
freilich n u r recht selten, die. Ursache sein. Die darauf hin angestellte Untersuchung ergah indessen
keinen Kupfergehalt in den betroffenen Knochen und man muss daher wohl annehmen,
dass die Verfärbung auf organische Zersetzungsprodukte zurückzuführen ist.
Was das Lebensalter der früheren Träger dieser Schädel betrifft, so muss der Umstand,
dass die im jugendlichen Alter nnr knorpelige Verbindung zwischen Hinterhaupts- und Keilbein
bei allen drei Schädeln bis zur Unkenntlichkeit verknöchert is t, und dass die Weisheitszähne,
soweit sie überhaupt entwickelt sind — hei Schädel Nr. 2 fehlen sie gänzlich — überall durchgebrochen
sind, mit voller Sicherheit auf ein A lte r von über 25 Jah ren hinweisen. Andererseits
sind an zwei Schädeln die Nähte zwischen den eigentlichen Kopfknochen noch nicht verwachsen.
Ihre Besitzer können daher auch kaum ein höheres A lte r als etwa 40 J a h r erreicht haben. An
dem dritten Schädel ist die Verknöcherung der Nähte schon erheblich weiter vorgeschritten, so
dass man ihm ein Alter von wenigstens 45 Jahren zuschreiben darf. Nach dem Grade der Abschiebung,
den die Zähne, soweit sie überhaupt noch vorhanden, sind, zeigen, würde man freilich
clic Schädel nicht unbedeutend ä lte r schätzen m üssen. wenn man die an europäischen Schädeln
gewonnenen Erfahrungen über die Abnutzung der Zähne zu Grunde legen wollte. Aber die Zähne
der Grönländer werden und wurden besonders früher in einer so ausgiebigen Weise als Werkzeug
gebraucht, dass ihre Abnutzung mit der europäischer Zähne, obschon Caries und dergl. hei
jenen fa st niemals beobachtet wird, g a r nicht verglichen werden kann. Ich werde später noch
einmal auf diesen interessanten P unkt zurückzukommen haben. Übrigens h a t der Erhaltungszustand
der Zähne auch einen gewissen Einfluss auf die Geschlechtsbestimmung von Grönländerschädeln.
Infolge ihre r eigentümlichen Lebensgewohnheiten wird nämlich dem Zahnapparat der
Eskimofrauen eine erheblich grössere Arbeit zngemutet, als dem der Männer, und stärkere Abschleifung,
besonders der Schneidezähne, spricht daher oeteris paribus fü r die Annahme, es handle
sich um weibliche Schädel.
Sonst giebt es bekanntlich für die Geschlechtsbestimmung auch allgemein gültige Er-
fahrnngen, die sich auf die Grösse, auf die Profilierung des ganzen Schädels und auf die mehr
oder weniger massige Entwicklung der einzelnen Knochen und besonders an den Stellen, an denen
sich Muskeln und Bänder ansetzen, gründen. Ich glaube mich nicht zu irren , wenn ich nach
allem zwei der Schädel (Nr. 1 und 2) für weiblich und den d ritten fü r männlich erkläre.
Wie schon gesagt, reihen sich diese Schädel den von anderen Autoren beschriebenen
Grönländerschädeln ganz befriedigend an. Alle Masse von Schädeln sind ja bekanntlich bedeutenden
individuellen Schwankungen unterworfen, die teils auf die Körpergrösse und das Geschlecht
ih re r früheren Träger, teils auf erbliche Übertragung und auf verschiedene Gehirnentwickelung
zurückzuführen sind. Die Verhältnisse der einzelnen Masse zu einander sollen aber bei wirklichen
Rassenschädeln in guter Übereinstimmung stehen. Bei den bisher bekannt gewordenen
Grönländerschädeln war dies sogar in einem nicht gewöhnlichen Grade der F a ll und, auch die
vorliegenden Schädel passen in dieser Hinsicht recht gut zu den anderen.
So sind z. B. alle Autoren darüber einig, dass die Grönländer ausgesprochen dolichocephal,
d. h. lang-, resp. schmalköpfig sind, ja sie dürften als ganzes wohl das am meisten dolichocephale
Volk sein, welches man überhaupt kennt. So fand B r o c a (T o p in a r d s Anthropologie, deutsch
von Neuhauss, 1888, pag. 237) für 21 Grönländerschädel einen Längenbreitenindex von 71,7, d. h.
die Breite der Schädel betrug im Durchschnitt nur 71,7 °/o der Länge, während z. B. für deutsche
Schädel dieser Index etwa 80 erreicht. D a v i s (1. c. pag. 239) fand für 14 Schädel einen Index
von 71,3, V i r c h o w (Archiv fü r A nthropol, IV, pag. 76) für 5 einen solchen von 71,8, B e s s e ls
»A r c h iv für Anthropol., VIII, pag. 120) fü r 100 Schädel vom Smithsund (nördliche Ostküste von
Grönland) einen solchen von 71,37 und W e l c h e r (Archiv für Anthropol., XVI, pag. 135) einen
solchen von 72,2 fü r 29 . Schädel.
