
Wenn man zwei Objecte A, B (Tab. II. Fig. i5 )
so hinter einander stellt, dafs jedes von beiden Augen
E F, e f unter gleichen äussern Sehewinkeln gesehen
wird, und die Augen auf das eine Object A richtet,
so erscheint das andere B verdoppelt. Die Verdoppelung,
glaubte Por ter f ield, rühre daher, weil
mit dem Richten der Augenaxen am, a' m' auf den
einen Gegenstand A das Auge der Entfernung dieses
Objects angepafst und dadurch mit der des andern
B in Disharmonie gebracht würde. Jeder, der ohne
vorgefafste Meinung diesen Versuch prüfet, sieht aber
auf den ersten Blick, dafs der Grund der Verdoppelung
bl°s der ist, weil, wenn die Axen am, a' m' beider
Augen auf einerlei Punct A gerichtet sind, von jedem
andern Punct B, der vor oder hinter diesem liegt,
zwei Bilder o, o' entstehen, welche beide entweder
auf die äussere, oder auf die innere Seite beider
Netzhäute fallen und deswegen als von zwei verschiedenen
Gegenständen kommend vorgestellt werden.
So nahe aber auch bei diesem Versuch und allen
möglichen Abänderungen desselben die Wahrheit liegt,
so wird doch der alte Irrthum P o r t e r f i e ld ’s bald
unter dieser, bald unter jener Gestalt immer wieder
erneuert. Eine Abänderung der obigen Thatsache,
die Volkmann*) eben so unrichtig, wie Por te r f ie ld
die obige deutet, ist unter andern die folgende. Man
betrachte einen dünnen, horizontal ausgespannten
Faden p q (fab. II. Fig. 16) der Länge nach von
dem einen Ende p aus. Fixirt man die Stelle h, so
erscheint hier der Faden in seiner natürlichen Feinheit
und Farbe. Von h aus nach p und q hin wird er
aber immer breiter, grauer und unscheinbarer. Richtet
man die Aufmerksamkeit auf eine andere Stelle des
Fadens, so sieht man diese so, wie vorher die Stelle h,
und die vor und hinter ihr liegenden Theile so, wie
vorher h p und h q. Spannet man neben p q und
parallel damit noch zwei oder drei andere Fäden aus,
so zeigen sich, wenn man aus der Gegend von p auf
sie blickt, auch die analogen Stellen der übrigen
Fäden von ähnlicher Beschaffenheit wie die von p q.
„Dieser Versuch“, sagt Volkmann, „ist ein schlaf
e n d e r Beweis, dafs die verschiedene Deutlichkeit
„zweier Objecte von verschiedener Entfernung, nicht
„Folge der concentrirten Aufmerksamkeit auf das
„eine ist. Kann sich die Aufmerksamkeit ln Aer
„Breite des Gesichtsfelds vertheilen, so hat man
„keinen Grund, ihr diese Fähigkeit in der Direction
„der Tiefe abzusprechen. Die dünnen Stellen der
„vier parallellaufenden Fäden erscheinen deshalb am
„dünnsten, wreil sie unter gleichen Accommodations-
„Verhältnissen gesehen werden, und die verbreiterten
„Stellen derselben Fäden erscheinen darum nicht gleich
„deutlich, weil jene Gleichheit fehlt“.
Wie man doch, auch bei sonstigem Scharfsinn,
nicht bemerkt, was noch so nahe liegt, wenn man
von einer vorgefafsten Meinung befangen ist! Es sey
E F (Fig. 16) das Auge und ma die Axe desselben.
Fällt diese mit m h zusammen, so sieht man in ihr
den Punct h völlig scharf. Die zunächst bei h liegenden
Puncte stellen sich auf der Netzhaut noch