Ausbildung aller .übrigen Tentakeln am Unteren Pol zuzuschreiben. B o v e r i erschloss den
Zusammenhang zwischen Arachnactis und Edivardsia aus der gleichartigen Anordnung der Septen-
muskulatur beider. Schon v a n B e n e d e n sprach sein Bedenken dagegen aus, auf Grund.der
von ihm beobachteten Entwicklung der ersten Septen und suchte sich durch die Annahme zu
helfen, dass das von B o v e r i untersuchte Object nicht Arachnactis gewesen sei. Nun weist
C a r lg r e n 1) nach, dass die Septemnuskulatur der Gerianthidcn nicht mit der der Edivardsien, sondern
mit der der Alcyonarien (Octactinien) genaue Uebereinstimmung zeigt, wenn man hei letzteren
eine hintere, bei ersteren eine vordere Schlundrinne annimmt. Nach meinem Material lässt sich
diese Frage nicht entscheiden weil die Septenmuskeln zu wenig entwickelt waren. Immerhin
zeigt sich, dass nach dem Auftreten der ersten acht Septen noch vier Septen am vorderen Pol
sich anlegen nnd dass nach dem Erscheinen von zwölf Septen erst eine Periode der Septenent-
wicklung am hinteren Ende beginnt, dass also die Anologie zwischen den ersten acht Septen der
Arachnactis und den acht Edwardsiasepten nicht aufrecht zu erhalten ist.
Bezeichnet man demnach das Richtungsseptenpaar an der Schlundrinne mit I, die übrigen
Paare nach dem hinteren Pole zu mit II, I I I und so fort, so ergiebt sich die Septenentwicklung
bei Arachnactis nun nach folgendem Schema:
IV. VI. V. II I. II. I. VII. VIII. etc. oder genauer wenigstens in nicht seltenen
Fällen: IV. VI. V. III. V lla . TL. I. V IIb . VIII. etc.
Die Entwicklung beginnt mit einem 4-Septenstadium ohne Tentakeln gleich nach der
Einstülpung. Nach dem acht-Septenstadium t r i t t hinten der erste unpaare Tentakel, der erst sehr
viel später ein Gegenüber findet, nach dem zwölf-Septenstadium vorn der zweite definitive
unpaare Tentakel über der Schlundrinne auf.
Was zum Schluss die Stellung von Arachnactis anbetrifft, so betrachtet C. V o g t dieselbe
als eigene G attung auf Grund seiner Beobachtung reifer Geschlechtsproducte im freischwimmenden
Thier. E r sag t: „On peut caractériser le genre Arachnactis p a r un seul mot: Ge sont des
Cérianthes n a g e a n t s Es is t nun meiner Ansicht nach nicht zulässig, neue Gattungen allein
wegen besonderer Lebensgewohnheiten aufzustellen oder anzuerkennen. Zweitens is t es mir sehr
unwahrscheinlich, dass V o g t wirklich reife Geschlechtsproducte hei dem von ihm erbeuteten
4 cm langen-Exemplar beobachtete. Ich habe Grund anzuuehmen, dass seiner Abbildung (lc. Taf. I
Fig. 1) ein Exemplar zu Grunde lag, das sich auf demselben Stadium, wie das in Fig. 2 dargestellte,
befand, weil bei beiden ungefähr die gleiche Anzahl von Tentakeln auftreten und beide
Exemplare zu gleicher Jahreszeit fast am gleichen Orte gefunden wurden. Allerdings giebt V o g t
an, dass seine ausgewachsene Arachnactis 4 cm mass. Leider habe ich die lebenden Thiere nicht
gemessen; doch bemühte ich mich, dieselben in natürlicher Grösse zu zeichnen. Ich war' nun
sehr verwundert hei den Alkoholpräparaten, die allerdings deutlich contrahirt waren, so geringe
Körperlänge von höchstens 15 mm zu finden, da die Thiere mir weit grösser, mindestens zolllang
erschienen waren. Die Tentakeln nun, welche g a r keine Schrumpfung zeigen, messen allerdings
4 cm. Vergleicht man nun das Verhältniss von Tentakeln und Körperlänge in Fig. 2,
die direct nach dem Lehen entworfen wurde, so zeigt sich hier die Länge von Körper und
Tentakeln fa st gleich, so dass anzunehmen ist, auch meine Exemplare sind lebend bis 4 cm lang
gewesen.
’) Öfversigt af Vetenskaps Academiens Förhandlingar. Bd. 50, 1893.
Die Untersuchung auf Schnitten aber ergab, dass die Geschlcchtsprodukte auf diesem
Stadium noch wenig entwickelt waren, dass ganz junge Genitalsepten neu sich anlegten, dass
eine 4 cm lange Arachnactis also noch nicht geschlechtsreif ist. Ich muss mich daher der Ansicht
von G o s s e 1), A g a s s i z , A n d r e s 2) und B o v e r i gegen C. V o g t anschliessen, dass Arachnactis
ein junger Gcrianthus ist. Welche A r t dabei in Frage kommt, kann man mit Sicherheit nur
durch Beobachtung der W eiterentwicklung von Arachnactis feststellen. Doch lässt sich vermuthen,
dass dieselbe nach Beendigung ihres pelagischen Daseins in schlammiger Röhre anf dem Grunde
des Meeres steckend sich zu einer Actinie entwickelt, die dem an der britischen Küste heimischen
Gerianthus Lloydii G o s s e sehr nahe steht. Die Farben dieses Thieres, das C a r l g r e n schön abbilde
t3), erinnern genau an die Farben der Arachnactis, auch reicht lU der 60—-70 Septen dieser
Actinie fa s t bis zum Grunde der Körperhöhle herab, während bei G. membranaceus allein zwei
Septen neben der Schlundrinne so weit verlängert sind. Dennoch wage ich nicht, Arachnactis
albida als Jugendstadium zu Gcrianthus Lloydii zu rechnen, weil nach der Abbildung C a r l g r e n ’s
die Tentakeln des erwachsenen Thiers schwächer, schmäler und kürzer als bei dem vermeintlichen
Jugendstadium erscheinen. Vielleicht sind die britischen Individuen in dieser Beziehung
besser als die norwegischen entwickelt. Man muss eben weitere Beobachtungen abwarten. Bis
solche vorliegen, muss der Name Arachnactis beibehalten werden.
*) Actinologia britannica 1860.
4 Fauna und Flora des Golfes von Neapel 1884.
3) Svcnska Vetenskaps Academiens Förhandlingar N. F. 25 1892.