
Nun besitzen die beiden von mir untersuchten Arten der Amropiews-Gruppe Gehäuse von
nur 0,04—0,06 mm Länge und von 0,03—0,033 mm grösster Weite. Sie werden also noch durch
Müllergaze No. 19 beim Abfiltrieren hindurchschlüpfen und sogar durch Gaze No. 20 nur teilweise
zurüchgehalten. Auch die Dietyocysten, z. B. die echte Dictyocysta elegans Ehrbg., gehören
zu den kleinsten Tintinnen und besitzen etwa 0,075 mm Länge und 0,051 mm grösste Weite.
Selbst diese Formen können mit einem Netz, das Müllergaze No. 14 als filtrierende Fläche besitzt,
n u r ganz zufällig erbeutet werden, wenn z. B. in dem Netz durch einen reichlichen Fang
zahlreiche Poren bedeckt sind.
Auf der Plankton-Expedition is t H e n s e n ’s grosses Planktonnetz mit Müllergaze No. 20
angewandt worden und im allgemeinen aus 200 m Tiefe senkrecht emporgezogen worden. Während
in dem warmen Gebiet1) des atlantischen Oceans sich eine ausserordentliche Mannigfaltigkeit in
den eupelagischen Tintinnodeen-Arten zeigt, finden sich nördlich davon verhältnismässig wenige
Formen. Nach dem Material der Plankton-Expedition, das in wertvoller Weise durch V a n h ö ffe n s
Fänge ergänzt wird, kann ich als eupelagische Arten des nordatlantischen und arktischen Gebietes
folgende Formenkreise bezw. A rte n bezeichnen:
1. Dictyocysta elegans Ehrbg..
2. Formenkreis von Gyüarooylis äenticulata, vor allem die beiden kleinen Arten C. denttr
culata und G. edentata.
3. Formenkreis von Ptychocylis urmda, und zwar in erster Linie P. acuta,, ausserdem die
mehr arktischen Arten P. obtusa und P. Drygalslcii.
4. Formenkreis von T. norvegicus, besonders T. minutus.
Dazu kommen noch in geringer Menge vereinzelte Arten aus dem Formenkreise von
T. acuminatus und wenige noch nicht beschriebene Spezies.
Charakterbestimmend für die offene See im nordatlantisch-arktischen Gebiet sind von den
Tintinnodeen vor allem die beiden oben angeführten Formenkreise aus den Gattungen Gyttarocylis
und Ptychocylis. Sie sind (nach dem Material der Plankton-Expedition) n i c h t im W a rm w a s s e r g
e b i e t vertreten.- Nur in einigen tieferen Vertikalzügen aus dem Sargassogebiet habe ich je
eine oder einige leere Hülsen von V ertretern des Formenkreises Ptychocylis urnula bemerkt.
V a n h ö f f e n h a t während der Hinfahrt nach Grönland in Horizontalzügen an der Oberfläche
Angehörige der PeniicwZate-Gruppe an folgenden Stellen gefunden:
9 —iß Mai, F a h rt von der norwegischen Küste (Ekersund) bis zu den Shetland-Inseln;
in geringer Menge;
19. Mai, etwa in der Mitte zwischen den Faröer und den Hebriden; zahlreich, und zwar
z w e im a l s o v i e l g r o s s e a l s k l e i n e ;
24. 25. Mai, in der Irminger See; zahlreiche echte G. denticulata.
Sämtliche während der Plankton-Expedition nördlich von dem Floridastrom gemachten
Züge mit dem Planktonnetz enthalten V e rtre te r der Denümlata-Gm^e, z. T. in sehr bedeutender
Menge. Am zahlreichsten fanden sie sich in der Irminger See, nächstdem im Labradorstrom,
während sie in der Golfstromtrift in geringerer Menge und in dem arktischen Ostgrönlandstrom
noch spärlicher vertreten waren.
*) Die Nordgrenze desselben wird im Sommer von einer schwach gebogenen Linie gebildet, die etwa von New-
York nach Lissabon oder dem Cap Finisterre gezogen zu denken ist. Im Winter wird sich diese Grenzlinie in südöstlicher
Richtung verschieben.
