen Truppen nach und nach beinahe alle in die
Hände der Soldaten, so dafs die noch unlängst mit Recht
berühmte dongölawische Pferde-Race nun als erloschen
anzusehen ist. Ein Hauptgrund der erprobten starken
Constitution der hiesigen Pferde und ihrer hohen Statur
lag vermutlich darin, dafs die Füllen aufser ihrer Muttermilch
noch bis in das dritte Jahr mit Kuhmilch reichlich
genährt wurden; ihre sonstige gewöhnliche Nahrung
beschränkte sich auf Durra und trockenes Stroh. Ich Weifs
nicht, in wies fern ein sonderbarer Gebrauch der Eingeborenen
etwas zum schnellen Laufen ihrer Pferde beitragen
soll; man macht nämlich zuweilen den Füllen auf
jeder Seite unter dem Auge drei tiefe Einschnitte in die
Nasenknochen und zerstört, wie es scheint, einen Theil
der Ossa turbinata.
Die Esel sind zahlreich aber sehr, schlecht, vermuth-
lieh weil sie nicht gehörig gefüttert werden. Die guten
egyp tischen Esel werden daher hier fünfmal theurer bezahlt,
als die von einheimischer Race. Kameele haben dermalen
die angesiedelten Ackerbauer sehr wenige, und selbst
die sind sehr schlecht. Auch die der Beduinen - Araber
sind von wenig Kräften und Ausdauer, welches ich gleichfalls
dem Mangel reichlicher Nahrung zuschreibe. •
Der unstäte politische Zustand des Landes während
50 Jahren war wohl eine Hauptursache, warum man die
i Wohnungen nicht mehr aus in der Sonne getrockneten
: Lehmstücken hauet, sondern sich mit ephemeren Strohhütten
begnügt; ihr Bau bestehet aus einem luftigen,
r käfigartigen Gerippe von zusammen gebundenen schlan-
I ken Baumstämmen, an welchen entweder grofse Matten,
|-von Strohbüscheln verfertigt, anlehnen, oder Bündel von
* langen Durrastengeln befestiget sind. Diese Hütten haben
vor den Lehmwohnungen den Vorzug, dafs sie nach
Bedürfnifs von einem Punkt zum ändern leicht versetzt
werden können, welches oft die heillose Plage der Ter