altern, so wie durch Anschauung der Entwickelung
organischer Gestaltung in der Reihenfolge
verschiedner Thiere und Pflanzen, und der ver-
schiednen Zeiträume des Embryonenlebens* Dies
sind in der That die glänzendsten Lichtpunete
der neuern Naturforschung; sie geben die Begründung
einer wissenschaftlichen Gestaltungslehre.
Nun ist die Betrachtung der Thierreihe
und der Embryonenentwickelung zur Mode geworden,
d. h. Mancher nimmt sie vor, weil
Andre sie rühmen, und damit er Andern gefalle.
Dies ist gar nicht zu tadeln, denn es werden
dabei manche schätzbare Beiträge gewonnen*
Aber eine Verirrung ist es, erstlich wenn die
Mode einseitig macht und anderweitige Forschungen
verdrängt* Dafs man bei den vielen und
sorgfältigen Zergliederungen nicht zugleich auch
solche Beobachtungen über die Lebensv'erhält-
nisse anstellen kann, wie sie die Reaumur s,
Spa ll a n z a n i s u. s. w. lieferten, ist natürlich:
aber dafs man die Zootomie zu hoch stellt, und
das Heil der Wissenschaft in ihr allein sucht, ist
eine Uebertreibung* Allerdings giebt z. B. die
Betrachtung aller Formen des Gehirns in der
Thierreihe einen Beitrag zur Kenntnifs seines
Wesens; aber bleibt man dabei stehn, benutzt
man nicht anderweitige Erfahrungen noch viel
mehr, so erfährt man sehr wenig über das Wesen
dieses Organs: ein Andres wäre es, wenn
man zugleich über das psychische Leben der
Thiere mehr Beobachtungen sammelte und Ansichten
aufstellte, — Die Mode wird zweitens zur
Fratze, wenn man sie überall angebracht wissen
will. Da will man gleich von Anfang an einen
Gegenstand in allen Beziehungen betrachten, und
den Würfel gar nicht anders als von allen Seiten
auf einmal sehen; man bedenkt nicht, dafs jedes
Schaffen nur allmählig sein Ziel erreicht;
dafs, wenn eine Einzelnheit noch nicht hinreichend
aufgeklärt ist, sie als solche zuvörderst
schärfer ins Auge gefafst werden mufs* Da soll
z. B. das grofse Hirn des Menschen nicht beschrieben
werden, wie es wirklich ist, sondern
nach den Bruchstücken, in welchen es hei nie-
dern Thieren erscheint und die im Menschen
als solche gar nicht vorhanden sind, wo nur ein
einiges Ganzes sich findet. Wenn die modische
Pedanterie uns sagt, dafs wir das Einzelne nur
im Ganzen erkennen, so bedünkt es uns,
als hätten wir davon schon sonst sprechen hören
oder auch Selbst gesprochen: aber wir wissen
auch, dafs diese Wahrheit zum Verderben der
Wissenschaft mifsverstanden wird, wenn man
meynt, von der Betrachtung des Einzelnen nicht
früh genug zur Anschauung des Ganzen kommen
zu können. — Ich habe nun, um zu mei-
nem Gegenstände zurück zu kehren, auf thieri-
sche. Mifsbildungen in dieser Schrift keine Rücksicht
genommen, weil erstlich an ihnen ver«
liältnifsmäfsig noch zu wenig genaue Untersu*
chungen angestellt sind., und zweytens die
menschlichen mir noch nicht in das gehörige