die so zu sagen gar keinen Abflufs hatte; ferner sagten
mir Mehemet Beg und Andere, die Gelegenheit hatten,
diesen Flufs in südlichen Breiten in verschiedenen Jahreszeiten
zu besichtigen, dafs zwischen dem wahren Nil,
nördlich von Kardum, und dem Bahher Abbiad in mittäglichen
Regionen gar kein Verhältnifs statt fände, indem
letzterer immer eine weit ansehnlichere Wassermasse enthält,
als der Nil nach der Vereinigung der beiden Hauptströme.
Der Sennaarische Strom, oder Bahhe r As rak,
hat das ganze Jahr über eine ziemlich starke Strömung;
durch die Gewitter in den abyssinischen Gebirgen fängt
er Mitte Mai in Obernubien' an, langsam zu steigen, während
der westliche Strom, oder Bahhe r Abbiad, ver-
hältnifsmäfsig weit weniger anschwillt, bis endlich anfangs
Juli plötzlich eine ungeheuere Wassermasse sich von diesem
Flusse ausmündet, die so beträchtlich und regel-
mäfsig ist, dafs dadurch immer in Cairo in den ersten
Tagen des August der Nil in wenig Tagen vier bis fünf
Fufs hoch wächst. Diese Thatsache des verspäteten, aber
desto plötzlicheren Anschwellens des Bahher Abbiad liefse
sich durch die Annahme eines grofsen Landsees erklären,
dessen Wassermasse sich nur periodisch, nach einem gewissen
Erhöhen des'Niveau, in den Bahher Abbiad ausmündete.
Uebrigens habe ich auch nicht die entfernteste
Notiz über die Existenz eines solchen grofsen Sees, der
mit diesem Strome in Verbindung stehe, erhalten können.
Da ich mit den Ferlit-Sklaven, von denen ich ein Wortregister
niederschrieb, mich nur durch den zweiten Doll-
metscher unterhalten konnte, und unglücklicherweise das
ausgefragte Individuum sehr verstandschwach war, so
konnte ich über diesen interessanten Punkt gar nichts
Bestimmtes erfahren. Dieser Ferlit wufste mir nicht einmal
ein Wort aus seiner Sprache für die Versinnlichung
eines Sees anzugeben.
Bei den in dem östlichen Theile von Africa wohnenden
Arabern, und auch bei den Barabra, bezeichnet man
allgemein die periodischen Ueberschwemmungen während
der Sommerzeit mit dem Worte Ni l ; ferner benennen
diese Araber alle Länder, wo Neger wohnen, weil sie
ihnen vorzugsweise nach Mittag oder Süden zu liegen,
Be l l ed Said oder Sudan, von dem arabischen Worte
Sai d, welches so viel als mittägliche Gegend heifst, und
das unfehlbar die Europäer zur Bezeichnung gleicher
Idee aüf den Kompas aufgenommen haben. Diese beiden
allgemeinen Benennungen von Sudan oder Belled Said
und von Nil, die man bei geographischen Ausforschungen
im nördlichen Africa Öfters erhält, dürften wahr- Ö 1 i
scheinlich zu manchen Verwechselungen Veranlassung gegeben
haben. Vielleicht ist auch der Ursprung des Namens
Ba h h e r Ab b i a d , welches so viel als der wei f se
Strom heifst, das Wort Ba h h e r el Abid , der Flufs
der Sklaven.
Während meines kurzen Aufenthalts im Kordofan
war aller Handelsverkehr mit den benachbarten Staaten
unterbrochen; ich konnte daher nur sehr Avenig bestimmte
Auskunft über die Verbindungsstrafsen erhalten, durch
Avelche es mit den angränzenden Ländern im Verkehr
stehet. Nach den nördlich gelegenen Nilländern kenne
ich drei A7erschiedene, alle von Haraza aus abgehende
Wege, die sich einander wieder bei Dabbe am Nil nähern.
Der kürzeste dieser Wege gehet über Simrie, und
ist oben von mir beschrieben; ein zweiter, östlich von