
I. Gren. Diaptomus Westwood.
Wie bei allen Centropagiden ist der Vorderleib diesér sehr schlanken Tiere deutlich von dem viel
kürzeren und schmaleren Hinterleibe geschieden.
Der C e p h a lo th o r a x ist von den Seiten her zusammengedrückt1) und. hat, von oben betrachtet,
etwa die Grundform einer Ellipse. Im speziellen ist die Form für jede Art charakteristisch (Taf. 8 Fig. 1. u. 7,
Taf. VI Fig. 1 u 7). Er besteht stets aus sechs Segmenten, von denen die beiden letzten allerdings mehr
oder weniger, ja sogar vollkommen miteinander verschmolzen sein können.2) Das erste Segment ist das
längste, die übrigen nehmen in der Reihenfolge ihrer Ordnung an Länge gradweise ab.
Oberhalb der Mitte des Rückenschildes des ersten Segmentes befindet sich stets eine Querfurche,
die oft in der Form eines liegenden S gebogen ist (Taf. II I Fig. 7). Da diese Furche nicht bis zum
Seitenrande des Rückenschildes reicht, und die ventrale Chitinplatte niemals eine ähnliche Furche an
der korrespondierenden Stelle zeigt, so ist dieselbe auch n i c h t a ls G r e n z e zw e ie r S e gm e n te
a u f z u f a s s e n .8) Die Seitenwände des Rückenschildes sind oberhalb der Mitte jederseits etwas eingefaltet.
An der Stirn endet dasselbe in ein gabelförmig gespaltenes, kurzes Rostrum, das nach der ventralen
Seite umgebogen ist (Taf. III Fig. 2). Oberhalb des Rostrums treten durch die Chitinbekleidung (ebenso
wie bei den Harpacticiden4) und Cyclopiden) zwei zarte Sinneshärchen.
') Da deshalb abgestorbene oder noch lebende Tiere, falls letzteren eine nicht genügende Wassermenge zu Gebote steht,
aüf eine der beiden lateralen Flächen zu liegen kommen, so hat eine Anzahl Autoren Abbildungen von Tieren gegeben, • welche
sich in dieser Lage befinden. Da sich aber nur bei einem auf der ventralen Fläche liegenden oder frei schwimmenden Exemplare
die charakteristischen Umrisse des Vorderleibes erkennen lassen, so sind solche Zeichnungen nicht imstande, den Habitus der
betreffenden Art wiederzugeben.
2) Deshalb geben Gr über für D. gracilis (Über zwei Süsswasser-Calanid.) und v. Daday für D. sali nun (Monogr. Eucop.
Taf. IV Fig. 16) nur fü n f Segmente an.
) S a r s ’ Angabe (Oversigt. p. 216): „Cephalothorax segmentis constahs 7, quorum anteriora duo indistincte sejuncta
caput componünt“ ist deshalb ungenau. De Guerne und R ic h a rd (Révision des Cal. p. 9) haben mit der S a r s ’sehen Genus-
Diagnose auch diese Angabe aufgenommen.
4) Teil II p. 8, 79, 87. — Für die Cyclopiden habe ich diese Sinneshärchen, welche G ie s b re c h t (Pelag. Copep.)
als die beiden Härchen des Frontalorgans bezeichnet, nicht angegeben. Sie fehlen, wie hier nachträglich noch bemerkt sein mag,
keiner der von mir untersuchten Arten.
Auch soll nicht unerwähnt bleiben, dass Claus für eine Anzahl P el ti d i en-Ar ten (Copepodenstudien. I. Heft: Peltidien)
das Vorhandensein sowohl dieser beiden Sinneshärchen wie solcher an anderen Stellen des Körpers nachgewiesen hat.
Dass das Rostrum wie C l a u s 1) meint ein. „Schutzapparat für die in der Tiefe liegenden
Weichteile, namentlich für das Auge“ sei, ist nicht anzunehmen. Es erhellt dies schon aus der grossen
Zartheit dieses Organs und aus dem Umstand, dass es bei einigen Arten kaum bis zum Auge reicht
oder dasselbe nur zum kleinen Teile bedeckt.
Das letzte Cephalothoraxsegment ist für jede Art und in derselben wieder für jedes der beiden
Geschlechter charakteristisch gebaut. Im allgemeinen steht folgendes fest: da der mittlere Abschnitt
stets stark verkürzt ist, die beiden seitlichen Partien aber mehr oder weniger nach hinten verlängert sind,
so bildet der mittlere Teil des Hinterrandes keine gerade, sondern eine nach vorn gebogene, konkave Linie.
