
Im Prinzip ist also die Furkalbewehrung der Diaptomiden dieselbe wie die der Cyclopiden. Da
dieselbe hier jedoch bei den einzelnen Arten nur äusserst geringe Abweichungen zeigt, so ist ihr eine
systematische Bedeutung fast ganz abzusprechen, während bei den Cyclopiden bekanntlich diese Verhältnisse
ein wichtiges, artunterscheidendes Merkmal bilden.
Die V o r d e r a n t e n n e n sind wie bei allenCentropagiden ausserordentlich schlank. Zurückgeschlagen
reichen sie wenigstens bis zum Abdomen, oft bis zum Ende des Hinterleibs, ja sogar noch über die Furkal-
borsten hinaus. Bei ein- und derselben Art ist zwar ihre Länge nicht vollkommen konstant, jedoch sind die
Schwankungen nicht derart, um dieselbe nicht als systematisches Hilfsmittel — wenn auch von untergeordneter
Bedeutung h— verwerten zu können.
Beim Weibchen sind beide Antennen (Taf. IV Fig. 3 u. 8) gleichmässig gebaut, stets1) aus 25 Segmenten
zusammengesetzt und nach dem Ende zu nicht beträchtlich vorschmälert. Beim ruhenden Tiere werden
sie in der Regel schwach S-förmig getragen und fast rechtwinklig vom Körper abgehalten. Die relativen
Längen der einzelnen Segmente sind sowohl bei Individuen derselben Art, als auch ^ wie aus den Habituszeichnungen
und den Einzelabbildungen der Antennen zu ersehen ist — bei den verschiedenen Arten des
Genus nahezu konstant.2)
Die Anhänge sind dreifacher A rt: Borsten, Sinneskolben und Sinnesdornen. Die Anzahl der Borsten
ist artlich für alle Segmente, generell aber nur für die ersten zehn, die letzten sechs und das zwölfte
Segment konstant. Die übrigen Glieder sind mit ein oder zwei Borsten bewehrt. Die Verteilung auf die
einzelnen Glieder gestaltet sich folgendermassen:
Segmente . . . . 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
Anzahl der Borsten 1 IT 1 1 1 1 I 1 2 1 1 2 1 1__2 1 — 2
Segmente . . . . 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25
Anzahl der Borsten 1—2 1—2 1—2 1—2 1—2 1 ~ J (1 + 1) (14-1). (1+ 1 ) IT
Am stärksten ist die Beborstung bei D. castor, der auch noch in anderen Beziehungen eine isolierte
Stellung einnimmt. Bei ihm sind die Segmente 11 und 13 bis 19 mit je zwei Borsten ausgerüstet. Bei
D. superbus ist die Bewehrung bis auf die des 13. Gliedes, welches nur eine (distale) Borste trägt, die gleiche.
Bei D. salinus und D. wierzejsläi treten am 1 1 . Gliede gleichfalls zwei Borsten auf; an den Segmenten 13
bis 19 aber kommt nur je eine derselben vor. Bei allen übrigen3) Arten sind diese Segmente nur mit je,
einer Borste bewehrt. (Vgl. hierzu die versuchte Gruppierung der deutschen Diaptomus-Arten p. 30).
1) D. ambiguus Lilfj., soll 26-gliedrige Antennen besitzen. (Lilljeborg, On the Entomostr. collected byM. L. Stegeneger,
on Bering Island). Da die Antennen dieser Art sicher auch den für das Genas typischen Bauplan zeigen, so kann diese abweichende
Segmentzahl nur durch weitere Spaltung eines Ringes zustande gekommen sein. — Bezüglich D. serricornis, dessen Weibchen
nach Lilljeb o rg nur 23-gliedrige Vorderantennen besitzen soll, vgl. die Ausführungen bei D. wierzejskii.
2) In den in der Litteratur existierenden, meist recht mangelhaften Habituszeichnungen von Diagtomus-Arten ist die
Haltung der Vorderantennen in keinem der mir bekannten Fälle richtig wiedergegeben. Dies hat sicher darin seinen Grund, dass die
meisten dieser Abbildungen nach abgestorbenen Tieren entworfen worden sind. Auf eine nur einigermassen richtige Wiedergabe
der Länge und Bewehrung der einzelnen Segmente ist in diesen Figuren fast gar kein Gewicht gelegt, obgleich dies absolut nötig
ist. Die Verteilung, Länge und charakteristische Haltung der einzelnen Anhänge ist durchweg denkbar ungenau wiedei'gegeben, so
dass aus einem Diaptomus oft eine ganz fremdartige Erscheinung wird. Dass solche Abbildungen keinen grossen Wert haben
können, ist selbstverständlich. Besondere Beispiele für solche mangelhaften Darstellungen anzugeben, halte iöh für überflüssig.
3) Von D. guernei sind die Beborstungsverhältnisse der Vorderantennen nicht bekannt; wahrscheinlich sind sie aber
die gleichen wie bei den übrigen Arten der Gruppe (s. das.).
