
„und so schafften wir unser Zelt und Gepiiclce neben dem einzigen Hause'
„ a u f der Insel und bereiteteil unser Abendessen, in der Hinsicht, um mit
„Anbruch des Tages bereit zu seyn, dasjenige zu geniefsen, was durch die
„Erzählungen jener Herren jetzt in uns die gröfsten Erwartungen erregt
„hatte.
„D ie Lngeduld, die jedes fühlte, die Wunderwerke zu sehen, welche
„w ir so umständlich hatten beschreiben hören, störte unsern Morgen-
„ schlaf; wir alle waren vor Tages- Anbruch aufgestanden und in Bewe-
» gung . uncl *>ey der ersten Dämmerung hatten wir schon den südwestl
ic h e n Theil der Insel, welcher wegen der Basaltsäulen der merkwürdigste
„ i s t , erreicht.*1 .
„Gleich bey unserer Ankunft wurden wir von einer prachtvollen Scene
„überrascht, die unsere Erwartung bey] weitem übertraf, ob sie schon
„ in der lebhaftesten Phantasie unserer Seele gebildet war. Diefs ganze
„Ende der Insel ruht auf Reihen von natürlichen Saiden, die meist über
„fü n fz ig Fufs hoch sind und in natürlichen Säulengängen dastehen, welche
„sich nach derselben Richtung wie die Buchten oder Landspitzen der Insel
„gebildet haben und von einem festen Grunde von rohem ungebildeten
„Felsen getragen werden; über diesen befindet sich das Lager, welches bis
„an die Oberfläche oder Dammerde der Insel reicht und in seiner Stärke in
„eben dem Verhältnisse abwechselt, so wie die Insel Erhöhungen oder Ver-
„tiefungen bildet; jeder Hügel, welcher über die Säulen vorgreift, bildet ein
„grofies Pediment; einige derselben sind von der Grundfläche bis an die
„Spitze sechzig Fufs hoch und werden durch die Verflachung des Hügels
„v o n jeder Seite gebildet, %st eben s o w ie diejenigen, deren man sich in
„d e r Baukunst bedient. Was sind in Vergleichung mit diesem die Cathe-
„dralen oder Palläste von Menschen erbaut? — Nur Modelle oder Spiel-
„werke; Nachahmungen, die so ins Kleine -fallen, als wie cs mit Men-
„schenwerken stets der Fall seyn w ird , wenn wir sie mit der Natur verg
le ich en . Wie steht es jetzt mit der Prahlerey des Architekts ? _
„Regelmäfsigkeit — das einzige, worin er seine Lehrmeisterin, die Natur, zu
„übertreffen sich einbildet, findet man hier in deren Besitz, und dort ist
„jene Regelmäfsigkeit, obschon von Niemanden beschrieben, seit undenkli-
„ dien Zeiten gewesen. Ist diefs nicht die Schule, wo die Kunst in ihrem Anf
ä n g e studirt worden is t, und mit was ist sie durch die ganze Griechische
„Schule bereichert worden? — Mit einem Kapital, um die Säule der Natur
„ z u zieren, von welcher sie blofs ein Modell ausführen konnte; und dieses
„ schöne Kapital verdanken sie einem Acanthusstrauche: wie reichlich belohnt
„d ie Natur diejenigen, welche ihre wundervollen Werke studiren! — * Mit
„solchen Betrachtungen er fü llt, gingen wir auf einem zweyten Riesenwege
„längs der Küste for t, und jeder Stein war regelmäßig in eine gewisse Anzahl
„v o n Seiten und Winkel gebildet; bis wir bald nachher an den Eingang einer
„Höhle kamen, der prachtvollsten, welche je von Reisenden beschrieben
J jj worden ist. “
„D ie Einbildungskraft kann kaum etwas majestätischeres mahlen, als eine
„solche Höhle, deren Seitenwände von Säulenreihen gestützt und deren Decke
,,aus den Endflächen der Säulen gewölbt wird, welche zertrümmert werden
mußten, um die Höhle zu bilden : zwischen den Winkeln derselben ist eine
„g elbliche, tropfsteinartige Materie hervorgetreten, welche die Verbindungsstellen
sehr deutlich macht und den Farbenschattirungen eine Abwechselung
o-icbt, die dem Auge äufserst wohlthut. Um es noch angenehmer zu machen,
,so wird das Ganze von aufsen her erleuchtet, dergestalt, daß man das äus-
serste Ende sehr deutlich von aufsen sehen kann, und da die Luft in derselben
durch die Ebbe und Flulh in Bewegung gesetzt wird, so ist sie vollkom-
,men trocken und gesund und gänzlich von allen Dünsten befreyt, mit wel-
„chen gewöhnlich natürliche Höhlen angefüllt sind.“ „W ie sehr“ , fügt der
gelehrte Bischof von L in k ö p in g , Hr. T r o l l 4), noch hinzu, „glänzen
„nicht in unsern Augen die Portikos der Alten, nach den Beschreibungen, *)
*) E r b eg leitete nebst mehrern Gelehrten den R it t e r B a n k s im Jahr 17 72 a u f einer
R e is e nach dieser Inse l. A'nm. d. Heb.