
Nervenenden der einen Seite von Eindrücken1, die
von derselben Seite kommen, obere von Eindrücken
die nach oben wirken, untere von nach unten gehenden
getroffen. Im Auge findet grade das Gegentheil statt.
Die Endursache ist hierbei klar. Die innere Fläche
der Netzhaut ist hohl, und deswegen müssen Einwirkungen,
die von einer gewissen Seite kommen,
die entgegengesetzte Seite jener Haut treffen, um
ihrer Richtung gemäfs vorgestellt zu werden. Die
Frage, worauf es ankömmt, ist also die: Wie die
hier vorkommende Anomalie sich mit dem Gesetz,
nach welchem die übrigen Sinneswerkzeuge wirken,
vereinigen läfst?
Man giebt keine Antwort auf diese Frage, wenn
man sagt, was man gesagt hat: Unsere Vorstellungen
von rechts und links, oben und unten seyen Folgen
der willkührlichen Bewegungen, die wir nach dieser
oder jener Richtung machen, und wir stellten uns
die Gegenstände, die zur Rechten, Linken u. s. w.
liegen, als auf dieser Seite befindlich vor, weil wir
die Augenaxe nach ihnen hinbewegen müssen, um
sie deutlich zu sehen. Die willkührlichen Bewegungen
nach einer gewissen Riehtung sind Folge, nicht Ursache
der Vorstellung von dieser Richtung. Wir
bleiben also bei jener Antwort auf dem vorigen Punct.
Man könnte den Grund in einer Verschiedenheit
der Augennerven von den übrigen Sinnesnerven in
Betreff des Ursprungs und Verlaufs derselben suchen.
Eine solche zeigt sich wirklich im Chiasma der
Nerven des zweiten Paars. Zu jedem der übrigen
Sinneswerkzeuge gehen Nerven blos von der Hälfte
des Gehirns, auf deren Seite sich das Organ befindet.
Jedes Auge hingegen empfängt Nervenfasern aus
beiden Hemisphären dieses Eingeweides. Um den
Gegenstand der Frage hieraus vollständig zu erklären,
würde aber noch vorausgesetzt werden müssen, dass
die Fasern der rechten Hemisphäre zur linken, die
der linken zur rechten Hälfte des Auges gehen, und
dafs sich im obern Theil des letztem die untern, im
untern die obern Hirnfasem verbreiteten. Allein ein
solcher Verlauf der Fasern in der Netzhaut läfst sich
nicht nachw'eisen, und es würde, wenn er statt fände
und als Erklärungsgrund gelten sollte, doch noch bei
der Erklärung die Frage bleiben: Wie es sich mit
den Eindrücken auf die Stellen, wo die Fasern der
rechten und linken Hälfte der Netzhaut zusammen-
stiefsen, verhalten w'ürde?
Ich glaube, die Auflösung des Räthsels ist darin
zu suchen, dafs wir beim Gesicht nicht den körperlichen
Eindruck empfinden, der eine Vorstellung
erregt, sondern gleich eine Vorstellung haben, die
der Ursache des Eindrucks entspricht, ohne uns des
letztem bewufst zu werden. Beim Getast, Geschmack
und Geruch ist dies nicht der Fall. Mehr geistig
und objectiv ist schon das Hören. Beim Sehen
fühlen wir, dafs unsere Vorstellungen von der sichtbaren
Welt durch gewisse Organe vermittelt sind.
Wir haben aber eben so wfenig in der Netzhaut beim
Sehen, als im Gehirn beim Denken, Empfindungen,
die sich mit denen des Getastes vergleichen lassen,
obgleich wir uns auch beim Denken einer Thätigkeit
des Gehirns bewufst sind. Da also das Gesicht mit