Hände und Füfse geknebelt, und alle sind mit einem
Seile der Reihe nach am Halse angebunden. Zwei Geier
halten die beiden Enden dieses Seils, mit den Klauen
und dem Schnabel lüstern nach ihrer Beute hackend.
Die Figuren dieser Sklaven sind grob gearbeitet, und doch
ist Nationalverschiedenhöit in den Profilen wohl ausgedrückt.
— Auch von einer ändern Antike mufs ich sprechen,
welche sich in dem Perystil des zweiten Hofraums vorfindet,
und über deren Zweck ich keine Meinung festzusez-
zen vermag. (Taf. 4. Fig. 2.) Es ist ein Sockel von schwarzem
Granit, auf welchem eine fufsförmige Erhöhung ruhet,
an deren Ferse, ein Ansatz ist; zwei hieroglyphische Inschriften
sind auf beiden Seiten; die Bildhauerarbeit ist
mit vielem Fleifse behandelt; übrigens ist es unmöglich,
ohne eine Zeichnung von dieser Antike eine verständliche
Idee zu geben. Man könnte vielleicht in ihr einen jener
Sandalen des Perseus erkennen, gleich demjenigen, welchen
Herodot im Tempel von Chammi besichtigte *).
Bei den äufsern Tempelmauern auf der Ostseite bemerkt
man an mehreren Stellen eine Bauverstärkung. Geschah
solche wegen Witterungsbeschädigung'? oder zur Ausbesserung
nach feindlicher Zerstörung1?
Vor dem Haupteingang des Tempels liegen zwei
Widder von Granit, und in einiger Entfernung, in der
verlängerten Hauptaxe des Tempels nach Südwest zu,
kömmt man zu dem Pfeiler eines Thorwegs. Oestlich
von dem grofsen Tempel trifft man die Ruinen zweier
ändern grofsen Gebäude, muthmafslich in egyptischem
Baustyl. Ihre Grundform bildet ein längliches Viereck;
*) Siehe Herodot II. 91.
alles ist hier eingestürzt und mit Sand überschüttet. Ich
bemerkte bei dem einen Gebäude ein mit Lotusblumen
reich geschmücktes Kapital von Sandstein.
Auf der Südwest- und Nordwestseite der Felsmasse
Barkal, in viertelstündiger Entfernung, findet man Gruppen
von pyramidalischen Grabmausoleen. In jeder Gruppe
zählt man acht mehr oder weniger , gut erhaltene Pyrami- ■
den von verschiedener Gröfse. Die Bauart der meisten
dieser Pyramiden ist ganz von derjenigen der egyptischen
verschieden; die Kiesigen gehen nämlich beinahe alle
ziemlich, spitzwinkelig zu, die Spitzen selbst abgestumpft.
Das Vechältnifs der Basis zur Höhe der nordwestlichsten
Pyramide ist vier und dreisig Fufs zu vier und vierzig,
und ähnliche Proportionen befolgte man bei mehreren.
Die äufsere t Quadersteinmasse verkürzt sich staffelförmig.
Die Pyramiden der Nordwestgruppe unterscheiden sich
von den ändern durch ihre mit Leisten versehenen Kanten
und durch tempelförmige Vorhallen^ Womit jede derselben
an der südwestlichen Seite versehen ist. 'Beides
mangelt den Pyramiden-der Südwest-Gruppe. Die Kantenleisten
sind in den unteren Zweidrittel der Höhe rechtwinkelig
geglättet, das obere Drittel ist zugerundet. Die
tempelförmigen Vorhallen haben jede eine Thür nach
Südwest zu; die innern Seitenwände sind mit schön gearbeiteten
hieroglyphischen Tableaux- geziert; sie stellen
die Apotheose des verstorbenen Helden vor; er ist abgebildet,
auf einem geschmackvollen Sessel sitzend, der
mit KörpCrtheilen eines Löwen verziert ist; in der Hand
hält er Bogen und Pfeil; hinter ihm stehet ein weiblicher
Genius mit Flügeln an den Armen, mit welchen er seinen
Schützling umfittiget; und ihm zugleich Libationeft