Nördlich von da ist ein anderer Tempel, dessen vorzüglichste
Gemächer in den Fels eingehauen waren; ein
Theil der sich über demselben senkrecht erhebenden Bergmasse
hat sich abgelöst, und im Sturze mit seinen Bruchstücken
den Tempel und seine Hofräume verschüttet; jetzt
stehen noch die beiden äufsern Phylone ziemlich gut erhalten
, und in ihrer Nähe liegt verstümmelt eine sitzende
Sphinx von schwarzem Granit. An diesen Phylonen erblickt
man undeutlich Basreliefs von Schlachtenscenen.
Mauerwerk verband dieses Gebäude mit dem östlich davon
liegenden grofsen Tempel. Dieser ist eins der gröfsten
Monumente südlich von Wadi Haifa, denn seine Längenaxe
beträgt beinahe 4nnfhundert Fufs. D^r Eingang ist nach
Südwest zu, zwischen zwei Ungeheuern Phylonen. (Siehe
den Plan Taf. 2.) Ein beinahe quadratförmiger Hofraum
folgt, von hundert sechs und zwanzig Fufs Tiefe; an
dessen nördlicher Sjeite sind sechs kolossale Säulen vor
einem zweiten Phylon, welcher den nächsten Hofraum
schliefst; noch sind sechs andere Säulen in diesem ersten
Hofraum, drei an jeder Seitenmauer, rechtwinkelig angelehnt
an die oben erwähnten sechs Kolossal - Säulen.
Im zweiten Hofraum findet man 'an jeder Seitenmauer
eine Colonnade von sieben Säulen, und gegen die Mitte
des Hofraums sind drei Paar Säulen parallel mit den
sechs letzten Säulen der Seiten-Colonnaden. Endlich
kommt ein Perystil, dessen Decke achtzehn kolossale
Säulen, in drei Reihen gestellt, unterstützten. Der ganze
Hofraum hat eine Tiefe von hundert acht und vierzig
Fufs. Es folgt ein Saal, dessen De.cke, vielleicht von
Steinplatten gebildet war; eine doppelte Reihe von, fünf
Säulen unterstützte sie; zivischen jedem Säulenpaar stehen
Votiv-Altäre; auf beiden Seiten dieses Saales sind geräumige
Gemächer. Nun köinmt "man zum Aditum; es
enthält gegen sein nördliches Ende einen prachtvollen
kubischen Altar von grauem Granit. Die hieroglyphische
Bildhauerarbeit desselben ist vorzüglich schön; zu beiden
Seiten des Aditum^ sind Säulen. *) Nach Osten zu führt
eine Thür zu einer abgesonderten Kapelle und deren Seitenzimmer.
Das Ende des Tempels bildet nach Norden
zu eine Suite von Zimmern, deren gemeinschaftlicher Eingang
hinter dem. Aditum abgeht; aber der offene Saal
auf der Westseite scheint vön dem Innern des Tempels
ganz isolirt zu seyn, und gar keine Verbindung mit 4es"
sen Gemächern zu haben; eine eigene Gallerie von Westen
her führt direkt zu dem Eingang. Innerhalb dieses
offenen Saales liegt eine sehr schöne Granittafel von sieben
Fufs zehn Zoll Quadrat; eine Reihe wohlgearbeiteter
Hieroglyphen verziert die obere Kante. Unfern der Gallerie,
die zu diesem offenen Saal führt, aufserhalb des Tempels
, findet man einen sehr merkwürdigen Opferaltar von
Sandstein (Taf. 4. Fig. 1.);, er ist länglicli, an einem Ende
zugerundet, und zwei Staffeln führen zur obern Platte, die
vermuthlich zu Menschen - Opfern bestimmt war. Auf der
untern Staffel sind zwei Figuren ausgehauen, die in gezwungener
Stellung zusammen geknebelt ihr Schicksal
zu erwarten scheinen. Auf den Seiten des Altars ist als
Basrelief eine Gruppe von fünf männlichen und sechs
weiblichen Sklaven ausgehauen; sie haben sämmtlich
*) Die Säulen auf der Westseite des Aditums mufs ich der
Symmetrie wegen muthmafsen, denn alles ist hier bis zur tiefen
Grundfläche absichtlich zerstört.