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Brennpunct zu gelangen, ist aus dem bisher Gesagten
leicht abzunehmen.
10. Hieraus folgt nun aber, dafs, wenn es eine
Linse' geben könnte, wofür ohne Einschränkung die
Gleichung des 6ten § gültig wäre, diese alle Strahlen,
aus welchem Puncte des Horizonts sie kommen
möchten, in einem einzigen Puncte vereinigen, und
also zur Abbildung der Gegenstände auf einem undurchsichtigen
Hintergründe ganz unbrauchbar seyn
würde. Um hierzu geeignet zu seyn, mufs sie die
im 7ten § angezeigte Einrichtung haben, wobei sie
die Strahlen von Puncten, die in ihrer Axe liegen,
nur bei einer gewissen Kleinheit des Winkels, unter
welchem jene gegen die Axe geneigt sind, in einem
unveränderlichen Focus vereinigt, denen aber, die von
andern, ausserhalb der Axe liegenden Puncten kommen,
eine solche Richtung giebt, dafs sie ihren Brennpunct
ebenfalls ausserhalb der Augenaxe finden. Zur genauen
Bestimmung des Weges dieser letztem Strahlen sehe ich
indefs bis jetzt keine Möglichkeit. Die Rechnungen,
die dazu nöthig sind, führen auf logarithmische Gröfsen,
auf Potenzen, deren Exponenten unendliche, nicht
summirbare Reihen sind, und auf höchst verwickelte,
aus solchen Gröfsen und Potenzen bestehende
Gleichungen.
11. Bei der Anwendung der bisherigen Sätze auf
das Auge finden wir Alles, was uns von der Structur
und den strahlenbrechenden Kräften dieses Organs
bekannt ist, damit übereinstimmend, und das, woran
sich die Uebereinstimmung nicht nachweisen läfst,
von der Seite, worauf es hier ankömmt, noch unerforscht.
Mit jenen Sätzen harmonirt
Erstens, die Thatsache, dafs bei allen Thieren
der Crystallkörper aus concentrischen Schichten zusammengesetzt
ist, die nach ihrem gemeinschaftlichen
Mittelpunct hin an Dichtigkeit zunehmen.
Zweitens, der Umstand, dafs bei dem Menschen
und allen Thieren, die mit ihm sehr bewegliche,
doch nicht zum Uebersehen eines gröfsen Horizonts
geeignete Augen haben, der Crystallkörper nicht
kugelförmig ist, sonderu aus zwei Segmenten besteht,
die zusammen dem linsenförmigen Körper der 7ten
Figur (Tab. I) ähnlich sind. Nach unsern obigen
Sätzen mufs bei einem völlig kugelförmigen Crystallkörper
die Abweichung aller gebrochenen Strahlen
von einem einzigen, unveränderlichen Brennpunct
gröfser seyn als bei einem linsenförmigen, dessen
beide Hälften die im 7ten § bestimmten Segmente sind.
Dagegen aber ist die Kugelform geeigneter zum
Sehen der ausserhalb der Augenaxe liegenden Objecte
als die Gestalt der Linse, weil durch sie genauer als
durch diese die Strahlen solcher Gegenstände auf
der Netzhaut vereinigt werden können. Es ist überhaupt
im Auge wie in andern Theilen die Tauglichkeit
zu einem gewissen Zweck bei Thieren, für welche
dieser Zweck weniger wichtig ist, oft vermindert,
damit das Organ desto mehr einem andern Zweck
entspreche, der für sie eine gröfsere Wichtigkeit hat.
Drittens, die mit dem Grade der Erleuchtung,
zugleich aber auch mit der Entfernung des Objects
in Verhältnifs stehende Verengerung und Erweiterung
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