Die erwachsene^ Barabra bringen den gröfsten Theil
des Jahres in vollkommenem Müfsiggange zu, die wenigen
Werkleute ausgenommen, die sich mit der Weberei, dem
Eisenschmieden, dem Zimmern der Barken und der Wasserräder
beschäftigen, welche Leute übrigens auch höchsten^
zwei bis drei Stunden täglich arbeiten; den Knaben
und Sklaven liegt es auf,"die Ochsen am Wässerrade anzutreiben,
die einzelnen Wassergossen abwechselnd zu
öffnen and zu schliefsen, und die Vögel von der reifen
Flur zu verjagen., Thätiger müssen die Weiber seyn.
Haushaltung ist ihre geringste Beschäftigung, denn diese
beschränkt sich darauf, die Frucht zu mahlen und das
Brod zu backen; aber sie müssen auch das Trinkwasser
yon dem oft entfernten Flusse herbeischaffen, zur Erntezeit
die Früchte schneiden und mit kleinen Stöcken ausdreschen
, endlich die Baumwolle reinigen und wer spinnen.
Unter der türkischen Regierung werden die Körperkräfte
der Barabra häufig durch Frohndienste in Anspruch
genommen, namentlich durch das Stromauf- und Abwärtsziehen
der Barken, weil alle Fahrzeuge der Regierung
angehören. '
Den Jungfrauen und Neuvermählten unter der Berber-
Nation mufs man das Zeugnifs einer schönen und interessanten
Gesichts - und Körperform zugestehen; die Feld-
und Hausarbeiten nach der contrahirten Ehe und das Kin-
dergebären verfüttern jedoch sehr schnell diese Reize. Die
Operation der Ausschneidung, welcher alle Mädchen gegen
ihr achtes Jahr unterworfen werden, ist bekannt. In
ihrem zehnten oder elften Jahre verheirathet man sie;
der Mann erkauft seine Braut von der Mutter; Neigung
wird bei der Verehelichung so zu sagen nie berücksichtigte
Sonst war der gewöhnÜche Heirathspreis 25 bis, 30
Speciesthaler oder deren Werth, aber die Waare ist sehr
im Preise gesunken. Jetzt bekommt man ein schönes
Mädchen für 12 bis 15 Speciesthaler, nämlich 7 Thaler
in Geld, eine Kuh im Werth, von 4 Thaler, zwei fette
Schafe oder Ziegen, und zwei Stück Baumwollenzeug,
zusammen werth etwa 4 Thaler., \x. Das Vieh und diev Kleidung
erhält die Braut als Mitgift zurück, aber das Geld
behält die Mutter, welche dagegen verpflichtet ist, das
Mädchen Wieder zu sich zu nehmen und zu ernähren,
wenn sie sich von ihrem Manne scheidet, ein Ercignifs,
welches ziemlich häufig statt hat. Ich werde unten auf
diesen Punkt zurückkommen. Die Aufschneidung der
Braut hat nicht eher statt, als bis der ganze bedungene
Heirathspreis entrichtet ist. Der Termin solcher Stückzahlungen
begreift zuweilen mehrere, Jahre. Die bei der
Aufschneidung gemachte Oeffnung ist nach Bedürfuifs des
Ehemanns gröfser oder kleiner; wettn sich nach erfolgter
Schwangerschaft die Zeit der Entbindung nähert, so wird
die Oeffnung nöthigenfalls durch abermaliges Schneiden
vergröfsert, und nach erfolgter Geburt wird die ganze
Oeffnung durch Auffrischung der Wundränder wieder zum
[ Verwachsen geeignet, wodurch die Wöchnerin gleichsam
in einen jungfräuüchen Zustand zurücktritt; sie bleibt in
: solchem so lange, als sie das Kind stillt, dann schreitet
Inian abermals zur Wiederaufschneidung. Diese Operation
[¡Wird wiederholt, bis nach dem dritten oder vierten Wo-
chenbette, wenn es der Ehemann verlangt; öfters unterbleibt
sie aber auch schon nach dem ersten. — Ich habe
I Weiber gesehen, deren Männer kurz nach einem der ersten
Wochenbette gestorben waren, und da zur Zeit des