Abgesehen vom Endgliede, gehört nur am 22., 23; und 24. Gliede je eine der beiden Borsten
dem Innenrande an, wie durch die Bezeichnung (1+ 1) in obiger Aufzählung angedentet sein soll; die
übrigen Borsten sind sämtlich am Aussenrande eingelenkt. Von den fünf Borsten der Endglieder sind die
beiden an der äusseren Ecke entspringenden die kleinsten. Die kürzeste derselben ist ausserordentlich zart.
Die relativen Längen der einzelnen Borsten untereinander sind nicht nur bei derselben Art konstant,
sondern es lassen sich auoh für mehrere Borsten annähernd gleiche Grössenverhältnisse bei allen (deutschen)
Arten nachweisen. Das Verhältnis der Längen der einzelnen Borsten zu der Länge der Antennen ist aber
artlich verschieden (Taf. II Fig. 1, Taf. III Fig. 1),
Die grösste Anzahl der Borsten ist unbefiedert. Nur bei den (distalen) Aussenrandborsten des
16., 18,-, 21. und 24,, den Innenrandborsten des 22., 23. und 24. und drei Borsten des Endgliedes tritt
eine sehr zarte Fiederung auf. Bei der Innenrandborste des 22. Gliedes ist die Befiederung nur auf den
proximalen, stark chitinisierten Abschnitt beschränkt, während bei den übrigen der aufgezählten Borsten
genau das umgekehrte Verhältnis obwaltet. Eine stärkere Chitinisierung des proximalen Abschnitts tritt
übrigens noch bei mehreren Borsten auf, jedoch scheinen diese Verhältnisse nicht vollkommen konstant zu sein.
Auch die Haltung der Borsten ist eine konstante, d. h. jede Borste nimmt beim ruhenden lebenden
Tiere eine ganz bestimmte Richtung zur Längsachse der Antenne ein. In diese Lage kehrt die Borste, falls
nicht die Muskulatur des Fühlers zerstört ist, stets zurück, sobald nur die nötige Flüssigkeitsmenge’ vorhanden
ist. J a selbst beim abgetöteten Tiere lässt sich meist noch die charakteristische Haltung jeder
einzelnen Borste konstatieren. Die Übereinstimmung in der Haltung der Borsten, oder doch vieler derselben
ist ferner nicht nur auf die Individuen derselben Art beschränkt, sondern für alle (deutschen) Arten W n u r
D. castor nimmt auch hierin z. T. eine Ausnahmestellung ein — nachweisbar. So ist z. B. die einzige
Borste des 10. Segments Stets über die dorsale .Fühlerseite hinweg gebogen, und so haben die Anhänge
des Endgliedes immer dieselbe Haltung. Da diese Verhältnisse viel mehr durch eine Abbildung als durch
Worte illustriert werden, so will ich mieh jeder weiteren Ausführung enthalten und auf meine Zeichnungen
verweisen, die v o l l s t ä n d i g u n a b h ä n g ig vo n e in a n d e r angefertigt sind.1)
Während bei den Cyclopiden und Harpacticiden nur wenige Borsten der Vorderantennen za Sinnesorganen
im engeren Sinne % denn es ist wohl fraglos, dass allen Borsten die Aufgabe der Sinneswahrnehmung
(Tastempfindung) zukommt — umgebildet sind, ist dies bei den Centropagiden und dem uns hier
speziell interessierenden Genus Diaptomus in einem weit höheren Masse geschehen. Ausser den sofort näher
zu besprechenden Sinneskolben sind auch die beiden Domen: am distalen Ende des achten und zwölften
Segments hierher zu rechnen (Taf. IV Fig, 3), Dieselben bleiben (beim Weibchen) stets klein; ihr Basal-
') Genaue Zeichnungen der weiblichen Vorderantenne, in welchen alle von mir oben erwähnten Punkte Berücksichtigung
gefunden hätten, giebt es in der ganzen umfangreichen Litteratur nur — eine, d. i. die Darstellung Sowinskys der Vorder-
antennen von D. castor (Sur ,1a nouv. esp. du genre Diapt. Taf. I Fig. 1).
Audi eine andere von demselben Forscher daselbst veröffentlichte, auf D. bogdanoioi Kortschagin sich beziehende Abbildung
lässt gleichfalls erkennen, dass sie mit grösser Sorgfalt entworfen ist. Da mir diese Art unbekannt ist, so kann ich auch
über die Einzelheiten der Figur kein Urteil abgeben. Die Hinterrandborste des vorletzten Segments ist aber sicher übersehen.
Über C la u s ’ Abbildung (Zur Anat. u. Entwicklungsgesch.), die noch mit zu den weniger fehlerhaften gehört, vergl.
die zur weiblichen Antenne von D. castor gemachten Bemerkungen.
Unerwähnt will ieh hier nicht lassen, dass ich durchaus nicht glaube, die Haltung und relative Länge jeder einzelnen
Borste vollkommen mathematisch richtig in meinen Zeichnungen wiedergegehen zu haben; ich habe mich aber befleissigt, möglichst
naturgetreue Bilder zu liefern, denn nur solche können zur Orientierung über diese Yerhältnisse und zum Bestimmen der einzelnen
Arten einen Dienst leisten.