des Körperstoffs, des botò, bleibt bestehen und dies ist dann der
Schemenstoff oder beghu.
Ebenso wie es möglich ist, dem toten botò wieder Lebensstoff
(nòsò) einzuflössen, was aus den Erzählungen über Auferweckung
aus dem Tode hervorgeht, kann auch dasselbe mit
dem Schemenstoff geschehen, nämlich indem man Gebrauch
macht von dem in der lumS lume befindlichen nòsò, den man
einem zu diesem Zwecke geschnellten Menschen geraubt hat.
Dieser beghu ist das „E tw a s ”, das mit den Gebeinen eng
verbunden bleibt, ohne dass seine freie Bewegung dadurch gehindert
wird. Besonders der Schädel wird als sein Aufenthaltsort
angesehen.
Wir haben bereits Gelegenheit gehabt zu beobachten, dass
bei den Niassern noch eine andere Vorstellung des Todes besteht:
Die Menschen sind nichts anders als die Schweine von
Lature (Laturia dane, in Siid-Nias Latsjure genannt). Diese
Schweine (d. h. Menschen) werden von ihm geschlachtet, wenn
sie das richtige Alter dafür haben. Die weichen Teile des Körpers
isst der Gott auf, das übrige lässt er liegen.
Die Eingeborenen haben Kontrolleur Schröder erzählt, dass
der Kopf des Verstorbenen für Lature und das Übrige für
Lowalangi bestimmt ist.
Folgende Legende über die Ursache des Sterbens der
Menschen wird uns von Missionar Fehr 1) mitgeteilt : Als La-
monia die Erde zum Wohnort der Menschen gewTeiht hatte,
wurden aus dem Himmel allerlei Speisen für den Mensch her-
niedei gelassen. Der Mensch wählte die Bananen und warf die
ihm gleichfalls angebotene Schüssel mit Krebsen fort. Weil er
die Bananen ass, müssen die Menschen stèrben. Die Schlangen
dagegen assen die Krebse auf, die nach der Auffassung der Niasser
n u r ihre Schalen abwerfen, aber nicht sterben; daher kommt
e s , dass auch die Schlangen nicht sterben, sondern nur ihre
Haut abstreifen.
Die lume lume kann zeitweise den Körper verlassen, dies
1) Fehr, A., Der Niasser im Leben und Sterben. Rhein. Mis-
sionsschr. No. 115, 1901.
geschieht beim Träumen während des Schlafes. Dass die Niasser
den Träumen eine so grosse Bedeutung beimessen, kommt
daher, dass sie sich dieselben als die Erfahrungen der lumö
lume vorstellen. Es wird ihnen auch prognostische Bedeutung
zugeschrieben. Wenn ein junger Mann, der im Begriff ist sich
zu verheiraten, von Wasser träumt, so bedeutet es, dass die Ehe
mit dem erwählten Mädchen keine glückliche wird. Träumt
er jedoch von jungen Kokosnusspalmen, die zum Pflanzen
geeignet sind, so bedeutet das Glück.
Starker Wind zeigt Krankheit a n , ein Baumstamm bedeutet
einen Sarg und sagt also einen Todesfall vorher.
Träume von Feuer geben zu der Befürchtung Anlass, dass
in der Ehe für Krankheiten viel geopfert werden muss, sieht
man im Traum einen seiner Bekannten graben, so hat man
bald eine Todesnachricht zu erwarten.
Eine Kokosnuss bedeutet einen abgeschlagenen Kopf und
kündet Mord und Überfall an 1).
Wenn eine schwangere Frau träumt, dass sie gefallen sei,
so bringt sie, um abortus zu verhüten, dem adu sawöwo
Opfer 2). Träumt Jem an d , dass unter dem Hause eines seiner
Freunde ein Schwein festgebunden sei, so glaubt er, dass in dem
betreffenden Haus bald einer der Bewohner sterben wird. Sieht
er ein männliches Schwein, so wird ein Mann sterben, ist es
ein weibliches, eine Frau, und wird von einem Spanferkel geträumt,
stirbt ein Kind 3). Träume über trübes Wasser, Wind,
Feuer, Schlangen und Affen haben im Allgemeinen eine ungünstige
Vorbedeutung, sie künden Krankheit oder Unglück
a n ; träumt man dagegen von klarem Wasser, Geldeinnahmen,
jungen Kokosnussbäumen, lebenden Fischen, so deutet das auf
Glück und Wohlergehen.
1) Lagemann, H., Das Niassische Mädchen von seiner Geburt
bis zu seiner Verheiratung. T. I. T. L. en V. K. Deel XXXVI.
2) Durdik, P., Genees- en verloskunde bij de Niassers. Gen.
Tijdschr. v. Ned. Indie. Deel XXII. 1882
3) Kramer, Fr., Der Götzendienst der Niasser. Tijdschr. van Ind.
T. L. en V. K. Deel XXXIII, 1890.