Diese Angaben haben nur Berechtigung fü r den Auftrieb über 90 m Tiefe. Das zeigen
die Fange Nr. 4 und 5, welche an ein und demselben Tage, aber aus verschiedener Tiefe gemaoht
sind. Nr. 4 durchfischte nur die obersten 90 m, Nr, 5 ausserdem die Tiefe von 225 — 90 m. Ein
Vergleich beider Fänge zeigt also, wie dicht jede dieser beiden Wassersäulen bevölkert war.
Nr. 5. Nr. 4. Nr. 5—4.
225 — ü m 90—0 m 225—90 m
Ind. alle: 221 29 192
Ind. pro 10 m: 9,8 3,2 14,2
Unterhalb 90 m wa r also die Bevölkerung mehr als viermal so dicht wie in den Wasserschichten
über 90 m. Während nahe der Oberfläche nur noch sehr wenig Appendikularien sich
fanden, lebten m den tieferen Schichten noch so viel wie mehr oberflächlich nur zur Zeit der
Kulmination beobachtet wurden. Wie aber während der übrigen Monate in diesen Tiefen die
Appendikularien sich verhielten, is t bisher nicht untersucht. Es bleibt also zweifelhaft, ob dieselben
sich nach der Zeit des oberflächlichen Maximums in die Tiefe zurückziehen oder ob die grosso
Häufigkeit unterhalb 90m am 15.X. nur von vorübergehenden Verhältnissen abhängig gewesen is t.'f
Was die B e t e i l i g u n g d e r e in z e ln e n A r t e n an den Zahlen betrifft, so wurde im
Augiist und September nur Fritillaria borealis gefangen; im Oktober tr a t dann zunächst in nur
wenigen Prozenten Oil. labradoriensis auf, die allmählich Frit. borealis an Zahl überwog und im
Dezember und Januar, nach dem Schwinden von Frit. borealis, allein die Appendikularien rep rä sentierte.
Oik. vanhöffeni wurde nur in einem Exemplar am 15. X. aus 90 m Tiefe aufgebracht.
Obwohl also thatsächlich drei Arten im Fjord gefunden wurden, so erreichte doch 1892/3
nur Frit. borealis eine grössere Individuenzahl; sie allein bildete die vorher besprochenen Maxima
der Kurve und bedingte die reiche Bevölkerung der Tiefe u n te r 90 m. Im Vergleich mit dieser
A rt wurde Oik labradoriensis n u r sehr spärlich gefangen. Auch der Tiefenfang brachte kein
Exemplar herauf. Die vorliegenden Thatsachon weisen aber mit einiger .Sicherheit d arauf hin,
dass das Maximum des Auftretens von Oik. labradoriensis im November liegt und d ie b e id e n im
F j o r d h ä u f i g e r v o r k o m m e n d e n A r t e n d em n a c h z u v e r s c h i e d e n e n Z e i t e n k u lm i n
i e r e n u n d z u r Z e i t d e r B l ü t e d e r e in e n A r t d ie a n d e r e f e h l t o d e r s e l t e n is t .
b) A u f t r e t e n d e r A p p e n d i k u l a r i e n a u f d e r H in - u n d R ü c k f a h r t .
Die F ahrtlinie der Expedition verläuft auf der Hin- und Rückreise annähernd in gleicher
Weise. Von Skagen aus zieht sie in NW.-Richtung zum Kanal zwischen den Orkney- und Shetland
Inseln und durchquert d arauf in vorherrschend SW.-Richtung den Ocean, bis sie S. von Cap
Farewell in etwa 58 ° N. Breite anlangt. Dann biegt sie in die Davis-Strasse ein und steigt sehr
bald in direkter N.-Richtung zur Disko-Insel an der Westküste Grönlands empor, um nordwärts
derselben m den Umanak-Fjord einzubiegen. Durch die Wind- und Strömungsverhältnisse wird
bedingt, dass die Route im offenen Ocean im Mai nach Norden, im September nach Süden aus-
') Vergleiche auch V an h ö ffen über das Vorkommen der Ctenophoren im Fjord (25).
biegt und daher bei der Hinfahrt südlich Island den 60° polwärts überschreitet, bei der Rückfa
h rt hingegen bei etwa 3 0 0 W. Länge bis zum 5(3 0 hinuntersteigt (5). Ferner zwangen im Mai
die Eisverhältnisse der Davis-Strasse südlich des Polarkreises weiter von der Grönländischen
Küste abzuhalten als im Herbst.
