alten Schriftsteller bezeichnen die unter Saba c co aus
Ethiopien gekommenen Eroberer als Schäfer, das heifst
als Nomaden. Wäre nun dieses Volk bereits civilisirt
gewesen, so hätte man ihm unmöglich eine Benennung
gehen können, die jegliche Befreundung mit Künsten verscheucht.
Eine zweihundert fünfzig Jahre dauernde Herrschaft
über die gebildeten Egyptier durfte übrigens auch
leicht hei den Eroberern den Wissenschaften Zugang verschaffen,
um so mehr, da solche mit der Landes-Religion
in genauester Verbindung waren, welche diese Ethio-
pier entweder damals oder schon früher annahmen. Der
Glückswechsel trieb mit der. veränderten Staatenherrschaft
die Ethiopier in ihr Vaterland zurück, aber das durch
die Religion geknüpfte Band mufste sich befestigen, namentlich
durch den Schutz,' den dadurch der Handelsverkehr
genofs, so wie derselbe noch heut zu Tage in
dem unabhängigen Nubien unter der: Egide der mahome-
tanischen Priester stehet. Fürsten werden damals, wie
sie es noch jetzt in diesem Theil von Africa sind, die
Haupthandelsleute gewesen seyn; man suchte vielleicht
die sie schützende Religion zu befestigen, und so erbauete
man in Nubien die egyptischen Tempel, b,ei denen man
sich jedoch nicht sklavisch den architektonischen Regeln
der Lehrer unterwarf. So dürfte der eigenthümliche Baustyl
entstanden seyn. Ob diese Muthmafsungen plausibel
sind, ob man sie auf die Ungeheuern Ruinen ausdehnen
will, welche auf dem Ost-Nilufer in der Provinz Schendi
Vorkommen, und die, nach den vortrefflichen Zeichnungen
des Herrn Linant zu urtheilen, zum Theil unverkennbare
Spuren der indischen Architektur an sich tragen,
dieses werden weit competentere Richter untersuchen.
Zu Gunsten meiner Idee, dafs die Civilisation
sich nicht in dem von mir bereisten Theil von Nubien
entwickelte, werde ich mittheilen, wie ich mir erkläre,
warum die heutigen Nilbewohner von Nubien, deren Gesichtszüge
mit denen der alten Egyptier und der östlich
wohnenden Beduinen verwandt sind, sich eines Negersprache
Dialekts bedienen. Die Völkerschaft eines Landes
kann auf zweierlei Art sich umschmelzen: entweder
eine feindliche Armee schlägt und vertilgt einen Theil
der früheren Bewohner, und siedelt sich in dem neu
eroberten Lande- an, oder ein ganzer Volksstamm wandert
aus einer Gegend in eine andere gewaltsam ein,
mit Unterjochung der früheren Bewohner , wenn nicht die
neue Andedejung in Folge einer friedlichen Ueberein-
kunft geschieht. Die Nachkommen der auf diese Art
eingewanderten Volksstämme sind Jahrtausende lang durch
urväterliche Gesichtszüge erkenntlich, und häufig vererbt
sich bei ihnen der Gebrauch ihrer eigenen Landessprache.
Beispiele dieser Art sind die in ganz Africa verbreiteten
Araberstämme, oder auch die Judenfamilien in Europa.
Anders verhält es sich, wenn eine Armee ein Land erobert
hat,, und sich nun darin ansiedelt; die siegreichen
Krieger verheirathen sich mit den Wittwen und Töchtern
der Eingebornen; die aus dieser Verbindung erzeugte
Nachkommenschaft wird die Sprache ihrer Mütter
und die Gesichtsbildung ihrer Väter ererben; ja nach und
nach verliert sich ganz die eigentliche Sprache der eingewanderten
Krieger. Ein Beispiel dieser Art aus ganz neuerer
Zeit liefern uns hier zu Lande selbst die Einwohner
von Assuan, Ibrim und Sai, die einst aus bosnischen
Soldaten bestanden, und jetzo nichts als die berberische
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