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 Mittel  das  Innere  von  der  kulit  bera  an.  Darüber  legt  er  die  
 kulit  selbst  und  verbindet  das  Ganze  mit  einem Tuch. In Süd-  
 Nias  legen  die  Eingeborenen  ein  plattgeschlagenes  Stück  Blei  
 oder  eine  kupferne  Münze,  die  sie  mit  einem  tali  befestigen,  
 auf  eine  blutende  Wunde,  oder  sie  applizieren  eine  zerkaute  
 Sirihprieme  auf  dieselbe.  Man  wäscht  auch  wohl  die  Wunde  
 zuerst  mit  Wasser  aus  und  bedeckt  sie  dann  mit  kulit  kaju,  
 welche  mittelst  eines  Tuches  darauf  festgebunden  wird. 
 Bei  Brandwunden  benutzen die N ordniasser die kulit djambu  
 (uli  ma’  ufa).  Sie  wird  zerstampft  und  der  Saft auf die Wunde  
 geträufelt;  oder  sie  verbrennen  bulu  zolo  ö ,  vermengen  die  
 Asche  mit  Kokosnussöl  und  legen  die  Masse  auf  die  Brandwunden. 
   In  Süd-Nias legt men zerriebene ubi-Blätter (Dioscorea  
 alata)  auf  Brandwunden. 
 Von  den operativen Eingriffen, die bei den Niassern gebräuchlich  
 sind,  müssen  in  erster  Stelle  die  Skarifikationengenannt  
 werden.  Sie  werden  sehr  häufig  bei verschiedenen Krankheitsfällen  
 ausgeführt.  Wiederholt  habe  ich  bei  den  Niassern,  die  
 ich  gemessen  habe,  Narben  bemerkt,  die  in der Begel +  1 c.m.  
 lang  und  die  Folge  von  Skarifikation  sind.  Besonders  bei  
 Schmerzen  in  dem  ein  oder  ändern  Körperteil  werden  diese  
 kleinen  vielfältigen  Einschnitte  mit  einem  Messer  in  die Haut  
 gemacht.  Man  glaubt,  dass  mit dem hervortretenden Blut auch  
 die  Krankheit,  welche  die  Schmerzen  veranlasst,  den  Körper  
 verlassen  wird. 
 Mit  Daumen  und  Zeigefinger  der  linken  Hand  zieht  der  
 dukun  die  Haut  des  Patienten  etwas  in  die  Höhe  und  macht  
 dann  mit einem Messer kleine oberflächliche Schnitte in die aufgehobene  
 Hautfalte.  Die  Eingeborenen  haben  dabei ein Gefühl  
 von  Kälte  und  halten  dies  für  ein  Zeichen, dass die Krankheit  
 den  Körper  verlässt.  Auch  bei  Fieber  werden  Skarifikationen  
 gemacht. 
 Wenn man beabsichtigt Skarifikationen an den unteren Extremitäten  
 anzubringen,  wird  die  Haut einige Male mit einem tali  
 umschnürt,  sodass  zwischen den Umschnürungen jedesmal ein  
 kleiner  Abstand  bleibt.  Auf  diese  eingeschnürten  Hautfalten 
 werden  die  Einschnitte gemacht und zwar lodrecht auf dem tali. 
 Bei  Kopfschmerzen  winden  die  Eingeborenen  einen  tali fest  
 rundum  den  Kopf  und  bewegen  die  freien  Enden  des  tali hin  
 und  her.  A u f   der Hautfalte, welche auf diese Weise abgebunden  
 w ird ,  bringt  man  die  oberflächlichen  Einschnitte  an.  Darauf  
 bewegt  man  die  tali-Enden  wieder  hin  und  h e r ,  um auf diese  
 Weise  äus  den  Skarifikationen  Blut  zu  pressen. Diese Behandlung  
 übt in der Begel einen günstigen Einfluss gegen Kopfschmerzen  
 aus.  Ausser  an  der  Stirne werden auch Einschnitte an den  
 Schläfen  gemacht.  Helfen  die  Skarifikationen  nicht, so streicht  
 man  dem  Patienten  Kalk  mit  Sirihspeichel  vermengt  auf  die  
 Stirne.  Manche  Eingeborenen  opfern  auch  dem  adu  lawulo-  
 hongo,  der  auf Befehl  des  Priesters  verfertigt  .worden  ist.  In  
 den  Kopf  des  adu  wird  ein  Nagel  geschlagen.  Hier  scheint  
 man  demselben  Prinzip  zu  folgen,  nach  welchem  andere Ni-  
 asser  bei  Schmerzen  in  einem  Körperteil,  einen  Stein  an den  
 gegen  die  Krankheit  gemachten  adu  hängen  und  zwar  an der  
 dem  kranken  Körperteil  entsprechenden  Stelle desselben. Massage  
 wird  von den Niassern bei Kopfschmerzen auch manchmal  
 angewendet. 
 Ausser  durch  Skarifikationen  suchen  die  Niasser  bei  bestimmten  
 Krankheiten auch durch Schröpfen Blut zu entziehen.  
 Man  benutzt  dazu  das  Horn  eines Karbouwen, das so lang is t,  
 wie  ein  djangkal.  In  die  geschlossene  Spitze  macht  man  ein  
 kleines  Loch;  die  Basis  wird  auf  den  kranken  Teil  gelegt;  
 rundum  das  kleine  Loch  klebt  man  etwas  getah.  Dann saugt  
 man  an  diesem  Ende  und  nachdem  man  tüchtig  gesogen hat,  
 schiebt  man  mit  der  Zunge  die  getah  in  das  Löchelchen und  
 drückt  es  fest.  Darauf  lässt man  den  Kopf  eine Weile auf dem  
 kranken  Körperteil  stehen. Die getah wird nun aus dem Löchelchen  
 entfernt,  sodass  die  Luft  eindringen  und das Horn abgenommen  
 werden  kann.  Mit einem kleinen Messer werden dann  
 an  der  Stelle,  an  der  man  gesogen  hat, oberflächliche Skarifikationen  
 gemacht.  Auf  die  Skarifikationen  appliziert  man  das  
 Horn  auf’s  Neue  und  saugt wiederum. Auf diese Weise können  
 ziemlich  grosse  Blutmengen  entzogen  werden.  Besonders  bei  
 Schmerzen,  von  denen  man  glaubt,  dass  sie  durch  Blutan