Aussenastsegment. Bei den untersuchten deutschen Tieren fand ich ihn stets zweigliedrig.1) Das apikale
Ende ist ausser mit einem Kranze feiner Haare mit zwei kurzen Dornen bewehrt. Die Borste des fast
quadratischen Endgliedes2) reicht bis zur Spitze des schwachgebogenen Hakens und übertrifft die äussere
dornartige Verlängerung an Länge um etwa das Dreifache.
Die Sinnesdornen der ersten Basälsegmente des männlichen Fusspaares stehen (Taf. III Fig. 12) auf
kleinen Erhebungen (Fig. 13) und sind bei weitem kleiner als das analoge Organ des weiblichen Fusses. Der
eingliedrige Innenast des rechten Fusses bildet durch seine Form und ausserordentliche Grösse eins der wichtigsten
Charaktermerkmale der Art. Er stellt sich dar als ein dicker Zapfen, der bis über die Mitte des zweiten
Aussenastgliedes reicht3) und in eine scharfe Chitinspitze endet, über welcher einige Dörnchen stehen. Die
äussere apikale Ecke des ersten Aussenastgliedes ist in der Regel in einen grösseren oder kleineren Fortsatz
ausgezogen. In einigen Fällen war dieser Fortsatz sehr gross, deutlich vom Segment abgesetzt, also
zu einem selbständigen Stachel geworden (Taf. II I Fig. 14 St.). Der kräftige Dorn des zweiten Aussenastgliedes
ist etwa in der Mitte des Aussenrandes eingelenkt und stets gebogen. Der Greifhaken ist nur
mässig gebogen.4)
Die Innenrandpartie des zweiten Basalsegments des linken Fusses ist durch eine Längsfalte etwas
abgeschnürt. Die Grenze zwischen den beiden Gliedern des Innenastes ist häufig undeutlich.5) Die klauenförmige
Verlängerung des zweiten Aussenastgliedes6) ist von mittlerer Länge. Der Endabschnitt des Anhanges
dieses Segments ist nicht wie bei den meisten anderen Arten haarförmig, sondern ähnlich wie eine
Flaumfeder in mehiere (4—6) an der Basis miteinander verschmolzene Partien gespalten, ein Verhältnis,
welches für D. gracilis in hohem Grade charakteristisch ist.7)
Der E i b a l l e n besteht, je nachdem die Art ein grösseres oder kleineres Gewässer belebt, aus
3) Von de Guerne u. R ic h a rd und von v. D ad ay dagegen wird er eingliedrig angegeben. N o rd q u is t,
welcher ihn „gewöhnlich undeutlich zweigliedrig“ gefunden Lat, bildet ihn ebenso ab. G ru b e r zeichnet ihn als aus zwei
Segmenten bestehend, sagt aber, dass er nur „noch eine Andeutung der Zweigliedrigkeit zeige, ohne jedoch in zwei getrennte
Teile zu "zerfallen.“ Bei Exemplaren, welche, wie die von G ru b e r untersuchten, gleichfalls dem Bodensee entstammten,
konnte ich eine d e u t lic h e Zweigliedrigkeit beobachten. — B rad y zeichnet ihn deutlich zweigliedrig.
2) Nach B ra d y s Fig. 6 (Taf. XII) soll das Endglied mit dem vorhergehenden verschmolzen sein (?).
3) v. D ad ay zeichnet Taf. V Fig. IQ entgegen allen übrigen Autoren den Innenast sehr kurz, nur bis zum Ende
des ersten Aussenastgliedes reichend. Für das zweite Basalsegment desselben Fusses giebt er auch eine hyaline Lamelle an,
die der Art stets fehlt. Dass diese Angaben auf einem Irrtume beruhen, ist wohl ohne Zweifel. Wahrscheinlich hat ihm
das Männchen einer anderen Art (D. coeruleus? cf. aber Anm. 7 d. S.) Vorgelegen.
4) Die Angabe von S a rs , N o rd q u is t, de G uerne e t R ic h a rd und B rad y , dass der Greifhaken s ta rk gebogen
sei, ist, wenn man die entsprechenden Verhältnisse anderer Arten (z. B. D. graciloides, salmus, wierzejskii) berücksichtigt,
sicher ungenau.
5) Von allen anderen Forschern wird der Innenast deshalb eingliedrig gezeichnet. B rad y s Darstellung desselben
in Fig. 7 auf Taf. XII ist mehr denn sonderbar.
®) N o r d q u is ts Vermutung, dass dieses Segment zw ei klauen förmige Verlängerungen habe, ist irrtümlich. —
G ru b e r giebt den Aussenast fälschlich als eingliedrig an.
^ S a rs hat diese Verhältnisse nicht beobachtet. Die übrigen Forscher glaubten, in den einzelnen, an der Basis
zusammenhängenden Abschnitten selbständige Borsten vor sich zu haben: G ru b e r zeichnet eine Borste mit zwei nach aussen
gerichteten Fiedern; Daday lässt die Borste mit vier Paaren sich genau gegenüberstehender Fiedern besetzt’sein ;IN o r|d-
q u is t und de Guerne u. R ic h a rd zeichnen einen Vorsprung, an dessen Spitze einige Härchen stehen. Brady stellt
Taf. XI Fig. 9 die Verhältnisse ebenso dar wie die zuletzt genannten Forscher; in Taf. XII Fig 7 dagegen zeichnet er nur
eine einfache Borste. Dieser Fall muss zweifellos als ein abnormer betrachtet werden.
einer grösseren oder geringeren Anzahl von Eiern. Die geringste von mir beobachtete Zahl betrug vier,
die höchste mehr denn fünfundzwanzig.’)
