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 zu  ertränken.  Tjune  war  aber  schlauer  wie  sie ;  ohne  dass sie  
 es  merkte,  stellte  er  sich  auf  einen  Felsen  unter  dem W asser  
 und  rief:  „He!  wie  tief  ist  doch  der  Fluss,  ich  kann  mit den  
 Füssen  nicht  auf  den  Boden  k om m en !”  Da  merkte die matianak, 
   dass  es  ih r  nicht  gelingen  würde,  ihn  im  Fluss  zu  ertränken. 
   Sie  brachte  ihn  also zu einem hohen Kokosnussbaum  
 und  befahl  ihm  hinein  zu  klettern. Tjune rief ihr aus der Höhe  
 z u :  „Was  ist  d a s !  Was  ist  das für ein niedriger S trauch! Meine  
 Beine  berühren  den  Boden  und  meine  Nase  die F rü ch te !” In  
 Wirklichkeit  stand  er  aber  im  Gipfel  des  Baumes. 
 Die  matianak  schloss  aus  seiner  Rede,  dass  es ihm unmöglich  
 Schaden  tun  werde,  wenn  sie  ihn  aus  diesem Baum herunter  
 stürzte ,  sie  brachte  ihn  deshalb  zu  einer ganz niedrigen  
 Kokospalme  und  befahl  ihm  hineinzuklettern. 
 Da  schrie  Tjune:  „Zu  Hülfe,  zu  Hülfe!  Ich  werde  fallen  
 und  den  Hals  zerbrechen! ”  Das begriff die matianak nicht und  
 brachte  ihn  nun  auf einen hohen Berg, namens hili Arou Baho,  
 und  wollte  ihn  von  da  in  einen  Abgrund  stürzen.  Tjune aber  
 sagte:  „Was  soll  ich  da  unten  machen? Der Abgrund ist nicht  
 einmal  tief  genug  um  meinen  Fuss  hinein  zu  setzen!”  Wie  
 auch  dies  mislang,  nahm  der  Geist  ihn  mit  zu einem kleinen  
 Erdhügel  und  warf  ihn  herunter.  Tjune  rief  aus:  „Mutter!  
 Hilf m ir !  ich  werde  von  einem  hohen Berg herunter gestossen  
 und  werde  umkommen! ”  Ausser  sich  vor  Staunen  hiess  die  
 matianak  ihn  nun  noch  über  Bambusdornen  laufen.  Der  
 Schlauberger  band  sich  jedoch  schnell Bambusrinden unter die  
 Füsse  und  fühlte  nun  nichts  von  den  Dornen.  Da  begriff  die  
 matianak,  dass  Tjune  ein ganz besonderer Mensch sein müsse,  
 und  dass  es  ih r  nicht  gelingen  werde  ihn  umzubringen.  Sie  
 sprach  zu  ihm : „ Du kannst augenscheinlich nicht sterben ; Geh  
 mit  mir,  hilf  mir  und  entbinde  mich  von  meiner  Fru ch t!?  
 E r  gehorchte  ihr,  zog  an  dem  Kinde  und  brachte es zur Welt.  
 Nun  sah  die  matianak  wieder  aus  wie  jede  andre  Frau ;  sie  
 schnitt  dem  Kind  das  Haar  ab  und  bot  es  Tjune  an  mit den  
 W o rten : „ Ich will Dich in den geheimen Künsten unterrichten.”  
 Sie  liessen  das  Kind  im  Wald  zurück  und  gingen  zu  ihrem 
 Grab  (nelu),  setzten  sich  unter  dem  Sarg  nieder  und  kochten  
 vier  Seekrebse,  ein Menschenschädel diente als Kochschale. Die  
 matianak  forderte  Tjune  auf  mitzuessen,  dieser  aber  tat  nur  
 so  und  warf die Krebse über seine Schulter fort. Nach der Mahlzeit  
 gingen  sie  nach  Hili  Drecha,  ein  Kampong  im  Medjina-  
 gebiet.  Da  setzte  die  matianak  sich  unter  das Haus des salawa  
 (Kamponghaupt)  und  befahl  Tjune  in das Haus zu gehen. Weil  
 das  Haus  geschlossen  und die Leiter weggenommen waren, sah  
 Tjune sich nicht im Stande ihrem Befehl zu folgen. Die matianak  
 nahm  darauf ein Stück von einer Schlingpflanze, o-ö genannt, so  
 lang  wie  der  Unterarm  mit  der  H an d , wickelte ein Haar ihres  
 Kindes  darum  und  sagte  zu  Tjune:  „ In der Mauer des Hauses  
 ist  ein  kleines  Loch;  wenn  die  o-ö  mit  dem  Haar  hindurch  
 geht,  können  wir  es  auch.”  Es  gelang  Tjune  in  der Tat durch  
 das  Loch  in  das  Haus  zu  kommen.  Alle  Bewohner  schliefen  
 und  merkten nichts. Auf Rat der matianak bliess er über sie h in ,  
 dadurch  wurden  die  Leute  bewusstlos.  Nun suchte Tjune nach  
 dem  Gold,  von  dessen  Vorhandensein  er  wusste,  konnte  es  
 aber  nicht  finden.  Er weckte  den  salawa  und  befahl ihm, sein  
 Gold  zu  holen.  Dieser  stand  so  unter  der  Macht des Zaubers,  
 dass  er  sofort  gehorchte  und  das  Gold  aus  einer  Kiste  zum  
 Vorschein  brachte,  worauf  er  gleich  wieder  einschlief. Daraiuf  
 verliess  Tjune  das  Haus  wieder durch die kleine Öffnung in der  
 Wand  und  gab  das  Gold  der  matianak.  Nachdem  sie  ihn  so  
 in  die  geheimen  Künste  eingeweiht  hatte,  ging  er  allerorten  
 auf  Raub  aus.  So  kam  er  auch  eines  Tages  zu  Kafetu Otu im  
 Kampong  Fawunu,  dem  er  folgenden  Streich  spielte:  In  dem  
 Hause  befanden  sich  zwei  neuvermählte  Paare. Tjune trug des  
 Nachts  die  beiden  Männer  von  ihrer  eigentlichen  Schlafstätte  
 weg  und  legte  darauf einen jeden neben die F r a u , die ihm nicht  
 angehörte.  Die  Verwechslung  wurde  erst  bemerkt,  als  es  zu  
 spät  war;  ausserdem  stahl  er  alle  Wertgegenstände. 
 Erst  viel  später  wurde-  er  auf  heisser  Tat  beim  Stehlen  
 ertappt  und  von  Laimba  Louwe  getötet. 
 Wir  lernen  also  auf  Nias  die eigenartige Auffassung ken n en ,  
 dass  der  Geist  der  während  der  Entbindung gestorbenen Frau  
 den  Menschen  manchmal  hilft  Und  die  Männer,  die  ihr  zu 
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