C h u n erschlossene gelappte Ctenophore, eine Bolina, während Pleurobrachia rhodoäactyla mir fehlte.
Letztere is t jedoch durch die Arbeiten von L ü t k e n und L e v in s e n genügend beglaubigt und
so h a t die alte Angabe von F a b r i c i u s , dass in Grönland vier Ctenophorenarten vorkämen,
erst nach mehr als 100 Jah ren durch mich ihre Bestätigung gefunden. Im folgenden nun erlaube
ich mir, meine Beobachtungen über das Auftreten der Ctenophoren in Umanakfjord unter 70 —71 0
N. Br. an der Westküste Grönlands zu schildern, und einige Bemerkungen über die weitere Verbreitung
dieser Arten nnd ihre r Verwandten änzuschliessen.
Am 27. Ju li 1892 ankerten wir mit der Brigg „Peru“ im Hafen von Umanak, der erst
wenige Tage vorher, nachdem das Fjordeis verschwunden, zugänglich geworden war. Obwohl ich
mir alle Mühe gab, vom Schiff ans und auch am Ufer pelagische Tiere zu fangen, wurden dort
noch .bis zu unserer Abfahrt am 3. Ju li keine Ctenophoren bemerkt. Ebensowenig zeigten sich
dieselben hei der F a h rt nach Ikerasak und hei unserem ersten Ausflug nach Sermidletfjord. Es
war wohl noch zu viel Eis vorhanden, das uns auch hinderte, nach dem kleinen Karajakfjord
vorzudringen. Am 11. Ju li jedoch, als wir von unserer ersten Inlandeistour zum Zeltplatz am
Sermidletfjord zurückgekehrt waren, bemerkte ich am flachen Ufer im Innern des Fjo rd s , dort
wo ein kleiner Bach als Abfluss mehrerer Seen nach kurzem Lauf ins Meer sich ergiesst, zwischen
Gammarus und Aglanthen grosse Mengen einer Ctenophore, die entgegen der Windrichtung sich
dem Lande näherten. Obwohl ich d o rt so viele, wie ich wollte, am Ufer schöpfen konnte, gelang
es mir nicht, ein einziges dieser zarten Tiere zu konservieren, die ja , selbst wenn man besser
ausgerüstet ist, als wir bei unserer Exkursion zum Inlandeis es waren, in dieser Beziehung die
grössten Schwierigkeiten bereiten. Auch standen mir keine Gefässe zur Verfügung, in denen ich
die Tiere halten und mit Müsse betrachten konnte. Daher musste ich mich mit einer flüchtigen
Farbenskizze begnügeu, aus der sich jedoch, wie auch aus meinen Tagehuchnotizen, mit Sicherheit
ergab, dass ich eine Bolina mit kaffeebraunen Mundlappen beobachtete. Meine Hoffnung, diese
Skizze von der anscheinend so häufigen Ctenophore später ergänzen zu können, wurde nicht erfüllt.
Als ich genau nach einem Jah re wiederum zu Anfang Ju li den Fjord besuchte, war d o rt nichts
von ih r vorhanden. Abgesehen von einigen Bruchstücken kleiner Bolinen, die ich hei meinen
Brutnetzfängen im kleinen Karajakfjord fand, bemerkte ich gelappte Rippenquallen erst wieder,
als ich an Bord der Brigg „Constanze“ Ende August 1893 die Mündung des Umanakfjordes auf
der Heimreise passierte nnd vom hochbordigen Schiffe sie nicht mehr erbeuten konnte. Eine ganz
junge Bolina, ungefähr auf dem von C h u n in den Ctenophoren des Golfs von Neapel auf T afel V III
Fig. 6 abgebildeten Stadium wurde am 25. September bei der Station gefunden und gezeichnet.
Als zweite nordische Ctenophore fü h rt F a b r i c i u s Bero'e cucumis an. Da sie auffallender
gefärbt is t als ihre Verwandten und sich verhältnismässig g u t konservieren lässt, wurde sie wiederholt
schon in Grönland gesammelt. Im Museum zu Kopenhagen sind nach Levinsen Exemplare
von Umanak, Itivnik, Godhavn und Egedesminde vorhanden. Ich fand diese Bero'e in grösserer
Anzahl am 18. August 1892 bei der grönländischen Ansiedlung Umanatsiak auf der gleichnamigen
Insel im Innern des Umanakfjords, ferner im Hafen von Umanak vom 16.—25. August 1893 und
am 27. August auch in der Mündung des Umanakfjords. Doch hängt das Erscheinen der Ctenophoren
an der Küste auch in Grönland nicht allein von der Jahreszeit, sondern auch von Wind
und W etter ab, wie der Umstand beweist, dass sie am 19. und 20. August 1892 im Hafen von
Umanak fehlten. Im Innern des kleinen Karajakfjords hei der von uns errichteten Station erschienen
erwachsene Exemplare nur vereinzelt und selten. Sie wurden am 1. Oktober 1892, am
10. April und 27. Mai 1893 dort konstatiert. Jugendstadien dagegen — wobei ich alle Ctenophoren,
u n te r denen allerdings die junge Bero'e vorherrschte, zusammenfasse, da sich die Arten
zuweilen wegen mangelhafter Konservierung nicht trennen liessen — von 0,25—1,5 mm Grösse
zeigten sich das ganze J a h r hindurch in Plankton hei der Station. Wie die quantitativen Fänge
ergaben, sind junge Ctenophoren am zahlreichsten im Juli vorhanden. In der von meinem Netz
entsprechend dem Durchmesser seiner Öffnung von 14 cm durchfischten Wassersäule kamen bei
senkrechtem Aufzug auf jeden Meter im Juli 2, im August und Anfang September 1 junge Ctenophore.
