
 
        
         
		die  ausgestreckten  Füsse eines ändern schreiten. Dies alles muss  
 vermieden  werden,  weil  das  Kind  sonst  nicht  zur Welt kommen  
 kann. 
 Die  Gatten  fassen  während  der  Gravidität keinen Baiwafisch  
 a n ,  weil  das  Kind  dadurch  eine Magenentzündung bekommen  
 kann. 
 Man  sieht  in  keinen  Spiegel  oder  hohlen  Bambus,  weil  
 das  Kind  dann  schielen  wird.  Man  isst  keinen  bujuwu  (ein  
 Vogel),  das  Kind  würde  dann  nicht  sprechen  lernen,  sondern  
 nur  die  Töne  dieses  Vogels  von  sich  gehen;  ebenso wenig isst  
 man  in  dieser  Zeit  era  (ein  Holzkäfer),  das Kind wird dadurch  
 brustleidend  werden. 
 Man  macht  kein  Öl,  weil  heftige  Kopfschmerzen  für  das  
 Kind  die  Folge  sein  werden,  ebenso  wenig  kocht man Öl aus,  
 weil  das  Kind  dadurch  einen  wunden  Kopf  bekommt.  Man  
 geht  nicht  an  einer  Stelle  vorbei,  wo  früher  einmal,  der Blitz  
 eingeslagen  hat  und  verbrennt  kein  Blatt,  weil der Körper des  
 Kindes  davon  schwarz  wird.  Man isst keine E u len , aus Furcht,  
 dass  das  Kind  ihren  Buf  nachahmen  wird.  Man  tut  kein Salz  
 in  das  Schweinefutter,  sonst  wird  das  Kind  krank.  Aus  dem-*  
 selben  Grund  isst  man  keine  Insekten  und  legt keinen Eid ab.  
 Die  Schwangere  isst  nicht  aus dem gemeinschaftlichen Kessel,  
 weil  dann  die  Nachgeburt  nicht  von  selbst  geboren  wird  Ü- 
 Nach  Durdik  2)  glauben  viele  Niasser,  dass  die  Umgehung  
 solcher  Vorschriften  bis  in  das  vierte  Lebensjahr  des  Kindes  
 ihren  nachteiligen  Einfluss  ausüben  kann und zwar ist die Zeit,  
 zu  der  die  Strafe  sich  zeigen  wird,  abhängig  von  dem  Zeitp 
 unkt,  an  dem  die  Übertretung während der Schwangerschaft  
 begangen  ist,  in  der  Weise,  dass  eine  in  den  ersten Monaten  
 der  Schwangerschaft  begangene Übertretung sich an dem Kinde  
 rächen  wird  bis  in  den  achten  Monat  seines  Lebens und eine  
 Übertretung  in  der  Mitte  der Schwangerschaft bis in das zweite  
 Lebensjahr  des  Kindes,  während  eine  Übertretung  am  Ende 
 1)  Thomas,  J.  W.,  Sitten  und Aberglauben auf Nias. Globus 1881. 
 2)  Durdik,  P.,  Genees-  en  verloskunde  bij  de  Niassers.  Gen.  
 Tijdschr.  v.  Ned.  Indie.  Deel  XXII.  1882. 
 der  Schwangerschaft,  das  Kind  bis in sein viertes Jahr den verschiedensten  
 Krankheiten,  die  bei  Kindern  in  diesem  Alter  
 Vorkommen  können,  biosstellt. 
 Sundermann  U  teilt  uns  mit,  dass  auf Nias eine schwangere  
 Frau  und  ihr Mann  kein Fleisch von einem Schwein, das eines  
 natürlichen  Todes  gestorben  ist,  essen  dürfen.  Ist  es  doch geschehen, 
   so  werden  die  Knochen  des  Tieres  vor  den  Götzenbildern  
 verbrannt  und  als  Heilmittel  gebraucht,  im  Falle  das  
 später  geborene  Kind  irgendwelchen  Schaden  durch die Übertretung  
 der  Eltern  leiden  sollte. 
 Bei  Modigliani  2)  lesen  wir  noch,  dass  die  Gatten während  
 der Schwangerschaft der Frau kein Holz spalten oder atap durchbohren  
 dürfen,  weil  das  Kind  sonst  mit  einer  Hasenlippe geboren  
 werden  könnte.  Sie  essen  nicht  von  dem  Fleisch  eines  
 totgeborenen  Schweines  aus  F u rch t,  dass  der  Fötus  nicht zur  
 Entwicklung  kommen  wird.  Man  tötet  keine  Tiere ,  damit die  
 Frucht  nicht  dieselben  Schmerzen  fühlen  soll,  die  das  Tier  
 empfindet,  wenn  es  getötet  wird. Soviel wie möglich vermeiden  
 sie  es  eine  tote  Schlange  zu  sehen,  damit  das  Kind  später  
 nicht  anstatt  zu  gehen  über  die  Erde  kriechen  muss.  Sollte  
 es  jedoch  unglücklicherweise  doch  geschehen  se in , so müssen  
 s ie ,  um  das Unheil von dem Kinde abzuwenden, eine lebendige  
 Schlange  töten  und  verbrennen. 
 Unrichtig  jedoch  ist  die  Behauptung  Modigliani’s ,  dass  auf  
 Nias  die  Schuld  an  jeder  bei  der  Geburt  der  Kinder vorkommende  
 Unregelmässigkeit  n u r  der  Frau beigemessen wird. Aus  
 dem  bereits  Mitgeteilten  geht  deutlich  hervor,  dass  nach  dem  
 Glauben  der Niasser das Verhalten des Mannes der schwangeren  
 Frau  ebenso  gut  Einfluss  haben  kann.  Auch  ist  es  unrichtig,  
 wenn er berichtet, dass Unfruchtbarkeit, Erzeugen von Mädchen  
 anstatt von Knaben, Frühgeburten, früher Tod des Kindes u. s. w.  
 stets  auf Bechnung  der  Frau  gesetzt  werden. Nach Modigliani  
 soll  der  Mann  in  solchen  Fällen sich nicht scheuen seine Frau 
 1)  Sundennann,  H.,  Die  Insel  Nias  und  die  Mission  daselbst.  
 Allg.  Missions  Zeitschr.  Band  XI. 
 2)  Modigliani,  E.,  Un  viaggio  a  Nias.  Milano,  1890.