Manche Anatomen sahen gewifs schon diese Saugaderzotten
, hielten sie aber für Bälge. So schrieb
Lancisi*) der innern Substanz der Arterien Bälge zu
die, wie er meinte, ein Oel excernirten, wodurch die
innere Haut dieser Gefäfse schlüpfrig gemacht würde.
Man hat seine Angabe, als unwahrscheinlich und von
Keinem bestätigt, der Vergessenheit übergeben. Vielleicht
hat er recht gesehen, nur das Beobachtete unrecht gedeutet.
Absondernd sind die Zotten der Saugadern
freilich wohl in gewissem Grade, wie die Schleimbälge.
Aber ich wiederhohle, was ich schon erinnert habe,
dafs mit jeder Einsaugung Aussonderung verbunden ist.
Und auch viele Schleimbälge halte ich für Saugaderzotten,
deren äusseres Ende so nach innen eingezogen
ist, dafs es eine, nach aussen offene Höhlung bildet,
worin die ausgesonderte Materie zu gelegentlicher Anwendung
aufbewahrt wird. Im Darmcanal der Maus
ist ein Uebergang dieser Bälge in Zotten der Saugadern
und der letztem in Zotten der Milcligefafse nicht zu
verkennen. Das Colon der Maus ist, wie beim Kaninchen,
auf der inwendigen Fläche mit scheinbaren,
weifslichen Drüsen dicht besetzt. Diese bestehen alle
aus einer einzigen, kurzen Saugaderzotte. Im Blinddarm
giebt es noch zahlreichere, aber kleinere Theile,
die mit blofsen Augen gesehen den vorigen gleichen,
unter dem Vergröfserungsglase jenen Zotten ähnlich,
aber noch kürzer und an der Spitze mit einer verhält-
nifsmäfsig grofsen Oeffnung versehen, also Bälge sind,
hn Ileum nehmen die Saugaderzotten des Colons und
■) De motu coi-diü et aneurysmalibus. P. II. prop. 6.
die Bälge des Coecum die Form der Milchaderzotten
an, und zwar stufenweise, so dafs man von manchen
nicht sagen kann, ob sie zu jenen oder zu diesen zu
rechnen sind. Jede Zotte und jeder Balg sitzt in einer
Masche des, unter der Muskelhaut des Darms liegenden
Gefäfsnetzes, und stöfst mit der verschmälerten Basis
an diese Haut.
Wenn ich aber die Milch- und Saugadern manchen
Bälgen für ähnlich halte, so glaube ich darum doch
nicht, dafs die Materie, die sie aussondern, immer
schleimiger Art ist. Geben doch auch die Bälge der
äussern Haut des Körpers nicht Schleim, sondern eine
ölige Materie von sich. Eine solche können an einigen
Stellen die Saugaderzotten ebenfalls absondern, und
vielleicht ist L a n c is i’s Meinung, dafs die, welche in
der Substanz der Arterien liegen, ein flüfsiges Fett
secerniren, nicht ungegründet. Ich finde hierin um so
weniger Unwahrscheinliches, da ich den Ursprung des
Fetts überhaupt aus keinen andern Theilen als den
Saugadern ableiten kann. Bei wohlgenährten Thieren
sind oft manche der gröfsern Saugadern des Unterleibs
mit einer Flüfsigkeit angefüllt, worin sich unter dem
Microscop Fettkügelchen zeigen, und in dem Zellgewebe,
welches diese Gefäfse umgiebt, findet man
immer mit gröfsern Fetttropfen angefüHte Zellen. Man
sucht eine sehr nahe liegende Erklärung auf einem
Umwege, wenn man annimmt, dafs entweder die Zellen
ihr Fett aus einer andern Quelle als aus den Saugadern
durch die Wände derselben erhalten, oder überhaupt
die Fettbehälter etwas Anderes als mit stockendem Fett
angefüllte Lymphgefäfse sind.