Wärzchen bedeckt sind. Diese Fäden lassen sich nicht
einzeln wahrnehmen, solange sie im Vibriren begriffen
sind. Vermischt man aber mit dem Wasser, worin sie
liegen, etwas Weingeist, so kommen sie zur Ruhe und sind
dann unter guten und starken Vergröfserungsgläsern auf
eine kurze Zeit einzeln sichtbar. Sie erscheinen nun als
steife, ganz homogene und durchsichtige Wimpern, die
kaum eine Dicke von 0,001 Mill. also eine weit geringere
als die feinsten Saugaderpapillen haben. Sie etwa für die
pinselförmig sich ausbreitenden Elementarcylinder der
Papillen zu halten, gestattet ihre Steifheit nicht. Diese
deutet hingegen darauf hin, dafs sie wie die Epidermis
aus Hornstoff bestehen. Sie scheinen mir von einerlei
Art mit den Stielen der Saamenthiere zu seyn, mit
welchen diese, solange sie damit der inwendigen
Substanz der Saamengefafse anhängen, pendelförmig
hin und herschwingen, "und die sich bei den Schnecken,
bei welchen sie eine grofse Länge haben, unter Wasser
krummen und winden.
Dafs die Kraft, wodurch diese Wimpern in Bewegung
gesetzt werden, in der Substanz liegt, deren
Oberfläche mit ihnen besetzt ist, erhellet daraus, weil
die Erscheinung des Vibrirens nur auf thierischen
Organen statt findet, die in jedem ihrer kleinsten Theile
ein Zusammenziehungs- und Ausdehnungsvermögen
besitzen, das nach ihrer Trennung vom Ganzen noch
fortdauert. Solche sind die meisten Organe der Muschel-
thiere, besonders die Fühlblätter derselben. Jeder noch
so kleine Theil dieser Werkzeuge der Anodonten macht,
nachdem man sie ganz zermalmt hat, zuweilen für sich,
öfterer im' Zusammenhänge mit mehrern andern, iin
Wasser Bewegungen von mancherlei Art, die zum Theil
denen der Infusorien sehr ähnlich sind. Einige Partikeln
wälzen sich fortwährend um ihre Axe; andere rücken
fort; noch andere dehnen sich aus und ziehen sich
zusammen u. s. w. Diese Phänomene zeigten sich
mir auch, doch in schwächerm Grade, nicht nur
an einzelnen Stückchen der Kiemen und der äussern
Substanz des Fufses der Anodonten, sondern auch
an Theilen der Lungen von Fröschen. Ich sähe unter
dem Microscop gröfsere Stücke der letztem sich
sehr merklich zusammenziehen und ausdehnen, und
kleinere Partikeln derselben, die das Ansehn blofser
Schleimtröpfchen hatten, mit der gröfsten Schnelligkeit
erzittern.*) Eine Wirkung des Lebens sind die Schwingungen
auf jeden Fall: denn sie werden schwächer mit
dem Abnehmen, und hören ganz auf mit dem Erlöschen
der Reizbarkeit. In der Niere der Gartenschnecke finden
lebhafte Vibrationen statt, wenn das Thier gesund und
wohlgenährt ist. Hingegen bei einer Schnecke dieser
Art, die bei sehr trockener Luft und sehr heissem
Wetter mehrere Wochen ohne Nahrung zugebracht
hatte, und deren Muskeln sich nur noch schwach zusammenzogen,
konnte ich keine Spur davon entdecken.
*) Ich glaubte früher, dafs die vibrirenden Bewegungen der Fühlblälter
der Anodonten mit einen Grund in Körpern haben möchten, die von
O. F. M ü lle r zu seiner Gattung Leucophra gerechnet wurden, und
wovon ich vermutliete, sie könnten intergrirende Theile jener Blätter
seyn, weil ich sie bis dahin immer darin angetroffen hatte. (Die
Krscheinungen und Gesetze des organischen Lebens. B. X. S. 279.)
Allein späterhin fand ich Anodonten, die weder diese Körper noch
sonstige Infusorien enthielten, und doch eben so lebhaft wie die
früher beobachteten vibrirten.