Ein in die Nase gekrochenes Tier suchen die Niasser durch
heftiges Schnäuzen heraus zu treiben und dann mit einer kleinen
Zange oder dem Finger zu entfernen.
Hier müssen auch die Verwundungen, die von Schlangenbissen
herrühren, genannt werden. Wenn in Lölöwua (Ost-Nias)
jemand von einer Schlange gebissen worden ist, sucht man
dieselbe zu fangen. Nachdem sie getötet ist reibt man die Wunde
mit dem Gehirn des Tieres ein. Gelingt es jedoch nicht der
Schlange habhaft zu werden, so wird die Wunde mit Petroleum
eingerieben.
In Nord-Nias (Lahewa) legen die Eingeborenen Sirihkalk auf
die Wunde, wobei sie zugleich eine Zauberformel aussprechen
oder das unter der Rinde des garö-garö mbou (batang baru) sich
befindende Gewebe. Sie nehmen auch wohl Schweineblut, das
sie erhalten, indem sie ein Schwein in das Ohr schneiden.
Ausser allen diesen durch verschiedene Ursachen hervorgerufenen
Krankheiten kann der Tod auch noch durch Ertrinken
eintreten. Wenn die Niasser Jemand bewusstlos aus dem Wasser
ziehen und glauben, dass er noch nicht ganz tod is t, versuchen
sie ihn in ’s Leben zurück zu rufen, indem sie ihn an den
Füssen aufheben. Schwangere Frauen müssen sich vor dem Anblick
eines Ertrunkenen h ü ten , weil sie Gefahr laufen ein Kind
zur Welt zu bringen, das einem Ertrunkenen gleicht.
Die Niasser glauben, dass es Lowalangi ist, der die Menschen
durch Ertrinken umkommen lässt. Im Susuatal, so erfuhr ich
von Kontrolleur Schröder — wird jedoch durch die Eingeborenen
das Ertrinken dem Einfluss der Gottheit Ture Luluwe zugeschrieben
; sie glauben dort, dass bereits vor der Geburt bestimmt
ist, ob Jemand durch Ertrinken um das Leben kommen wird. —
Wir werden nun noch einige Krankheiten besprechen, welche
bei den Niassern Vorkommen und dabei Gelegenheit finden uns
mit ihren Auffassungen über die Ursache und das Wesen derselben
, sowie mit der Behandlungsweise, resp. mit den prophylaktischen
Massregeln zur Verhütung dieser Krankheiten bekannt
zu machen.
Der Gouvernementsdampfer ,.Ceram” in dem Hafen von Lahewa (Nord-Nias).
ZWEITES KAPITEL.
Als die am häufigsten vorkommenden Krankheiten lernte
ich während meines Aufenthaltes auf der Insel Nias Malaria,
Pocken, Dysenterie und besonders verschiedene Hautkrankheiten
kennen.
Von Malaria werden sowohl Eingeborene als dort wohnende
Europäer in hohem Grade heimgesucht. Als die in dieser
Hinsicht ungesundeste Gegend gilt die Westküste der Insel.
Während meines Aufenthaltes auf Nias befand sich dort bei
Sirombu eine militärische Besatzung, von der zu gewissen Zeiten
des Jahres 30 bis 40 °/0 der Soldaten an Malaria litten , obwohl
ihnen regelmässig einige Male per Woche Chinin verabreicht
wurde.
In Telok Dalam (Süd-Nias) im Bivouak variierte die Zahl der
erkranken Soldaten zwischen 7 u n d lO ° /0. Dort wurde regelmässig
prophylaktisch zweimal per Woche Chinin (2 Tabletten
Salzsäurechinin von 0,4 gr.) an die Soldaten und ihre Frauen
ausgeteilt. Nach dem Bericht des Militärarztes war die am
häufigsten vorkommende Form Tropika mit dem Charakter
von tertiana maligna oder regelmässig intermittirendes Fiebei.