Unsere 3 Schädel besitzen einen Längenbreitenindex von 71,5, resp. 72,6, resp. 73,1, im
Durchschnitt also von 72,4. Anscheinend sind daher unsere Grönländer etwas breitköpfiger als
die früher beschriebenen. Doch is t zu berücksichtigen, dass bei ihnen die Schuppennähte infolge
der atmosphärischen Einflüsse klaffen, so dass bei der Messung die Schädel etwas zu breit gefunden
werden mussten, und dann, dass sich wahrscheinlich zwei Frauenschädel unter ihnen befinden,
die an und für sich breiter zu sein pflegen als die der Männer, und die unter den oben
erwähnten Schädeln der Autoren merkwürdigerweise sehr spärlich vertreten sind. W e l c h e r
z. B. h a t ausschliesslich Männerschädel gemessen und unter B e s s e l s 100 Schädeln befindet sich
möglicherweise nur ein einziger weiblicher.
Im übrigen is t die Dolichocephalie der Grönländer, wie schon angedeutet, nicht so sehr
auf eine ungewöhnliche Länge, als auf die Schmalheit der Schädel zurückzuführen. Die Maximal-
breiten unserer Schädel betragen trotz ihres verhältnismässig grossen Rauminhaltes doch nur
128, 130 und 139 mm, Zahlen, die bei erwachsenen Deutschen kaum Vorkommen.
Gleichzeitig sind die Grönländerschädel relativ hoch. V i r c h o w fand einen Längenhöhenindex
von 74, B e s s e l s von 77 und bei unseren Schädeln beträgt er 76, während er z. B.
bei Ostpreussen nur etwa 70 erreicht. Diese Hypsicephalie beruht aber auf der absoluten Grösse
der Höhenmasse im Gegensatz zu der der Querdurchmesser. Die Höhe der Grönländerschädel
is t nämlich im allgemeinen bedeutender als die Breite derselben, was bei anderen Rassenschädeln
n u r selten beobachtet wird.
Dass die Höhe und Schmalheit der Grönländerschädel etwa durch eine künstliche Umformung
des Kopfes im kindlichen Alter hervorgerufen worden sei, wie man dies ja von anderen
nord- und südamerikanischen Rassen sehr wohl weiss, is t geradezu ausgeschlossen. Die Grönländer
sind seit vielen Jahren in allen ihren Lebensgewohnheiten ganz genau bekannt, und von
einer derartigen Sitte, den Kindskopf durch Binden etc. umzugestalten, h a t man noch nie etwas
gehört. Auch sind an den Schädeln selbst keine Andeutungen einer solchen Misshandlung nachzuweisen.
Dass etwa krankhafte Vorgänge bei der Verwachsung der Schädelnähte jene eigentümliche
Kopfform hervorgerufen hätten, ist ebenfalls unmöglich, da die Nähte, wenigstens an
unseren Schädeln, zum grössten Teil noch offen, jedenfalls aber nicht frühzeitig verknöchert sind
Die Hypsidolichocephalie, d. k. die Höhe and Schmalheit der Grönländerschädel, ist daher zweifellos
als ein charakteristisches Rassenmerkmal anzusehen. Bekanntlich erinnert der äussere Anblick
der lebenden Grönländer, wie der der Eskimos überhaupt, sofort an den mongolischen Typus
(nach S. H a n s e n allerdings vielleicht noch mehr an den der Indianer). Sie sind ebenfalls untersetzt
gebaut, dunkelhäutig, straff- und schwarzhaarig, langgesichtig, flachnasig, aber mit besonders vorspringenden
Wangenbeinen, dabei dunkel-, schief- und schlitzäugig. Sehr häufig findet sich endlich
auch bei ihnen die Bildung einer halbmondförmigen kleinen H autfalte, die über den inneren Augen-
winkel heriiberzieht, und die als sogenannte Mongolenfalte der Nickhaut bei vielen niederen
Wirbeltieren zu vergleichen sein dürfte. F ü r die nähere Verwandtschaft der Grönländer mit
den nordöstlichen Mongolen dürfte übrigens auch die interessante Thatsache sprechen, dass die