war dort sehr häufig, hier nur spärlich. Nur an einer Stelle e rlitt diese Verteilung eine Durchbrechung:
den 7. IX., in d em h i e r a l l e d r e i A r t e n g l e i c h z e i t i g v o r k am e n . Aber diese
Stelle weist eigentümliche Strömungsverhältnisse auf. Nach D r y g a l s k i (5) wurden hier Wirbel
beobachtet, und V a n h ö f f e n sah plötzlich Diatomeen sehr zahlreich auftreten. Vielleicht kam
hier Wasser aus den Fjorden, welches, wie Vanhöffen sehr anschaulich geschildert h a t (26), im
Auftrieb sich erheblich von der offenen See unterscheiden kann, in besonders grösser Menge in
die See hinein. Im F rü h jah r lag die Grenze S. 60°, nahe dem 50° W. Länge (zwischen 31. V
und 1. VI); das polare Wasser zeigte Temperaturen zwischen 1,6 und 2,8°, das warme Wasser
solche von 4,4—9,1 °. Diesmal war aber kein Unterschied in dem Auftreten der Appendikularien
wahrzunehmen. Beiderseits der Grenze war Oik. labradoriensis und Fritillaria borealis häufig; Oik.
vanhöffeni war so g u t wie geschwunden, die einzige Fangstelle lag indes auch je tz t im Gebiete
des kalten Wassers (2. VI.).
Sehr viel weniger deutlich t r i t t eine Grenze zwischen dem Ostrande des Irmingerstromes
und der Nordost-Trift hervor. Temperatur- und Salzgehalt sind nicht erheblich verschieden;
eine sprungartige Änderung zeigt sich nirgends, vielmehr nehmen vom Westen wie vom Osten
her die Temperaturen allmählich zu, so dass an einer mittleren Stelle im offenen Ocean das Maximum
angetroffen wird. Diese Temperaturschwelle wurde von der Expedition durchschnitten
im September fast genau beim 30° westlicher Länge (in ca. 56° nördlicher Breite) mit 12,9°
bis 13,1°, im Mai aber etwas östlich vom 20° westlicher Länge (in ca. 60°' nördlicher Breite)
mit nur 9,1 °. Der östlich von ih r liegende Teil des Oceans is t etwas wärmer als der westlich
davon gelegene (im Frü h jah r 6,7 ° — 8,8 0 gegenüber 4,4 °—8,8 im Herbst 10,90 - 1 2 ,9 0 gegenüber
8,0°—12,9°). Die Verbreitung der Appendikularien gab im F rü h jah r auch keinen weiteren Aufschluss,
da in dem ganzen Gebiete gleichmässig Oik. labradoriensis und Fritillaria borealis sich fand.
Beide Arten gingen auch noch in die Nordsee hinein, ja es wurde westlich von den Shetland-
Inseln noch ein Individuum von Oik. vanhöffeni gefunden. I n d i e s e r J a h r e s z e i t w u r d e a ls o
d a s g a n z e G e b i e t d e r E x p e d i t i o n v o n e i n e r g a n z g l e i c h a r t i g e n K a l tw a s s e r f
a u n a v o n A p p e n d i k u l a r i e n v om U m a n a k f j o r d a b b is in d ie N o r d s e e h i n e i n b e w
o h n t. A u c h d a s w a rm e W a s s e r d e s I rm i n g e r s t r o m e s u n d d e r G o l f t r i f t g e h
ö r e n i h r e r A p p e n d i k u l a r i e n f a u n a n a c h im M a i z um p o l a r e n G e b i e t . Anders
waren aber die Verhältnisse im September. Hier t r a t i n n e r h a l b d e r T e m p e r a t u r s c h w e l l e
ein plötzlicher und vollständiger Wechsel der Arten ein; bis zum 21. IX. war Fritillaria borealis,
also eine Kaltwasserform, aufgetreten, vom 23. IX. ab indes t r a t Oikopl. fusiformis an ihre Stelle,
mithin eine Warmwasserform. Hier musste also die Grenze zwischen dem Irmingerstrom und
der Golfstromtrift von der Expedition getroffen sein. Während der erstere im Mai wie im September
nur Kaltwasserarten enthielt, dringt in der letzteren im August die Warmwasserfauna
jedenfalls bis zum 56., ja selbst 60. Grade N. Breite vor. Auch in der Nordsee war je tz t nur
Oik. fusiformis und eine zweite Warmwasserform Oik. dioica vertreten, beide in erheblicher Zahl.
Oik. dioica dringt durch Skagerak und Ka tteg at bis in die westliche Ostsee vor.
