Er sagt dann weiter :
„Bei dem Männchen tritt aus dem unteren Teile des fünften Körperringes zur rechten Seite ein unvollkommener,
dreigliedriger Fuss; das erste Glied trägt nach hinten und oben einen kurzen Stachel, das dritte hat die Gestalt einer stumpfen
Klaue. Zur linken Seite steht dagegen ein viergliedriger, unvollkommener Fuss, dessen zweites und drittes Glied mit einem
Stachel, das vierte mit fünf seitlichen Stacheln und einem langen und gezähnten Endstachel versehen ist. Aus dem ersten
Schwanzringe tritt ein langes, stark nach unten und hinten gekrümmtes Glied, wie es scheint, ohne Einkerbungen, das wohl
als Ausfiihrungsgang des Samens oder als Penis betrachtet werden kann. Der erste, zweite und dritte Schwanzring sind die
längsten und stärksten; die Furka trägt an jedem ihrer zwei Teile drei lange, zweigliedrige, und eine kurze, einfache Borste.
Das Endglied der ersteren — ungefähr dreimal so lang als das erste Glied — ist stark nach unten gekrümmt und stark
befiedert.“
Wie Im h o f bereits bemerkt hat, ist aus der Furkalbewehrung zweifellos ersichtlich, dass F i s c h e r
eine Art des Genus Heterocope Vorgelegen hat. Seine Ansicht, dass die drei grossen Apikalborsten zweigliedrig
seien, beruht allerdings auf einem Irrtum. Auch Fig. 42 weist bestimmt auf Heterocope hin Das
von F i s c h e r für einen Penis (bei Copepoden!) gehaltene Gebilde (Fig. 4 2 d) ist der Innenast des linken
männlichen Fusses. Die Füsse des fünften Paares vom Weibchen scheint F i s c h e r mit dem linken Fusse
des entsprechenden männlichen Paares verwechselt zu haben; denn Fig. 46 dürfte viel eher einen Fuss
des erstgenannten Paares als den linken Fuss des Männchens darstellen. Etwas Weiteres und Bestimmteres
geht meiner Ansicht nach aus F i s c h e r s Angaben nicht hervor. Dass dies nicht genügt, die Art auch
nur annähernd sicher zu bestimmen, dürfte wohl allgemein zugegeben werden.
Welcher Art die für Heterocope borealis Fischer gehaltenen, erwähnten Formen S a r s ’ und L i 11 je -
b o rg s aus dem nördlichen Europa angehören, soll weiter unten erwähnt werden.
Mit der zweiten Art, Diaptomus saliens Lilljeborg, ist die dritte, einige Monate später durch S a r s
als Heterocope robusta beschriebene identisch. Diese Übereinstimmung wird bereits von R eh b e rg , Im h o f
und de G u e rn e und R i c h a r d erwähnt und ist von S a r s 1) selbst anerkannt worden. Die Art führt
dem Gesetze der Priorität entsprechend demnach die Bezeichnung H. saliens Lilljeborg.
H. appendiculata Sars ist eine durchaus sichere und leicht zu erkennende Art.
H. dlpina Sars ist, wie de G u e rn .e und R ic h a r d mitteilen, nach der Meinung des Autors selbst
nur eine Jugendform von H. saliens und demnach aus dem .Verzeichnisse zu streichen.
Da im Jahre 1888 H. alpina Sars als besondere Art noch nicht zurückgezogen war, und Im h o f 2)
dieselbe nicht näher kannte, so glaubte er, dass vielleicht eine von ihm im Lago Maggiore, dem Luganer-
und Comersee und in einigen Seen des Engadins beobachtete Form mit derselben identisch sei. Für den
Fall, dass eine solche Übereinstimmung zwischen beiden nicht vorhanden sei, belegte Imhof seine Form
mit dem Namen H. romana. Später3) erkannte Im h o f aber selbst deren Identität mit H. saliens Lilljeborg
und zog demzufolge seine Bezeichnung zurück.
Derselbe Forscher hatte bei seinen zahlreichen Seenuntersuchungen bereits bemerkt, dass zwischen
*) S a r s , Beretning om en i Sommeren 1863 foretagen zool. Reise.
*) Im h o f, Über das Calanidengenus Heterocope.