Da nun, wie alle Planktonorganismen, auch die Appendikularien, bei der sehr geringen
K ra ft ih re r Eigenbewegung, in i h r e r V e r b r e itu n g v ö llig von dem V e r la u f d e r S tr öm u n g e n
a b h ä n g i g sind, wird es, sich zunächst fragen, wie diese hier sich gestalten. .Charakteristisch
für das von der Expedition befahrene Gebiet ist aber, dass in ihm sich kalte und warme Meeresströme
begegnen und ihre Wassermassen sich teilweise mischen. ’) Warmes Wasser führt die
Golfstromtrift hierher, insbesondere der nordöstliche A st derselben, der aiis 40—45 0 N. Breite
in langsamem Transporte (weniger als 12 Seemeilen in 24 Stunden, also noch nicht 1 0 in 5 Tagen)
wärmeres Wasser mit hohem Salzgehalt zwischen Island und Schottland, durch die Irische See
und den Kanal in das europäische Nordmeer träg t. Die Abkühlung, welche das Wasser während
der langen Reise (etwa vier Monate vom 4 0 0 bis zum 60 °) erfährt, is t natürlich nach den Jahreszeiten
verschieden. Während am U rsprünge dieser Strömung die Isothermen für die beiden extremen
Monate (Februar und A ugust) 16 und 23° angeben, liegen in der Fahrtlinie der Expedition zu diesen
Zeiten die Isothermen von 5 0 und 13 °. Umgekehrt führen der Ost- und West-Grönlandstrom, sowie
der Labradorstrom polares Wasser in das Gebiet. Auch ihre Geschwindigkeit is t im allgemeinen
nur gering. Im Südwesten von Island lassen diese vier Ströme einen Raum frei, der vom Ir-
minger-Zirkelstrom ausgefüllt wird. Seiner Temperatur wie seinem Salzgehalte nach setzt er
sich auf der Hin- und Heimreise der Expedition sehr scharf von den kalten Strömen ab und
schliesst sich dem Wasser der Nordosttrift an. E r wird daher als Abzweigung dieser T rift angesehen
und den warmen Strömen zugerechnet. Doch erhält er auch von beiden Grönlandströmen
sowie vom Labradorstrom Wasser zugeführt, so dass in ihm kaltes wie warmes Wasser gemischt
ist. Der dem Zeiger der Uhr entgegen gerichtete Kreislauf besitzt eine sehr geringe Schnelligkeit.
Anhaltspunkte fü r die Verteilung dieser Stromgebiete auf die Fahrtlinien der Expedition
geben die Temperatur- und für die Rückfahrt auch die Salzgehaltmessungen. Ausserdem is t aber
zu e rw a rte n , dass auch die Verteilung der Appendikularien selbst Aufschlüsse geben w ird , da
a l l e A r t e n d i e s e r G r u p p e s i c h s c h a r f in B e w o h n e r d e r k a l t e n u n d d e r w a rm e n
S t r o m g e b i e t e t r e n n e n und keine einzige A rt bekannt ist, die beiden gemeinsam wäre. Von
der Ausbeute der Expedition sind in diesem Sinne K a l tw a s s e r f o rm e n : Oilcopl. labradoriensis,
vanhöffeni und Fritillaria borealis, W a rm w a s s e r f o rm e n dagegen: Oikopl. fusiformis und dioica.
Den Jahreszeiten entsprechend zeigen die Grenzen bei der Rückfahrt eine erhebliche Verschiebung
nach Westen, da Anfang Herbst das warme Wasser der Nordost-Trift und des Irminger-Stromes
weiter sich ausbreitet als im Frühjahr. Das kalte Wasser des Westgrönlandstromes schneidet
im Süden der Davis-Strasse sehr scharf gegen das wärmere und salzreichere des Irmingerstromes
ab. Im September lag diese Grenze N. 60° (12. IX.); das kalte Wasser zeigte 3,0—5,3° und
31,24—33,10 °/oo, das Wasser des warmen Stromes dagegen 8,0 — 13,1° und 34,66—35,51 °/oo.
Gleichzeitig änderte sich auch die F a u n a : im G r ö n l a n d s t r o m w a r v o n Oikopleuren n u r Oik.
vanhöffeni g e f a n g e n , im I rm i n g e r s t r ö m k am n u r Oik. labradoriensis v o r. Jßritillaria borealis
') Die physikalischen Verhältnisse sind, soweit nicht die Temperatur- und Salzbestimmungen der Expedition
benützt wurden, durchweg K rümme ls Angaben entnQimnen (1,12,13)..