
der Strahlen für einen gewissen Abstand des Objects
bewirken, so ist es sehr wohl möglich, dafs er dasselbe
für andere Entfernungen ebenfalls thut, und
dafs er dabei auch den Unterschied zwischen den
Focaldistanzen, die bei der gröfsten und kleinsten
Entfernung des Objects eintreten, vermindert. Weiterer
Voraussetzungen als dieser bedürfen wir aber nicht
zur Erklärung aller, beim Nahe- und Fernsehen vorkommenden
Umstände. Wäre also das, was ich
gelehrt habe, auch nur Meinung, so würde diese
doch vor jeder andern, die eine, in keiner Einrichtung
des Auges genügend nachzuweisende, unaufhörliche
Accommodation der Form oder brechenden Kräfte
desselben zu Hülfe nimmt, den Vorzug der gröfsern
Einfachheit haben.
Grade das ist eine Hauptsache bei meiner Theorie,
dafs sie das deutliche Sehen in verschiedenen Entfernungen
ohne die Voraussetzung einer solchen, nie
als im Schlafe aufhörenden Veränderung der Gestalt
und brechenden Kräfte des Auges erklärt. Gründe,
die, im Falle sie richtig wären, nur eine gelegentliche
Einrichtung dieses Organs für eine gewisse Entfernung
beim eintretenden Bedürfnifs eines schärfern Sehens
unter Umständen, worunter uns gewöhnlich blofse
Deutlichkeit genügt, darthun würden, beweisen nichts
gegen diese Theorie. Eine solche Accommodation
könnte damit immerhin bestehen. Sie würde erfolgen,
wrenn wir das Vermögen besäfsen, die Pupille noch
über den Grad hinaus, wobei deutliches Sehen statt
findet, zu verengern. Sehen wir z. B. zwei Puncte
in einer gewissen Entfernung unter einem äussern
Sehewinkel von 3o Secunden bei dem, diesem Abstand
gewöhnlich angemessenen Durchmesser der Pupille
nicht mehr als verschieden, so würden sie uns bei
einer willkührlichen Verkleinerung dieses Durchmessers
wieder als getrennt erscheinen können, indem hierdurch
die Strahlenkegel, die von ihnen auf die Linse
fallen, noch mehr verschmälert und damit auch ihre
Bilder auf der Netzhaut, die vorher zusammengeflossen
waren, verkleinert und wieder von einander geschieden
werden würden. Aus Gründen, die das 5te Capitel
der gegenwärtigen Schrift enthalten wird, kann ich
aber ein solches Vermögen, die Schärfe des Gesichts
zu erhöhen, nicht als allgemein vorhanden annehmen.
Wer meine Theorie widerlegen will, hat sie aus
den Lehren der Optik zu bestreiten, worauf sie ge-
bauet ist, und w'elche eben sowohl für das Auge als
für das Telescop und Microscop, das Opernglas und
die Camera obscura gelten. Man setzt ihnen aber
nicht Gründe, die von optischen Gesetzen hergenommen
sind, sondern blofse Behauptungen entgegen,
wenn man sagt: „Meine Lehre vom Gange des Lichts
„durch geschichtete Kugeln leide auf die Crystalllinse
„keine Anwendung; hierin werde man durch mein
„eigenes Geständnifs bestärkt, indem ich S. 67 meiner
„Schrift über die blättrige Textur der Crystalllinse
„zugebe, dafs die von mir berechneten Halbmesser
„der Netzhautbilder 5o bis 60mal gröfser sind, als
„das Scharfsehen verlangt; es heisse in dieser Schrift
„zwar weiter, dafs diese Differenz nicht eingetreten
„seyn würde, wenn wir die Mittel besäfsen, jene
„Halbmesser genauer zu berechnen; indefs sey, wenn