hinweist. Am 14. Februar 1874 in Stat. 153 wurde an der Grenze des antarktischen Eises in
65l/ s 0 südlicher Breite südlich vom Amerikanischen Continent (79° 49 östlicher Länge) ein Exemp
la r der „short-bodied forms“ an der Oberfläche des Meeres gefangen, dessen Rumpf 2 mm, dessen
Schwanz 10 mm lang war, dessen Bestimmung aber nach der Rückkehr der Expedition nicht mehr
möglich war. Sicher war die Form keine Fritillaria, die von den Engländern als „long-bodied
forms“ bezeichnet werden, und da alle übrigen bis je tz t bekannten Gattungen mit einziger Ausnahme
von Oikopleura auf die warmen Ströme beschränkt sind, wird man vorläufig auf eine
Oikopleura schliessen müssen. Die Oberflächentemperatur betrug — 1,4° C. (29,5° F.).
Ausführlicher, aber auch nur einen Fundort betreffend, sind die Beobachtungen aus der
nördlichen Halbkugel. In der Behringstrasse1), dicht unter dem Polarkreis, in etwa 66° nördlicher
Breite, fand C h am is s o (1815 — 1818) (2) die ersten Appendikularien. Seiner kurzen Beschreibung
und nur den Habitus wiedergebenden Abbildung nach is t auch diese Form, die er
Appendicularia flabellum nennt, eine „short-bodied form“. Sie is t lebhaft gefärbt und von überraschender
Grösse: der Rumpf is t mehr als 6 mm lang („vix quartam pollicis partem aequans“),
der Schwanz zwei- bis dreimal so lang. 1826 h a tte M e r t e n s Gelegenheit, ebenfalls in der
Behringstrasse zu fischen (13). Es war im August in der Bucht des heiligen Kreuzes. Die Menge
der Appendikularien überstieg „alle E rw artu n g “. Vom Boote aus waren die Tiere leicht zu beobachten,
w ie s i e m e i s t t r u p p w e i s e u n d m e h r a n t i e f e r e n S t e l l e n a l s u n m i t t e l b a r
a n d e r O b e r f l ä c h e d u r c h d a s W a s s e r s c h w am m e n , ein jedes Tier ausgerüstet mit
einem grossen Gallertgehäuse, nach welchem M e r t e n s die Tiere Oikopleura nannte. Sowohl von
den Appendikularien seihst wie von dem neu entdeckten Gehäuse giebt M e r t e n s eine sehr ausführliche
Beschreibung, die von sehr genauen, von vortrefflicher Beobachtung zeugenden Zeichnungen,
begleitet ist. Auch diese Appendikularien sind „short-bodied“, lebhaft gefärbt und von
derselben erstaunlichen Grösse, wie die Form C h am is s o s. Der Rumpf is t 5— 6 mm lang, der
Schwanz etwa 20 mm. (Taf. I, Abbildung in natürlicher Grösse). Es is t daher sehr wahrscheinlich,
dass beide Forscher dieselbe A r t vor sich gehabt haben. Da indes eine Wiedererkennung
nur nach M e r t e n s ’ Beschreibung möglich sein wird, und auch n u r nach dieser die Gattung zu
identifizieren ist, so muss die erste Benennung von C h am is s o fallen und Oikopleura Ghamissonis
M e r t e n s als gültig angenommen werden. Wie die Rückenansicht des Tieres auf Taf. II, zeigt,
is t die Bildung des Darmknäuels ganz genau dieselbe, wie hei denjenigen Formen, welche später
Fol in seine Gattung Oikopleura gestellt h a t; vor allem ist d e r M a g e n a b s c h n i t t z w e i l a p p i g
u n d s a t t e l a r t i g ü b e r d e n m e d ia n u n d v e n t r a l g e l a g e r t e n E n d d a rm g e l e g t ,
w ä h r e n d d i e S p e i s e r ö h r e a n d e r l i n k e n S e i t e d o r s a l in d e n M a g e n e in m ü n d e t
u n d a l s o a u f dem v o r d e r e n A b s c h n i t t d e s M a g e n s a u f r u h t . Als charakteristisch für
diese A r t aber ergiebt die Darstellung den Besitz von Munddrüsen, die kugelige Form der entwickelten
Keimdrüsen, die etwas ventralwärts hinabzuwuchern scheinen und die extreme Grösse
des ganzen Tieres. S te llt man die grössten bisher bekannten Appendikularien zusammen, so steht
Oik. Ghamissonis M e r t. in der Mitte zwischen Stegosoma magnum (L g h .) C h u n und Megalocereus
abyssorum C h u n , wie folgende Zusammenstellung zeigen mag:
*) Auf der Karte der Meeresströmungen in Andree’s Allgem. Handatlas 1880 reicht ein Anslänfer der warmen
Kuro-Shio-Strömung bis in die Behringstrasse hinein. Doch beruht nach Krümmel (S. 498 und 499, Bd. 2) die Annahme
eines solchen Stromes au f der falschen Verwendung von Temperaturmessungen in Buchten. In der Behringstrasse kommen
nur Strömungen kalten Wassers vor (cfr. auch Karte).
1) Oikopleura albicans L e n e k . 1), Rumpf länge 3 mm, Schwanzlänge 8 mm.
2) Stegosoma magnum (L gh.) Ch.2), „ 3 ^ „ 12 „
3) Oikopleura Ghamissonis M e r t., „ 6 „ „ 20 „
4) Megalocereus abyssorum C h u n , „ 8 „ „ 24 „
Dazu kommt endlich ein höchst eigenartiger Bau des Gehäuses. Ob die Färbung des
Tieres als Artkennzeichen verwertbar is t, erscheint mir nach den grossen Schwankungen derselben
bei Oikopleura dioica F o l in der Ostsee zweifelhaft. Ich glaube aber, dass die übrigen
Kennzeichen in Verbindung mit dem Fundort und der Zeit des Auftretens (August) völlig genügen,
eine Identifizierung zu ermöglichen und zu beweisen, dass bis jetzt diese A rt nicht wieder
gefunden ist.
Übersicht der bisher bekannt gewordenen Appendikularien der kalten Meeresströmungen.
Nr. Artbezeichnung. Nördliche Halbkugel. Südliche Halbkugel.
1 . Oikopleura labradoriensis no v. sp. Davis-Strasse, Nordatl. Oc.
2. Oikopleura vanhöffeni no v. sp. Davis-Strasse, Nordatl. Oc.
3. Oikopleura chamissonis M e r t. Behringstrasse
4. Fritillaria borealis no v. sp. Davis-Strasse, Nordatl. Oc, Küste von Feuer land.
1) Synonym mit Oikopl. cophocerca von Fol, während Oikopl. cophocerca Gegenb. eine ganz andere Art repräsentiert.
2) Synonym mit Oikopleura magnum Langerhans und Stegosoma pellucidum Chun.