des brechenden^ Mediums entstehenden Abweichung der
Strahlen*). Im ersten Heft meiner Beiträge zur Anatomie
und Physiologie der Sinneswerkzeuge theilte ich
Untersuchungen über diese Wirkung mit, die zu dem
Schlufs führten, dafs allerdings blos darin das gedachte
Vermögen begründet seyn müsse. Ich war indefs
damals noch nicht im Stande, diesen Satz durch Beweise
zu unterstützen, welche die volle Evidenz geometrischer
Wahrheiten hatten, und hielt die Probleme,
die aufzulösen waren, wenn diese Evidenz erreicht
werden sollte, für so schwer, dafs ich mich nicht an
die Lösung derselben wagen mogte. Allein der Drang,
mir Gewifsheit zu verschaffen, nöthigte mich, jene
*) Arnold sagt in seinen Anatomisch - physiologischen Untersuchungen
über das Auge des Menschen u. s. w. S. 133: „Camper hat dieselbe
„Meinung gegeben, welche neuerdings auch von T r e v i r a n u s und
, P o u ille t ausgesprochen wurde, dafs nämlich bei der Zusammensetzung
der Linse aus Schichten, von gegen das Centrum hin zunehmender
Dichtigkeit und Krümmung, Deutlichkeit des Sehens bei sehr
„verschiedenen Entfernungen des Objects vom Auge möglich ist.“ Ob
und wo P o u ille t dies gesagt hat, weifs ich nicht. Wohl aber weifs
ich, dafs in den beiden Abhandlungen von Camper De visu und De
quibusdam oculi partibus, (in Haller’s Disputat. anat. select. Vol. IV.
p. 225. 261.) den einzigen Schriften dieses Anatomen, die das Sehen
betreffen, nicht ein Wort von dem Ein/lufs der blättrigen Textur der
Linse auf die Strahlenbrechungen im Auge vorkömmt, dafs aber in
der zweiten jener Abhandlungen anatomische Beobachtungen über
diesen Bau enthalten sind, die Herrn Prof. A rn o ld aufgefallen seyn
wurden und die er gewifs für sein Werk benutzt hätte, wenn ihm
jene Schriften bekannt gewesen wären.
Aufgaben immer vor Augen zu behalten. Endlich gelang
es mir auch, Mittel zur Entwirrung der Knoten zu
finden, die mir noch vor einigen Jahren unauflöslich
zu seyn schienen. Ich fand jetzt meine frühere Meinung
bestätigt, aber zugleich, dafs es mit dem Sehen von
mehrern Seiten noch anders zugeht, als man bisher
geglaubt hat. Die Resultate meiner Berechnungen geben
über so manche Puncte Aufschlufs, dafs ich mich
rühmen zu dürfen glaube, die Theorie des Sehens um
einen Schritt weiter gefördert zu haben. Bei dem
Vortrag dieser Sätze habe ich gesucht, Jedem verständlich
zu seyn, dem die Elemente der Analysis
und Optik bekannt sind. Auch bei dieser Einkleidung
werde ich zwar von Wenigen gelesen und verstanden
werden. Die Anatomen und Physiologen sind in der
Regel sehr schlechte Mathematiker, und die Mathematiker
haben meist sehr oberflächliche Kenntnisse in
der Anatomie des Auges, besonders des thierischen.
Die Einen und die Andern werden vielleicht noch
lange fortfahren, das Auge für eine Camera obscura
anzusehen, deren Gläser sich vorwärts und rückwärts
schieben, oder flacher und convexer machen lassen.
Aber die Wahrheit wird doch endlich ihre Rechte
behaupten.