wurde; dies war alles, was ich beobachtete.. Vermuth-
lich ist hier noch weit mehr unter den vielen Schutthaufen
verborgen, apf welchen die modernen Wohnungen
der Schakie erbauet sind.
Die sonderbare Gestalt der Felsmasse B a r k a l mufste
zu allen Zeiten die Aufmerksamkeit der Forscher^ auf
sich ziehen; aus der weiten Ebene erhebt sich nach allen
Seiten zu senkrecht ein Sandsteinfels, beinahe vierhundert
Fufs hoch und etwa fünf und zwanzig Minuten
im Umkreis. Die ungewöhnliche Form des Berges mufste
sich noch mehr durch ein besonderes Naturereignifs bei
den Eingebornen bemerkbar machen, obgleich solches
ganz in den physischen Gesetzen gegründet ist; der gröfste
Theil der Gewitter der ganzen Umgebung Werden nämlich
durch diese isolirte Steinmasse angezogen, und er-
giefsen in ihrer Nähe den heilbringenden Regen. , Was
Wunder, dafs man in alten Zeiten hier einen Ort aufzufinden
glaubte, wo die Götter sich den Menschen nähern,1
und sich mit ihnen unterhalten? Tempel häuften sich
auf Tempel, und wer weifs, Avie weit man hierher wallfahrten
kam, um den Schicksalsspruch zu berathen. Ist
nicht selbst von dem griechischen Wort Or a k e l die
heutige Benennung des Orts B a r k a l entstanden?
Auf der Südostseite des Berges Barkal liegen die
Trümmer der verschiedenen Tempel in folgender Ordnung:
Wenn man von Wösten beginnt, kömmt man zuerst
an einen kleinen in den Fels gehauenen Tempel;
der Plan seiner Gemächer ist symmetrisch, und die Wände
waren mit Hieroglyphen geschmückt; alle Plafonds sind
längst eingestürzt, und überhaupt das Ganze sehr vom
Zahne der Zeit angegriffen. Dem Anschein nach ist dieses
der allerälteste der hiesigen Tempel, und schon in
alterthümlichen Zeiten hat man ihn vielleicht verlassen,
und die Altäre . nach dem benachbarten T i p h o n i um
(Heiligthum, dem bösen Genius geAvidmet) versetzt, einem
gröfstentheils gleichfalls aus dem Fels gehauenen Tempel.
Der Eingang in dieses Tiphonium ist nach Süd-
Südost zu ; zwei prismatische dicke Mauermassen nehmen
eine Façade yon sechszig Fufs ein; sie bilden die Vorwand
eines Hofraums (Pronos), der mit einer Colonnade
längs drei Seifen versehen ist. Acht dieser Säulen haben
Kapitaler auf zxvei Seiten, mit Isisköpfen geschmückt.
Neben dem Eingänge sind die Säulen durch Pilaster mit
Tiphons - Kariatiden ersetzt, deren Kopf mit Federn und
Lotusblumen, und einem Fürstennamen in Hieroglyphen
geschmückt ist. Die Decke des nun folgenden Zugangssaals
(Sekos.) ist nach Versicherung der Eingebornen vor
etwa fünf und zwanzig Jahren durch eine Erderschütte-
rung eingestürzt; sie wurde durch acht Säulen unterstützt,
die gleichfalls an den Kapitälern mit zAvei Isisköpfen verziert
waren. Die Cella f(zweiter Zugangssaal) und das
Aditum (Heiligthum) nebst seinen beiden Seitenzimmern
sind aus der Bergmasse selbst gemeiselt. Die Decke der
Cella wird durch zwei Tiphons-Kariatiden unterstützt.
Der Eingang zu den Seitenzimmern des Aditums ist von
der Cella aus ; aber rechts im Hintergrund des Aditums
ist eine kleine Thür, welche zu einem verborgenen Gemach
führte, worin sich vielleicht die Priester bei Erthei-
lung der, Orakelsprüche versteckt hielten. Die Wände
der Cella, des Sekos und Aditums waren mit hierogly-
phischer Bildhauerarbeit in alto relievo geziert, die wiederum
mit Gelb und Blau ausgemalt war. Auf der