Erklärung der Kupfer.
Tafel I.
Zwei Granit-Statuen, die auf der Insel Ärgo liegen.
(Zu Seite 84.)
Die beiden Kolossalstatüen, welche' sich zwischen den Trümmern
eines Tempels auf der Insel Argo befinden, sind meines
Erachtens ein sprechender Beweis, dass die Bildhauerkunst in
diesem Theil Nubiens sich nicht entwickelte und vervollkommnete,
sondern vielmehr aus einem fremden Tande, während dés periodischen
Besitzthums eines Eroberers, eingeführt ward, und zwar
wahrscheinlich von Egypten her ; denn die Formen sind ganz in
dem in jenem Lande üblichen Style, unter sklavischer Beobachtung
des daselbst für Kolossal-Statüen festgesetzten Typus. • Aber
es fehlt den hiesigen Figuren gänzlich jener zarte Ausdruck und
die feine •Ausarbeitung, welche der Kenner nicht genug an den
meisten Statuen von Unternubien und Egypten bewundern kann.
Das Gestein der Kolossen von Argo ist ein Granit, wo grosse'
Massen fleischfarbigen Feldspaths vorherrschend sind; der braune
Glimmer ist.am spärlichsten; es wurde unbezweifelt in der Gegend
des benachbarten Tuihbus gebrochen, wo noch zur Stunde eine,
beinahe vollendete Kolossalstatue einen Horus verstellend, zwischen
ähnlichen Granitfelsmassen liegt. Ich habe beide Statuen auf
das getreueste in einer Verkleinerung von abgezeichnet ; ihre
Verticalhöhe, zuzüglich der siebenzehn Zoll dicken Basis ist
zwanzig Fuss neun Zoll franz. Maas. Die Figuren stellen ver-
muthlich keine Gottheiten, sondern Heroen vor; aber jegliche
hierogliphysche Inschrift mangelt, daher diese Frage ganz unbestimmbar
bleibt. Sie haben beide den linken Fuss etwas vorge-
setzt und lehnen sich mit dem Rücken an eine sechs Zoll dicke
Tafel der ganzen Länge nach an. Jede hat eine egyptische
Priestermütze auf dein Kopf mit der aufrechtsteheriden Schlange
als Verzierung über der Stirn. Um das Kinn gehet eine Binde
mit der zopfartigen Bartversinnlichung. An der einen Statue,
welche quer über d i e “ Körpermitte gespalten ist, hängen die Aerme
senkrecht herab, und die Fäuste ballen sich um einen kurzen Cilinder.
Eine Binde verziert den Oberarm und die Handwurzel; upi den
Hals hängt eine grossringige Kette, und um die Brust geht ein
über die Schultern init Spangen befestigtes Leibchen. Der Oberleib
und die Füsse sind ganz nackt, aber, um die Lenden ist eine
gefaltete Schürze, wovon der eine End - Lappen zwischen den
Beinen auf die Knie herabhängt. Auf dem rechten Fuss der Kolossal
Statue stehet die etwas verstümmelte drei und ein halb
Fuss hohe Figur eines Horusy dessen Haupthaar wie gewöhnlich
in einem gewundenen Busch auf der rechten Schulter
herabhängt; die Finger*der rechten Hand hält er auf den Mund;
der linke Arm liegt an der Hüfte an; auf dem Kopf sind zwei
aufrechtstehende Federn, mit einem Paar horizontalen Hörnern
an der Basis.
Der zweiten Kolossalstatue sind die beiden Aerme müthwillig
weggehauen, doch bewähren die Bruchflächen, dass auch sie an
dein Körper der Länge nach anliegend waren. Die Priestermutze
hat hier ausser der aufrecht stehenden Schlangenverzierung eine
Blätte.rkrohe mit einem Stern, und in der bimförmigen Zuspitzung
eine kleine viereckige Vertiefung, wo vermuthlich eine besondere
Verzierung angebracht war. Um den' Hai* hängt ein Bänder-
Vchmtick, unten mit länglichen Perlen verziert. Bei der Schürze
um die'Lenden ist nur der ih der Mitte hängende Zipfel gestreift;
aber um die Fussknöchel hat diese Sfatiie Spangen.