IX.
Absondernde Schläuche.
Wenn einige Theile der Lehre von der Natur der
thierischen Körper noch nicht weit über den Punct
hinaus vorgeschritten sind, zu welchem schon unsere
Vorväter sie gebracht hatten, so gilt dies doch nicht
von dem, welcher den innern Bau der absondernden
Organe betrifft. Wir haben durch E. H. W e b e r’s,
H u s c h k e ’s, J. M ü lle r’s u. s. w. Untersuchungen über
den wichtigen Umstand, dafs kein Uebergang der Blut-
gefafse in die absondernde Schläuche statt findet, Ge-
wifsheit, und über die verschiedenen Abänderungen des
Baues dieser Schläuche in den verschiedenen Drüsen
viele Aufklärung erhalten. Doch sind noch manche
Fragen in Betreff dieser Structur zu beantworten übrig,
zu welchen vorzüglich folgende gehören: Von welcher
Art sind die Häute, woraus die absondernden Schläuche
bestehen? Wie verhalten sich diese zum Zellgewebe
und zu den Saugadern der Drüsen? Wie vertheilen sich
an ihnen die Blutgefäfse? Sind die Häute der letztem
mit den ihrigen verwebt, oder stehen diese Gefäfse mit
ihnen in keiner organischen Verbindung?
Die erste Frage kann ich mit Bestimmtheit dahin
beantworten, dafs die absondernden Schläuche aus einer
einfachen, ganz homogenen Haut bestehen. Ich fand
eine solche an ihnen in den Thränen- und Speicheldrüsen,
der Leber, dem Pancreas, den Nieren und
Hoden aller Thiere, die ich untersuchte. Nur in Einem
Fall und nur auf kurze Zeit wurde ich in Betreff der
Einfachheit dieser Haut zweifelhaft. In den harn-
absondernden Schläuchen der Nieren einer Schildkröte,
die einige Stunden in Weingeist gelegen hatten, gab
es zwischen dem undurchsichtigen Inhalt und der
äussern, durchsichtigen Haut einen leeren Zwischenraum.
Ich war anfangs ungewifs, ob der Inhalt nicht in einer
besondern, innern Haut eingeschlossen wäre, die sich
stärker als die äussere zusammengezogen und von dieser
getrennt hätte. Allein bei uäherer Ansicht konnte ich
nichts von einer solchen innern Membran entdecken*).
Jene einfache Haut der absondernden Schläuche ist
eben so zart und vergänglich wie die der Elementar-
cylinder des Gehirns, und läfst sich deswegen ebenfalls
nur im ganz frischen Zustande beobachten.
Mit Zellgewebe und Saugadern stehen die Schläuche
in keiner unmittelbaren Gemeinschaft. Jenes bildet eine
Hülle um die letzten Abtheilungen (Lobuli) der absondernden
Eingeweide, die entweder, wie in der Leber,
aus sehr vielen kurzen Schläuchen, oder, wie in den
Hoden, aus zahlreichen Windungen sehr langer Röhren
bestehen. Das Zellgewebe macht auch die äussere
Decke der Blutgefäfse dieser Abtheilungen und der
Ausführungsgänge der Schläuche aus, umgiebt aber
nicht die Schläuche selber.
*) Dasselbe Resultat erhielt J. M ü lle r (De glandularum secerneut.
structura peniliori. p. 113.).