Später im J a h re nahmen sie erheblich an Zahl ah, so dass eine Ctenophore im Oktober
einer Wassersäule von 2 m, im November einer von 10 m und Mitte Dezember einer solchen von
50 m entsprach. Dann aber tra te n im Jan u a r schon wieder grössere Mengen auf, da von Januar
bis Ende März eine Ctenophore in 10 m und im Mai eine in 5 m der Wassersäule gefunden wurde.
Mit anderen Worten: Wenn wir u n te r einem bestimmten Teil der Oberfläche des Fjords im
Dezember 1 Ctenophore finden, so sind nach ungefährer. Berechnung unter derselben Oberfläche
im Januar, Februar und März 5, im Mai 10, im Ju li 100, im August 50, im Oktober 25 und im
November wieder 5 junge Ctenophoren vorhanden.
Wie das absolute Mengenverhältnis dieser Tiere sich ändert, so is t auch ihre Verteilung
nach der Tiefe im Laufe der Jahreszeiten verschieden. Während im August bei einem Fange
aus n u r 30 m Tiefe 38 Ctenophoren erbeutet wurden, war in Fängen ans gleicher Tiefe im
September, Oktober und Februar keine einzige zu finden. Sie scheinen ausschliesslich im Hochsommer
nach den oberen Wasserschichten heraufzusteigen. Denn, wie Stufenfänge ergaben, waren
sie am 15. Oktober 1892 in der Tiefe vorhanden. Obwohl damals ein Fang aus 50 m Tiefe keine
Ausbeute an Ctenophoren lieferte, wurden bei einmaligem lothrechtem Aufzug des quantitativen,
mit einer Öffnung von 14 cm versehenen Netzes in 100 m 55 und in 250 m 127 Exemplare von
ihnen gefunden. Daraus ergiebt sieh auch, dass die Dichtigkeit dieser Tiere mit grösserer Tiefe
etwas abnimmt. Ob das Fehlen junger Ctenophoren an der Oberfläche in den Wintermonaten
direkt von physikalischen Bedingungen wie Temperatur nnd Salzgehalt des Wassers abhängt
oder in der Lebensweise der Tiere begründet ist, muss einstweilen dahingestellt bleiben.
Die d ritte der von mir beobachteten grönländischen Ctenophoren is t Mertensia ovum oder
Bero'e ovum, wie F a b r i c i u s sie nannte. L e v i n s e n giebt an, dass T r a u s t e d t 1892 sie bei
Ritenbenk konstatierte. Von mir wurde sie im kleinen Karajakfjord hei der Station nur in sehr
jungen Exemplaren angetroffen. Erwachsen sah ich sie zuerst auf der F a h r t von Ikerasak auf
Umanatsiak nach Umanak am 31. Juli. Dann erschien sie im August in grösser Zahl im Hafen
von Umanak, an der Küste von Nugsuak hei Sermiarsuit und an der Mündung des Umanakfjords.
Es gelang mir nicht, dieselbe brauchbar zu konservieren, doch gestattete eine Farbenskizze ihre
zweifellose Bestimmung. In meinem Bericht über biologische Beobachtungen während der Heimreise
der Expedition von G rönland (6. p. 144) erwähnte ich die Mertensia irrtümlich als Pleurobrachia rhodo-
dactyla, von der sie sich besonders durch ihre Grösse und den zusammengedrückten Körper unterscheidet.
Im übrigen sind beide Gattungen einander sehr ähnlich, so dass auch A. A g a s s i z von der
ersten Mertensia, die er an der Küste der Vereinigten Staaten beobachtete, schrieb: „ It was first
mistaken for a large Pleurobrachia“ (7. p. 26). Mittlere Stadien von Merteiisia, etwa von der Grösse
einer Pleurobrachia, die vielleicht noch wie diese kugelig sind, habe ich nicht gesehen.
Pleurobrachia selbst wurde von mir, wie schon oben erwähnt, in Grönland wohl zufällig
nicht aufgefunden. Auch L e v i n s e n giebt dieselbe in seinem Verzeichnis ohne speziellen Fundort
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B ib lio th e c a zo o lo g ica . l i e f t 20.