F ä r b u n g ; Das stark hyaline Tier ist zum grössten Teil farblos; nur die Grenzen der Cephalo-
thoraxsegmente zeigen meist eine intensive Blaufärbung. Blaue oder rote Fetttropfen sind in der Regel
im Vorderleibe zu beobachten. Die Extremitäten zeigen in ihren Basalabschnitten an den Grenzen ihrer
Segmente gleichfalls einen Anflug von Blau. Die Chitinumkleidung der weiblichen Geschlechtsöffnung ist
meist rot gefärbt.
G r ö s s e : 1—1,5 mm.
V o rk om m e n : D. gräcilis bildet ein Hauptglied unserer Seenfauna; aber auch in kleineren Gewässern
habe ich ihn oft gefunden. Der Angabe G ru b e r s, „dass er sich bei Tage in der Tiefe aufhalte
und nur bei Nacht an die Oberfläche komme, wobei er die Nähe des Ufers immer vermeide,“ kann ich
entgegen halten, dass ich ihn in den von mir untersuchten Gewässern auch am Tage und in den oberen
Wasserschichten und der Nähe des Ufers angetroffen habe.
Aus Deutschland ist er bekannt geworden durch G r u b e r aus dem Bodensee, durch R e h b e r g 2)
aus der Umgegend von Bremen, durch Poppe 3) von derselben Lokalität und aus einer grösseren Zahl von
Wasserbecken des nordwestlichen Deutschlands, durch Z a c h a r i a s aus mehreren Gewässern des Hirschberger
Thaies in Schlesien,4) aus einer grossen Zahl von Seen der norddeutschen Tiefebene5) und aus dem
Müllroser-, Faulen- und Scheibler-See bei Frankfurt a. O.,6) durch S e l ig o 7) aus einer grossen Anzahl west-
preussischer Wasserbecken und durch H a r tw ig aus mehreren Seen der Provinz Brandenburg.8)
In der Halleschen Gegend habe ich ihn gefunden im Gotthardsteiche bei Merseburg, in Teichen
von Zörbig und in mehreren Tümpeln bei Passendorf und Ammendorf.
Ferner ist er mir noch bekannt geworden aus Gewässern der Eibaue bei Magdeburg, aus dem
Ratzeburger See und Gewässern bei Radziunz in Oberschlesien.9)
J) Die Angabe Gru b e r s, dass D. gracilis „eine sehr geringe Fruchtbarkeit“ habe, ist also nur relativ richtig. Dasselbe
gilt für die Bemerkung von S a rs , welche sich de Guerne u. R ic h a rd zu eigen gemacht haben: „Saccus oviferus
semper ova continet paucissima.“ — Vgl. hierzu p. 29 und Teil I p. 46 dieser Arbeit. — Die regelmässige Anordnung der
Eier, welche die drei letztgenannten Forscher hervorheben, ist durchaus kein Charakteristikum für D. gracilis, sondern stets
dann zu treffen, wenn nur wenige produziert werden (vgl. z. B. die Abbildung von D. salinus Taf. IV Fig. 1).
®) R e h b e rg , Beitr. z. Kenntn., p. 553.
®) P o p p e , Notizen z. Fauna etc.
4) Z a c h a r ia s , Ergeb. einer zool. Exkurs, in d. Glatzer-, Iser- u. Riesengeb. und Z a c h a ria s , D. Erg. einer
zweit, faunist. Exkurs, an den grossen und kleinen Eoppenteich.
5) Z a c h a ria s , Z. Kenntn. d. pelag. u. litt. Fauna nordd. Seen u. Faunistisch. Studien in westpreuss. Seen.
Z a c h a ria s sagt in der ersten dieser beiden Arbeiten: „Dieser Copepode wurde von mir in allen Seen, die überhaupt eine
pelagische Fauna besitzen, als Mitglied derselben nachgewiesen.“ Wie mir scheint, ist von Z a c h a ria s u. Poppe, der die
Bestimmung des Z a c h a r ia s ’schen Copepodenmaterials ausgeführt hat, D. gracilis öfter mit D. graciloides verwechselt worden;
sicher ist dies mit dem Diaptomus des Gr. Plöner See .geschehen, der nach der citierten Angabe gleichfalls D. gracilis
sein müsste, was aber nicht der Fall ist.
®) Z a c h a ria s , Über das Ergebnis einer Seen-Unters. in der Umgeb. von Frankfurt a. 0.
7) Seligo, Hydrobiol. Untersuchungen.
8) H a rtw ig , Verz. d. lebenden Krebstiere d. Prov. Brandenburg, p. 20.
9) Von den beiden letztgenannten Lokalitäten durch die freundliche Vermittlung der Herren Apotheker Volk
und Dr. W a lte r.