Semne, wovon ich blos dasjenige kenne, was auf
dem westlichen Nilufer liegt, scheint mehr ein befestigter
Militärposten als eine Handelsansiedelung gewesen zu
seyn, denn was anders hätte in dieser Wüdnifs an einen
bürgerlichen Verein fesseln können? Auf einer felsigen
Anhöhe liegen die Reste der Wohnungen in zwei stumpfwinkelig
sich kreuzenden Richtungen gereihet; da wo
sich diese Richtungen schneiden, Scheint das Stadtthor
gewesen zu seyn, und nahe dabei stehet ein kleiner Tempel.
Er ist von Quadersandstein in egyptischem Geschmack
erbauet; obgleich wenig zerstört, konnte ich
doch keine Regelmäfsigkeit in seinem Grundplan ent-,
decken; den Dachvorsprung der Cellft unterstützten kan-
nelirte Pfeiler ohne Rasis und Kapital, vergleichbar einem
dorischen % Säulenschaft; eine derKannelaturen hat der
Länge nach eine Inschrift gut gearbeiteter Hieroglyphen.
In der einen Seitencella liegt eine sitzende Priesterstatue
aus Syenit gearbeitet, mit über die Brust gekreuzten
Händen; in der Nachbarschaft des Tempels ist eine am
einen Ende zugerundete Granittafel, mit schön gearbeiteten
Hieroglyphen beschrieben. Um die ganze Ansiedelung
der Stadt läuft eine starke Ringmauer, stellenweise
durch thurmförmige Bollwerke verstärkt; aufserhalb der
Ringmauer nach Norden zu ist in einer steilen Felswand
eine Katakombe ausgehauen; sie ist unbedeutend, und
wurde, wie es scheint, nie vollendet.
In der Nähe des Dorfes Ama r a , in der Provinz
Suckot, auf dem östlichen Nilufer, liegen unscheinbare
Schutthaufen von Lehm und Backsteintrümmern, und hinter
ihnen erhebt sich der Pronos (Vorhof) eines in egyptischem
Geschmack erbauten Tempels. Acht Säulen,
Von vierzig Zoll Durchmesser jede *), in gedoppelter
Reihe gestellt, unterstützten dessen flache Decke, welche
höchst wahrscheinlich aus Holz bestand; die Seitenmauern
des Tempels sind von ungebrannten Lehmziegeln,
und nur die Säulenschafte, Thürpfosten und Ar-
chitravstücke sind von Quadern; keine S^ulenkapitäler
sind mehr Zu sehen; die Cella und andere Gemächer
des Tempels ¡find ganz zerstört; an jödem Säulenschaft
sind als Basreliefs acht stehende weibliche Figuren mit
Kopfschmuck von Lotusblumen eingehauen; jede trägt
zwei Gefafse in den Händen, aus welchen ein Wasserstrahl'
fliefst. In der Umgebung des Tempels Regt ein
altarförmiges kolossales Säulensegment von poürtem Granit,
ohne Verzierung von Bildhauerarbeit.
Südlich vom Dorfe Sche ck Se l im auf dem West-
Nilufer findet man einen quadrätförmigen Flächenraum,
mit beträchtlichen Schutthaufen von zerfallenen Wohnungen
bedeckt, die von ungebrannten Erdbacksteinen erbaut
waren; die Decken der Privatwohnungen waren meist
bogenförmig gewölbt; nach Osten zu gegen den Flufs
finden sich die Trümmer zweier Tempel; an dem einen
ist das Material des Mauerwerks in der Sonne getrocknete
Erdziegeln; nur zwei Säulenschafte sieht man, und
diese sind von Sandstein ohne Bildhauerarbeit; von Kapitalem
oder Architravstücken ist nichts mehr vorhanden;
ich bin zweifelhaft, ob diese Trümmer einem egyptischen
oder christlichen Tempel zugehören. Der andere Tem-
V *) Burchhardt sagt p. 83, dafs diese Säulen von Kalkstein
sind; ich_habe in meinen Notuzen das Baumaterial als Sandsteiu
au feezeichnet: einer von uns beiden mufs sich daher geirrt haben.