Dictyocysta cleqans f e h l t dagegen (ebenso wie die beiden vorher erwähnten Formenkreise)
nach meinen Untersuchungen im subtropischen und im tropischen Teil des atlantischen Oceans,
ferner im Siidatlantic und im indischen Ocean. Sie wird in diesen Gebieten durch andere Arten
von Dictyocysta ersetzt. Dass D. elegans von mehreren Forschern aus dem wärmeren Gebiet angeführt
ist, liegt, wie ich bei einer späteren Gelegenheit ausführen werde, an der ungenauen
Beschreibung E h r e n b e r g ’s (2) und an der nicht zur Diagnose passenden Abbildung.
Auch die Norvegicus-Qrivp^e is t auf das nordatlantisch-arktische Gebiet beschränkt und
findet sich im freien Wasser der Golfstromtrift, der Irminger See, des Labradorstromes, des Ostgrönlandstromes
u. s. w. Es is t bei der ausserordentlich geringen Grösse dieser Formen nicht
einmal mit Müllergaze No. 20 möglich, sie sicher zu fangen, so dass die Zählungen des Netzinhaltes
in diesem Falle keine zuverlässigen Anhaltspunkte über die wirklich im Wasser vorhandenen
Mengen geben können.
Ebenso wie die eupelagischen Spezies des Nordens im Warmwassergebiet fehlen, werden
auch die Tintinnen der hohen See des subtropischen und des tropischen Gebietes im Nordatlantic
und dem Eismeere vermisst. Einige der hemipela gischen Arten zeigen ein anderes Verhalten
(s. u.). Nur an den Grenzen der Hochseegebiete, z. B. an der Nordkante des Floridastromes,
finden sich Warm- und Kaltwasserarten neben einander, besonders dann, wenn der Netzzug aus
grösser Tiefe bis zur Oberfläche hinauf ausgeführt ist.
F erner drückt sich in der eupelagischen Tintinnen-Fauna eine grössere Verschiedenheit
zwischen dem wärmeren Teil des atlantischen Oceans und dem Nordatlantic, z. B. der Golfstromtrift,
aus, als zwischen Nordatlantic und Eismeer.
3. Verbreitung der hemipelagischen Arten des Nordens.
Die Frage, warum ein erheblicher Teil der Tintinnodeen-Arten n u r in der Nähe der
Küsten vorkommt, wird man erst beantworten können, wenn die Lebensweise und die F o r tpflanzung
der Tintinnen besser bekannt ist als jetzt. Vorläufig muss ich mich mit der F e ststellung
der Thatsache, dass zahlreiche Arten n u r an den Küsten Vorkommen, begnügen. Diese
Thatsache aber is t durch eingehende Studien an dem reichen Hochsee-Material der Plankton-
Expedition gesichert und wird später noch durch zahlreiche Beispiele belegt werden. Von den
im folgenden angeführten Arten gehören zwei zu Formenkreisen, die auch auf hoher See Vorkommen,
nämlich T. bottnicus und T. secatus.
In dem nordischen Material von Dr. V a n h ö f f e n überwiegen die hemipelagischen Spezies.
Es lassen sich nach der A rt der Verteilung 3 grössere Gruppen unterscheiden:
1. 5 Arten, die nur an der grönländischen Küste gefunden sind,
2. 3 Arten, die sowohl bei Grönland als auch in der Ostsee Vorkommen,
3. 4 Arten, die bei Grönland fehlen und nur auf der östlichen Seite des atlantischen
Oceans Vorkommen. Von diesen 4 Spezies besitzen 2 einen sehr weiten, die beiden anderen einen
engen Verbreitungsbezirk.
Ihnen schliessen sich einige andere Küstenarten an, die zwar in dem Material von V a n-
h ö ffe .n nicht vertreten, aber an den nordeuropäischen Küsten gemein sind, so dass sie verdienen,
hier erwähnt zu werden.
a. G r ö n l ä n d i s c h e S p e z ie s .