Da im F rü h jah r auch in der Golfstrom-Trift eine reiche Bevölkerung mit Appendikularien
der kalten Ströme a u ftritt, so muss irgendwo auch k a l t e s W a s s e r d ie s em S t r o m e b e i g
e m i s c h t w e r d e n . Aber es braucht diese Beimischung vielleicht keine sehr ausgedehnte zu
sein, da bei der langen Dauer des Transportes eine Vermehrung der Oikopleuren keineswegs ausgeschlossen
is t, um so weniger, als die endemische Bevölkerung der T r ift in der Auflösung begriffen
ist. Ob im Sommer aber die hohe Temperatur der Grenze zwischen Irminger- und Triftstrom
oder der Umstand, dass die Organismenwelt des warmen Wassers noch sehr individuenreich
entwickelt is t, oder beides zusammen, die Kaltwasserformen am Vordringen nach Osten
hindert, ist mit Sicherheit nicht anzugeben. Nach den bisherigen Beobachtungen könnte Oik. labradoriensis
und vor allem vanhöffeni in der Temperatur allerdings eine Grenze finden. I s t diese
doch bei keiner höheren Wärme als 6,7 °, jene nicht über 12,30 beobachtet, während die. Temperaturschwelle
noch in der Fahrtlinie 13,10 aufweist, die Beimengung des kalten Wassers aber
leicht südlicher, also u n te r noch höherer Temperatur, erfolgen kann. Dagegen is t eine solche
Annahme sehr unwahrscheinlich fü r Fritillaria borealis, die noch hei 17,2° beobachtet ist, und
ganz im Stich lässt die Temperatur, wenn das Fehlen von Oik. fusiformis im Sommerwasser der
Irmingersee e rk lä rt werden soll. Die wenigen vorhandenen Angaben zeigen für diese A rt als
niedrigste Temperatur 10,90; sie würde also noch weiter westlich erw a rte t werden können. Es
giebt aber offenbar, da wo zwei Faunen aufeinander stossen, n ic h t e in fa c h die T em p e r a tu r
o d e r e in a n d e r e r p h y s ik a lis c h e r F a k to r d e n A u ss c h la g , s o n d e rn d e r Z u s ta n d , in dem
je d e F a u n a s ich b e fin d e t. Im Irmingerstrom heimisch sind nur Kaltwasserformen der Appendikularien,
im Herbst in diesem östlichen Teile Fritillaria borealis, die auch bei verhältnismässig
hohen Temperaturen noch gedeiht. Ih r gegenüber befindet sich Oik. fusiformis an der Grenze
ihres Vorkommens und unter zunehmend ungünstigen Verhältnissen. Ähnlich ist das Verhältnis
zwischen Oik. fusiformis und labradoriensis in der Golfstromtrift. Im Sommer trifft die Kaltwasserform
unter für sie ungünstigen Bedingungen auf die noch gut gedeihende Oik. fusiformis, im
Winter findet sie dagegen die Warm wasserfauna in vollständiger Auflösung und gleichzeitig
physikalische Verhältnisse, die ih r Gedeihen fördern. Beides, p h y s ik a lis c h e u n d o rg a n is c h e
B ed in g u n g en , k om m e n h ie r z u s am m e n in B e tra c h t.
Ganz allgemein überwiegen also in dem Gebiete der Fahrtlinie der Expedition die Kaltwasserformen,
da nicht n u r der Westgrönlandstrom, sondern auch der Irmingerstrom im Frühjahr
wie Herbst nur solche Arten beherbergt, und in der kalten Jahreszeit auch die Golfstromtr
if t von ihnen bevölkert wird. Im Frü h jah r aber h ä lt in dem letzten Stromgebiet ein Teil der
Warm wasserfauna erfolgreich stand. Dadurch dass von den zwei Arten derselben aber nur eine
im offenen Ocean gedeiht, die andere dagegen durch unbekannte Verhältnisse an das Küstengebiet
gebunden is t (15), wird die Verbreitung weiter kompliziert, und endlich treten im West-Grönlandstrom
jahreszeitliche Verschiebungen der Arten zu einander auf, von denen die Fauna des I r mingerstromes
unberührt bleibt.
4 . A lte r e B e o b a c h tu n g e n d e r A p p e n d ik u la r ie n d e r P o la r g e g e n d e n .
Nachdem im Vorhergehenden gezeigt ist, dass die Appendikularien der kalten Ströme
anderen Arten angehören als die der warmen Stromgebiete und dass ihre Verbreitung innerhalb
des arktischen Gebietes wenigstens zum Teil eine sehr weite ist, indem dieselbe A rt in der nördlichen
und südlichen kalten Region gefunden wird, können wir an eine Prüfung der älteren Nachrichten
über das Vorkommen von Appendikularien in den kalten Strömungen der Oceane gehen.
Von der südlichen Halbkugel liegt nur ein Bericht von der Challenger-Expedition vor (9), der
deshalb nicht ohne Interesse ist, weil er auf das Vorkommen von Oikopleura in dieser Region
B ib lio th e c a zo o lo g ica . lie f t 20. 6