Außer dem Ackerbau war auch’ der Handel eine
Hauptbeschäftigung der Einwohner; dieser letztere hatte
ihren Sitten eine Nuance von Civilisation gegeben, und in
einigen Sachen ihnen einen gewissen Luxus eigen gemacht,
der ihren afrikanischen Nachbarn ganz fremd war. Hie
Baumwollentücher, in die sich die Weiber hüllten, waren
häufig in Indien gefertigte gestreifte Zeuge; grofse
Mannichfaltigkeit von Silberschmuck verzierte sie; es gab
Kameelssättel, mit Elfenbein und Ebenholz ausgelegt, und
Silber war selbst bei dem Pferdegeschirr verbraucht; ich
sah in Indien gefertigte Bettstellen, mit Perlmutter aufgelegt.
Die Plünderungen der Türken brachten eine unglaubliche
Menge dieses Schmucks zu Markte, und ich
hatte Gelegenheit, zuweilen geschmackvolle Formen daran
zu bemerken. Einen besondern Luxus Süchten die Bewohner
in dem Besitz von Pferden, die wegen ihrer
Schönheit und Güte den dongolawischen vorgezogen wurden;
sie unterscheiden sich durch gerade Nasen, hohes.
Kreuz, schlanke weifse Füße, und sind meist schwarzer
Farbe. Auch die hiesige Race ward durch die
Invasion der Türken so zu sagen vernichtet. Nicht minder
berühmt ist die Kameelzucht in den dem Nil östlich
liegenden Distrikten. Grofse Ausdauer und Schnelligkeit
charakterisirt sie; aber ich hörte doch nie, weder hier
noch sonst wo, von schnelleren Märschen, als fünf und
dreißig bis höchstens vierzig Stunden den Tag, welches
letztere auf'keinen Fall ein Kameel länger als einen Tag
aushalten kann. Wenn also Sonnini von hundert Wegstunden
den Tag spricht, so muß hier ein großes Mifs-
verständniß obwalten.
Im Umgang mit Fremden fand ich die Jahelin höflich
und zuvorkommend; man machte mir tausend Ver
Sicherungen von Dienstergebenheit, aber alles, wenn ich
nicht irre , in der egoistischsten Absicht, und ohne je
daran zu denken, die Versprechungen durch die That zu
bewähren, wenn anders nicht ein offenbarer Vortheil dabei
einleuchtete. Glauben sie sich einmal auf dem Punkte,
daß sie auf eine kleine Erkenntlichkeit des Fremden Anspruch
zu machen haben, so sind sie schamlos in ihren
Forderungen und beinahe nicht zu befriedigen. Auf ein
gegebenes Wort darf man nie zählen; Trunkenheit und
Lüderliehkeit ist so zu sagen die Erholung ihres Körpers
und Geistes; kurz, ihr Denken und Handeln ist allen
moralischen Grundsätzen entfremdet. Selbst der Religionseifer,
dessen sich einige Männer befleißigen, schien
mir blos erheuchelt. Der jetzige politische Zustand des
Landes kann diese Sitten, wenn möglich, nur noch verschlechtern.
Die Plünderungen hatten momentanes großes
Elend verursacht; die zügellosen Laster der Soldaten durften
nach Willkühr schalten; die Städte und viele Dörfer
sind zerstört und verlassen; die zur Bewässerung dienenden
Wasserräder muthwillig als Brennholz verbraucht;
der Ackerbau unterliegt ganz; mit einem Wort, das Land
trägt die Spuren eines Türkenkriegs. Ueber die Volkszahl
und sonstige Statistik dieser. Provinzen kann ich
nicht die muthinafslichste Notiz mittheilen. So viel ist
gewiß, daß die Bevölkerung durch Auswanderungen und
Elend stark abiiimmt.
Bei Kurgos fand ich das Nilthal, oder die Strecke,
die von Nilschlamm bedeckt ist, und die gewöhnlich jährlich
überschwemmt zu werden pflegt, fast eine Stunde
breit zu jeder Seite des Flufsufers; aber selbst vor der