3) Im h o f, Notizen über die Süsswasser-Calaniden.
der Heterocope- Art des Bodensees, welche von W e i sm a n n 1) zuerst beobachtet und von G ru b e r 2) und
V o s s e i e r 3) als H. robusta Sars beschrieben wurde, und der des Zürichersees einerseits und der von ihm in
den soeben genannten und noch anderen Gewässern beobachteten Form andererseits wesentliche Unterschiede
beständen. Die F orm aus dem Boden- und Zürichersee hielt er anfänglich m itG ru b e r für H. robusta Sars ( = saliens
Lilljeborg), die andere für H. alpina Sars, eventuell für eine neue Art, die soeben erwähnte H. romana.
Nachdem sich nun die Übereinstimmung zwischen H. roma/na und H. saliens herausgestellt hatte, belegte er die
erstcre mit einem neuen Namen, H. iveismanni.*) Im h o f s Urteil über die Artverschiedenheit der Form des Bodensees
(bezüglich der des Zürichersees kann ich kein Urteil abgeben, da mir Material aus diesem Wasserbecken nicht
zu Gesicht gekommen ist) von H. saliens ist durchaus richtig. Bei der Angabe der „wichtigsten Unterscheidungsmerkmale“
hat er allerdings das wichtigste übersehen, nämlich das Fehlen [H. saliens) eventuell Vorhandensein
(H. weisma/nni) interessanter (bereits von G ru b e r gekennzeichneter, bisher aber nirgends wieder erwähnter)
sexueller Differenzen an den rechten Schwimmfüssen des zweiten bis vierten Beinpaares vom Männchen.
Mit H. weismanni stimmt nun die von de G u e rn e und R ic h a r d für Gyclopsine borealis Fischer
gehaltene Form vollkommen überein. Schon die von den genannten französischen Forschern gemachten
Angaben bezüglich der Füsse des fünften Paares in beiden Geschlechtern deuten darauf hin. Ein s p e z
i f i s c h e s Unterscheidungsmerkmal zwischen dieser Form und der sehr nahestehenden H. saliens geben
sie aber nicht. Ein solches ist aber in der That in der bereits oben erwähnten geschlechtlichen Differenzierung
der Schwimmfüsse des Männchens vorhanden. Die bereits von Im h o f erwähnte Ausrüstung
des über der weiblichen Geschlechtsöffnung liegenden Deckels mit zwei seitlichen Zähnen ist in zweiter
Linie hierher zu rechnen.
Die Übereinstimmung der von de G u e rn e und R i c h a r d als H. borealis Fischer aufgeführten
eingangs erwähnten nordischen Formen mit H. weismanni aus dem Bodensee nachweisen zu können, verdanke
ich der Güte der Herren Dr. R i c h a r d und Dr. F u h rm a n n (Genf). Ersterer sandte mir Material,
das von Herrn Prof. L i l l j e b o r g i. J. 1889 bei Porsanger in Finmark (Norwegen) gesammelt war, und
letzterer hatte die Güte, mir Plankton aus dem Bodensee zuzustellen.
Dass auch N o r d q u i s t s H. saliens5) mit H. weismanni identisch ist, ergiebt sich zweifellos aus
seiner Abbildung Taf. VIII Fig. 5, in welcher der Deckel des weiblichen Genitalsegments als mit zwei
Zähnen bewehrt dargestellt ist.
Dasselbe gilt für H. saliens v. Dadayö); denn auf Taf. VI Fig. 14 stellt er die Verhältnisse des Aussen-
astes des rechten Fusses des fünften männlichen Paares so dar, wie sie für H. weismanni charakteristisch sind.
Die Zahl der aufgestellten Arten des Genus Heterocope ist also wesentlich zusammengeschmolzen, nämlich
von sieben auf drei: H. saliens Lilljeborg, H. appendiculata Sars und II. iveismanni Imhof. Alle drei gehören der
Fauna Deutschlands an, so dass also meine Darlegungen gleichzeitig eine Revision des Genus in sich schliessen.
We isman n , Das Tierleben im Bodensee.
2) Gr ü b e r, Über zwei Süsswasser-Calaniden.-
8) V o s s e ie r, D. freileb. Copep. Württembergs.
4) Im h o f, Notizen über die Süsswasser-Calaniden.
5) N o rd q u is t, D. Calanid. Finlands.
°) v. Daday, Conspect. Diapt. faunae hung.