an. Dass sie an den grönländischen K üsten w irklich vorkommt, erscheint zweifellos, da F ab r i ci u s,
L i i t k e n und L e v i n s e n sie von dort erwähnen und weil sie in zahlreichen Schaaren die nord-
amerikanischen Küsten besucht.
Durch einen glücklichen Zufall ha tte ich kürzlich Gelegenheit, drei der erwähnten Ctenophoren
zusammen lebend im Kieler Hafen zu beobachten und sie mit den grönländischen Arten
zu vergleichen. Während Pleurobrachia fast alljährlich, wenn auch zu verschiedenen Zeiten, im
April, Ju li oder September, hier erscheint, sind Bero'e und Bolina sehr seltene Gäste. Am 23. Juli
fanden sich diese Ctenophoren zusammen mit Irene viridula E s eh sch. plötzlich hei niedrigem Wasser.
Stande aber erhöhtem Salzgehalt im Haien ein, als der Wind das Wasser aus der Föhrde heraustrieb.
Obwohl an den Tagen vorher keine einzige Ctenophore am Rande sichtbar w a r, zeigten
sieh nun Plmrobrachicn in grösster Menge und von Bolina konnte ich 20, von Bero'e 8 Exemplare
in kurzer Zeit schöpfen. Nach fünf Tagen, als der Wind und die Strömung sich änderte, waren
sie sämtlich verschwunden. Nach Aufzeichnungen von M ö b iu s wurde Beroö am 20. u. 21. April
1882 nach eisfreiem mildem W inte r im Kieler Hafen beobachtet. Konservierte Exemplare waren
davon im Kieler Museum nicht vorhanden. Dagegen fanden sich solche von Bolina, die Dr. M e y e r
im September 1866 sammelte. M ö b iu s h a t Bolina dann auch im J an u a r 1883 gefunden. Bei
Helgoland scheint Bolina fast das ganze J a h r hindurch sich zu halten, wie H a r t l a u b angiebt
(8. p. 203 u. 204), der die Auffindung dieser Ctenophore in der südöstlichen Nordsee als einen
der ersten und schönsten Erfolge der pelagischen Fischerei der biologischen Anstalt rühmt.
Mit Recht identifiziert H a r t l a u b die Bolina der Nordsee mit B. norwegica, die M. S a r s 1835
aus den Fjorden und Buchten von Bergen beschrieb (9. p. 32 — 35), wo sie von April und Mai
bis zum Oktober oft in grossen Schaaren zuweilen selbst im W inter a u ftritt, denn auch die von
mir beobachteten Exemplare stimmten gut mit der Beschreibung und Abbildung des norwegischen
Forschers überein. Auch hier finden sich Unterschiede, wenn man seine Zeichnungen mit dem
zweifellos identischen Tiere vergleicht, doch beweist dieses nur, dass man auch die Zeichnungen
anderer Autoren, die immer nur den augenblicklichen Zustand eines Individuums darstellen können,
mit Vorsicht betrachten muss. Später wurde B. norwegica von C. V o g t, dem jüngst verstorbenen,
um die Erforschung der marinen Tierwelt so hoch verdienten Zoologen, auf der Nordlandfahrt
nach San Mayen und Island 1864 bei den Lofoten beobachtet. Seine durch treffliche Holzschnitte
illustrierte Beschreibung (20. p. 171 u. ff.) giebt zum ersten Male ein den neueren Anforderungen
an naturwissenschaftliche Darstellung entsprechendes Bild des interessanten Tieres, genau wie ich
es bei den lebenden Exemplaren in Kiel beobachten konnte. Ich habe dazu nur zu bemerken,
dass die am Grunde der kurzen Rippen durch Faltung bedingten Ecken der Mundlappen, die
auch ich beobachtete, nur bei bestimmter Haltung der Mundlappen so s ta rk h e rvortreten, wie
es in der Zeichnung dargestellt ist.
Bolina hydatina, die C h u n aus dem Mittelmeer beschreibt, ohne unterscheidende Merkmale
zwischen ih r nnd Bolina norwegica anzugeben, scheint in der T h a t von unserer nordischen
Bolina durch die geringere Länge der Aurikel abzuweichen, die bei ih r herabhängend kaum den
Mundsanm erreichen, während sie bei B. norwegica über den Mundsaum hinaus zuweilen fast bis
zum Rande der Lappen verlängert sind. Durch dieses Merkmal näh ert sich Bolina norwegica der
Gattung Lesueuria, die nach Milne E d w a r d s 1841 in grossen Schaaren bei Nizza erschien
(10. p. 200), während C h u n sie fü r seine Monographie nicht wiederfinden konnte. Lesueuria
wurde dann, seit ih re r Entdeckung, im Mittelmeere von S a r s 1856 (5. p. 291), an der amerikanischen
Küste von A g a s s i z 1860 (11. p. 290), von S p a g n o l i n i im Mittelmeer noch 1870
(5. p. 291) und endlich von M’I n t o s h 1888 in der Bai von S t. Andrews beobachtet (12. p. 404—466).