Ausschliesslich bei Grönland sind bisher folgende 5 Arten gefunden worden, von denen
die 4 ersten sogar nur im Karajak-Fjord konstatiert worden sind:
T. vitreus März.
Tintinnopsis■ sacculus Mai.
„ sinuata Februar, Mai.
„ nitida Februar, Mai, Oktober.
T. secatus Karajak-Fjord Oktober, November. Ausserdem nahe der grönländischen
Küste (7. September).
b. B e i G r ö n l a n d u n d in d e r O s t s e e v e r t r e t e n e A r te n .
Drei Arten, die im Karajak-Fjord und an einigen Stellen der Davis-Strasse gefunden
sind, zeigen eine so grosse Ähnlichkeit mit Spezies, die bis je tz t nur aus der Ostsee bekannt
waren, dass ich sie mit ihnen vereinen muss. Zwei von diesen Arten sind eigentümlicher Weise
sogar nur im östlichen Teile der Ostsee beobachtet worden, so dass ich sie wegen ihres gleichzeitigen
Vorkommens im arktischen Gebiet — ähnlich wie die grosse Assel Idotea entomon und
die Fische Gottus quadricornis, Liparis vulgaris und Stichaeus islandicus — als Überreste einer
früheren arktisch-baltischen Fauna ansehen möchte. Es is t jedoch bei der weiten Entfernung
der Davis-Strasse von der Ostsee sehr wünschenswert, dass noch an einigen Küstenplätzen
dazwischen, so vor allem im weissen Meere, nach diesen Tintinnodeen gesucht wird. Die bisher
bekannten Fundorte dieser 2 Arten sind folgende:
T. bottnicus. Mitte des bottnischen Meerbusen (August),- in den Schären von Helsingfors
sehr häufig (Juli bis Oktober); Karajak-Fjord (Mai bis Oktober); vor dem Karajak-Fjord in der
Davis-Strasse (26. Juni); weiter südlich etwa in der Mitte der Davis-Strasse (15.—17. Juni).
Tintinnopsis Jcarajaccnsis. Mitte des bottnischen Meerbusens (Juli); Karajak-Fjord (Mai);
Davis-Strasse nahe der grönländischen Küste (6. 7. September).
Die d ritte A rt is t an folgenden Stellen konstatiert:
Tintinnopsis beroidea. Wismar (August); Kieler Bucht, sehr häufig; Karajak-Fjord (Mai);
Davis-Strasse nahe der Küste (6. September). F ü r diese Spezies muss nach einer anderen E rklärung
gesucht werden, als bei den beiden vorigen. Vorläufig liegt zu wenig Sicheres über das
Vorkommen an anderen Küstenplätzen vor, als dass ein Deutungsversuch je tz t schon gewagt
werden könnte.
Die Thatsache, dass 3 Arten bis je tz t nur aus der Ostsee und aus der Davis-Strasse bekannt
sind, is t schon eigentümlich genug, wenn man bedenkt, dass das arktisch-baltische Gebiet
durch die breite Golfstromtrift von der Davis-Strasse getrennt ist, dass also eine Stromverbindung
nur auf dem Umwege über Novaja Semlja, Franz Josephs-Land und Spitzbergen nach der Ost-
kliste Grönlands (und damit auch nach der Westküste) besteht.
c. T i n t i n n o d e e n d e r e u r o p ä i s c h e n K ü s t e .
F a s t alle Untersuchungen über Tintinnodeen sind bisher an verschiedenen Plätzen der
europäischen Küsten ausgeführt worden, vor allem in verschiedenen Teilen der Ostsee, der Nordsee,
der norwegischen Küste und des Mittelmeeres, so dass zum Vergleich mit dem Material von
anderen Gegenden schon gute Anhaltspunkte vorliegen. Dr. V a n h ö f f e n h a t einen Fang im