Bezüglich der einzelnen Arten kann ich aus dem vorliegenden Material folgende
Schlüsse ziehen:
G. denticulata is t nur im nordafclantischen Gebiet (Irminger See und Golfstromtrift) gefunden,
dagegen gar nicht in der Davis-Strasse.
G. edentata is t eine echte eupelagische Spezies, die in sehr grösser Menge in der Irminger
See und im Labradorstrom im Ju li von uns, in geringerer M e n g e von V a n h ö f f e n Anfang Juni
mitten in der Davis-Strasse gefunden ist.
G. gigantea scheint im Gegensatz zu der vorigen Spezies darauf angewiesen zu sein, in
der Nähe der Küste zu leben. Dafür spricht, dass ich sowohl in dem Material von Dr. V a n h ö ffe n
als auch in dem der Plankton-Expedition die Spezies n u r nahe der Küste (bis etwa 100 Seemeilen
von derselben entfernt) gefunden habe, nämlich im Karajak-Fjord, vor dem Umanak-Fjord, in
der Nähe der grönländischen Küste, auf und bei der Neufundlandbank, sowie in der Kieler Bucht.
Hierzu kommt die oben citierte Angabe von V a n h ö f f e n , dass sich an einer Stelle zwischen
den Faröer und den Hebriden vorwiegend g r o s s e Exemplare von G. dmticulata fanden, vermutlich
also G. gigantea. Ähnlich wie G. gigantea verhält sich nach dem bis jetzt vorliegenden Material
auch G. media.
Angehörige des Formenkreises von Ptychocylis urnula h a t V a n h ö f f e n auf der Hinfahrt
nach Grönland in Oberflächenfängen auf der Strecke von den Shetlandinseln an bis in die Mitte
der Irminger See (16.—25. Mai) angetroffen.
Die Fänge der Plankton-Expedition aus dem nordatlantischen Gebiet enthalten abgesehen
von zwei Zügen in der Golfstromtrift sämtlich V ertreter dieses Formenkreises, und zwar in besonders
grösser Zahl im freien Wasser der Irminger See und des Labradorstromes.
Von den einzelnen Spezies is t P. urnula bisher nur aus der Golfstromtrift und der I i-
minger See bekannt. Die kleine A rt P. Drygalslcii is t in dem von der Plankton-Expedition durchfahrenen
Gebiete g a r nicht, sondern nur in der Davis-Strasse beobachtet worden. Sie scheint
eine arktische Spezies zu sein. P. obtusa endlich scheint nur im Westen vorzukommen, denn sie
is t bisher nur im Labradorstrom und in der Davis-Strasse gefunden, dagegen in der Golfstromtr
i f t und in der Irminger See vermisst worden.
Dictyocysta elegans is t bei der Plankton-Expedition in z. T. ungeheuren Mengen in der
Golfstromtrift und in der Irminger See gefangen worden, ausserdem in bedeutend geringerer
Zahl noch, an der Grenze des Florida- und Labradorstromes. Da wir die Spezies bei der Plankton
Expedition nickt in den arktischen Strömen gefunden haben, und da auch V a n h ö f f e n sie
in keinem seiner Fange aus dem Kärajak-Fjord (trotz einwandfreien Netzzeuges) erbeutet hat,
so kann man Dictyocysta elegans nur als eine eupelagische Spezies des nordatlantischen Gebietes
bezeichnen. Sie findet sich in dem Keil von wärmerem Wasser, der sich zwischen die arktischen
Ströme bei Grönland und den asiatischen Teil des Eismeeres schiebt. Dass V a n h ö f f e n auf der
Hinfahrt nach Grönland kein einziges Exemplar im nordatlantischen Gebiet gefangen hat, kann
verschiedene Ursachen haben. E r h a t nur Oberfiächenzüge gemacht, verhältnismässig grobes
Netzzeug angewandt und endlich im Mai untersucht, während die Plankton-Expedition das Gebiet
im Ju li durchfahren hat. Dass im September in der Gegend der Hebriden noch sehr zahlreiche
Exemplare Vorkommen, haben H em sen und M ö b iu s durch die erste Holsatia-Fahrt nachgewiesen.
Ferner geht aus dem Material der Plankton-Expedition hervor, dass diese Spezies auch Ende
Oktober von dem Kanal bis in die Nähe der Azoren allerdings in sehr geringer Menge vorkommt