Jeder der beiden mehr oder minder verlängerten seitlichen Abschnitte trägt in der Regel zwei kleinere
p;der grössere Dornen (Taf. III Fig. 8), die ein wichtiges Genusmerkmal darstellen. D ie s e D o rn e n s in d
m o d i f i z i e r t e S in n e s h d r e h e n , wie solche bekanntlich an allen Regionen des Copepodenleibes auftreten2),
und müssen — sobald man die Sinnesnatur jener Härchen anerkennt — auch als Sinnesdornen bezeichnet
werden. Der Beweis für diese Behauptung liegt darin, dass sich u n u n t e r b r o c h e n e Ü b e r g
ä n g e von dem zartesten Sinneshärchen bis zum stark chitinisierten Dorne nachweisen lassen, so dass es
in vielen Fällen, besonders an dem linken Flügel des männlichen Körpers (Taf. III Fig. 3) nicht möglich ist,
zu entscheiden, ob ein solches Gebilde zu den Sinnesdornen oder den Sinneshärchen zu stellen ist. Beim
Männchen von D. salintis ist an einem der beiden Flügel noch ein drittes und bei einigen ausserdeutschen
Arten3) sind noch mehrere Sinneshärchen zu Sinnesdornen umgewandelt.4)
Beim Weibchen sind die Sinnesdornen stets grösser und stärker als. beim Männchen (Taf. III Fig. 8
u. 9), und zwar übertrifft bei beiden Geschlechtern der äussere Dorn den inneren in der Regel an Grösse*
Beim Weibchen stehen die Sinnesdornen oft an der Spitze besonderer Erhebungen (Loben). (Taf. I Fig. 1 u 2).
Während beim Weibchen die seitlichen Partien stets zu grösseren oder kleineren Flügeln5) ausgezogen
sind, sind sie beim Männchen nur wenig verlängert und in der Regel abgerundet (Taf. TU Fig. 9). Dieser
Dimorphismus scheint mir darauf hinzudonteu, dass die flügelförmigen Fortsätze des Weibchens in irgend einer
Beziehung zum Geschlechtsleben stehen. Wahrscheinlich verhindern sic ein Abgleiten des Greifhakens des
rechten männlichen Fusses, mit welchem das Weibchên während der Copulation erfasst wird (s. später), nach
) C lau s, Zur Anatomie etc. p. 5: „Das Rostrum hat ohne Zweifel die Bedeutung eines Schutzapparates für die in
der Tiefe gelegenen Weichteile, namentlich für das Auge, welches hei der zarten, weichen Umgehung eines besonderen Schutzes
bedarf. Die Entfernung beider Vorsprünge (der beiden Rostralfäden) steht auch mit der Lage uud Grösse des Auges in notwendiger
(!) Beziehung, indem sie fast genau der Breite des darunter gelegenen Pigmentkörpers entspricht.“
2) cf. Teil I dieser Arbeit p. 38 - 35. An dieser Stelle bin ich , da mir der Ort nicht passend erschien, nicht näher
auf die Sinnesnatur dieser Dornen eingegangen. Teil II p. 29 Anm. 1 habe ich die Sinnesdornen für das fünfte Fusspaar der
Diaptömis-Arten bereits erwähnt.
8) cf. D. spinosus v. Daday (Conspect. Crustac. p. 130—132) besonders die dazugehörigen Fig. 1 u. 4 auf Taf. VT.
— Für das Weibchen v. D. unguictilatus (ebenda p. 118—120) giebt derselbe Forscher drei bis vier Dornen an. Nach der Abbildung
von: de Guerne und R ic h a rd (Documents nouveaux, Taf. V Fig. 3) soll die Bewehrung mit Sinnesdornen aber für die
identische Art D. alluaudi die oben gekennzeichnete normale sein. Sicher unterliegen diese Verhältnisse mannigfachen Schwankungen.
4) Das Vorhandensein von Dornen ist für sehr viele Arten durch die einzelnen Autoren angezeigt. Da dieselben die
Sinneshärchen und die Übergänge von denselben zu den Dornen nicht kannten, so blieb ihnen auch die Sinnesnatur der letzteren
unbekannt. Es ist deshalb auch erklärlich, dass sie nur die augenfälligsten Dornen beachteten, und dass sie in den Fällen, in
welchen die Sinnesdornen sehr zart, h a a r fö rm ig blieben, ein Fehlen derselben angaben. (Vergl. z. B. de G u ern e et
R ic h a rd , Révision des Galanid. Taf. II Fig. 15 n. 21).
’’) Über die Ansicht N o rd q u ists betreffs der Funktion der sehr ähnlichen Flügel im Genus Euyytemora's. später.