Es is t sehr merkwürdig, dass ein Tier, welches früher im Mittelmeere in grossen Schaaren zur
Beobachtung gelangte, in den letzten 25 Jahren tro tz eingehendster Untersuchung der pelagischen
Fauna bei Nizza, Algier, Neapel und Messina dort nicht wiederzufinden war. Mag dieses nun mit
der Lesueuria von St. A n d r e w s überein stimmen oder nicht, soviel scheint sicher, dass die von
M’I n t o s h beobachtete A r t nicht wesentlich verschieden von der norwegischen und deutschen
Bolina ist. Ferner gleicht unserer Bolina in hohem Grade die Abbildung, die A g a s s i z von
Bolina vitrea giebt (7. p. 19). Dieser aber is t wiederum Bolina microptera A. Ag. aus dem Golf
von Georgia, Washington Territorium sehr ähnlich, die L. A g a s& iz mit Bolina septentorwtudvt
M e r te n s identifizierte(11. p. 289). Bolina septentrionalis M e r te n s (13. p. 515—516) nun ist die älteste,
g u t beschriebene und abgebildete A rt dieser Gattung und daher lege ich diesen Namen auch der
von mir im Umanakfjord beobachteten Bolina bei, da ich keine wesentlichen Unterschiede zwischen
beiden Formen anzugeben weiss. Durch kaffeebraune Mundlappen, die keiner der Autoren erwähnt,
waren nur die grössten Exemplare ausgezeichnet. Unterschiede in der Farbe können hier, wie
auch sonst bei Coelenteraten, als Artmerkmal nicht in Betracht kommen, hier um so weniger,
weil eine Pigmentierung der Randlappen auch hei der europäischen Bolina durch den pigmentierten
Strich angedeutet ist, den S a r s als Verlängerung der langen Rippen bei Bolina norwegica erwähnt,
und der auch bei unserer Bolina sich wiederfindet.
Daraus ergiebt sich, dass Bolina septentrionalis, eventuell mit ihren Varietäten, eine circum-
polare Verbreitung ha t, da sie, um nur die ältesten Autoren zu erwähnen, von M e r t e n s 1833
aus dem Behringsmeer, von M a r t e n s 1673 bei Spitzbergen, von F a b r i c i u s 1780 aus der
Davisstrasse beschrieben wurde.
Wie verhalten sich nun zu Bolina septentrwmlis Mertens die verwandten Arten ausser der
schon erwähnten B. vitrea von der Ostküste Nordamerikas? Die von A g a s s i z dort beobachteten
A rten B. alata, Mnemiopsis Gardcni, Mnemiopsis Leidyi und Lesueuria hyboptera scheinen sich nur
von B. septentrionalis durch das wechselnde Verhältnis der einzelnen Organe zu einander, der
Randlappen mit den Kanälen zu den Aurikeln und dem mehr oder weniger tie f herabhängenden
Mundrohr zu unterscheiden, Verhältnisse, die teils durch Kontraktionsznstände erzeugt sein können,
teils auch vielleicht auf verschiedene Altersstufen oder durch heteromorphe Stadien derselben A rt,
bedingt durch die von C h u n bei Ctenophoren entdeckte Dissogonie (14.) oder endlich auf wirklicher
Artverschiedenheit bernhen können. Jedenfalls is t eine Nachuntersuchung nnd Vergleiehnng
dieser Arten mit den europäischen Formen mittels eines zahlreichen gut konservierten \ ergleichs-
materials notwendig. Viel kann man jedenfalls auf Unterschiede in solchen Verhältnissen nicht
geben, da ich selbst bei lebenden Exemplaren unserer Bolina verschiedene Länge der Mundlappen,
mehr oder weniger tie f fa st bis znr Umbiegung des unteren Randes der Lappen herabreichende
Rippen mit Ruderplättchen bemerkte und hei ih r ebenso wie C la u s bei Deioixa I
ungleiche Ausbildung der Lappengefässe bei demselben Tier beobachtete (19. p. 84).
Von Bolina hydatina soll sich nach C h u n Bolina alata Ag. durch die Entwicklung der
Meridionalgefässe unterscheiden. Bei B. hydatina C h n n wachsen die snbventralen Gelasse rascher
gegen den Mundpol vor als die subtentaknlaren (14. p. 87). Bei Bolma alata dagegen, sagt C h u n .
„sind es gerade umgekehrt wie bei B. hydatina die subtentaknlaren Meridionalgefässe. welche bei
der Umwandlung vorauseilen, indem sie sich zu dem Lappenrandgefässe vereinen, noch bevor die