Die Wöchnerin erhält in der ersten Zeit, wenn es zu bekommen
ist, nur Reis mit santen; arme Frauen können sich
das freilich n ur für einige Tage leisten. Man glaubt, dass hierdurch
die Milcherzeugung befördert wird und andere Speisen
für das Kind ein Darmleiden zur Folge haben können. DieNiasser
wissen also augenscheinlich, dass die Art der Ernährung Einfluss
auf die Qualität der Milch hat. Während der ersten
vierzehn Tage darf die Wöchnerin noch keine Arbeit verrichten
, sie darf sich im Hause bewegen aber noch nicht ausgehen.
Auch ihrem Gatten ist es in den ersten Tagen nicht
erlaubt in den ladang' zu gehen, er könnte auf eine tote Schlange
tre ten , und das Kind würde anstatt zu laufen wie eine Schlange
über den Boden kriechen; ebenso wenig darf er gleich nach
der Entbindung ein Schwein schlachten, das Kind könnte ein
Loch in den Hals bekommen.
Bei einigen niassischen Stämmen pflegen sich die Eltern erst
einen Monat nach der Geburt des Kindes wieder die Haare zu
kämmen, täten sie es früher, so würde das Kind später häufig
von der Hausleiter fallen. Sie dürfen auch in dieser Zeit nichts
Angebranntes essen und beim Sirihkauen keinen Kalk gemessen,
weil das Kind dadurch Ausschlag bekommt.
Sogar wenn eines ihrer Haustiere Junge bekommen hat,
müssen die Hausbewohner allerlei Vorschriften beobachten.
Hat ein Huhn Küchlein ausgebrütet, so dürfen sie weder Salz
noch Pfeffer gemessen, die Küchlein werden sonst blind. Wenn
die Küchlein zum ersten Mal auf den Boden gesetzt werden,
sagt der Niasser dabei: „Mögen der Geier und der Falke erblinden
, damit die Küchlein nicht umkommen! ” Hat ein
Schwein Junge geworfen, so darf derjenige, der das Futter
für das Mutterschwein bereitet, vier Tage lang keine gebratenen
Speisen gemessen, weil sonst die Ferkel nicht fett werden; er
darf auch keine Bohnen essen, die Ferkel bekommen sonst
Ausschlag; er darf keinen Pfeffer an seine Speisen tu n , die
Ferkel bekommen sonst schlimme Augen; auch wenn er das
Feuer anmacht, wird er ihnen schaden J).
Die Niasser glauben also, dass zwischen den Haustieren und
ihren Besitzern intime Beziehungen bestehen, wobei eine
Handlung der Letzteren Einflus auf den Gesundheitszustand
des Tieres ausüben kann.
Am vierten Tag post partu darf die Wöchnerin wieder b aden,
früher hält man für gefährlich, weil ihr Bauch dann noch zu
schlaff ist.
Auch in Nord-Nias verleiht eine Frau die nötige Hilfe bei
der Entbindung. Sie massiert den Bauch der Gebärenden, die
vor ih r steht, in derselben bereits beschriebenen Weise. Darauf
knieet die Frau nieder, die nates ruhen dabei auf den Fersen;
mit beiden Händen hält sie sich an einem über ih r befestigten
tali. Die dukun sitzt vor ihr, und ih r Gatte hinter ihr. Letzterer
legt beide Hände um den Leib seiner Frau, drückt ihn an
sich und übt dabei zugleich einen Druck nach unten aus.
Durch diesen Druck hofft man das Kind heraus zu pressen,
denn die Nordniasser nehmen an, dass das Kind keine eigne
Bewegung macht, um zur Welt zu kommen.
Sowie das Kind geboren ist, ergreift die dukun die Nabelschnur
und hält sie fest, um zu verh ü ten , dass sie sich wieder
in den Bauch zurückzieht. Man glaubt n ämlich , dass die Pla-
centa lebt, und dass sie, nachdem das Kind zur Welt gekommen
ist, grosse Neigung verspürt sich in die Höhe nach
dem Herzen der Frau zu begeben um sie zu töten. Wahrscheinlich
schliesst diese Auffassung den Gedanken ein, dass
die Placenta entzürnt is t, weil man s ie , die su d a ra , von dem
Kind getrennt hat, und dass sie sich darum rächen will.
Die dukun nimmt darauf etwas Salz und Asche und reibt
es unter Hersagen einer Beschwörungsformel auf die Nabelschnur.
Die Placenta wird die Mischung aufsaugen und davon
sterben; erst dann, glaubt man, kann auch sie geboren werden.
Um das Erscheinen der Nachgeburt zu befördern reibt die
dukun mit beiden Händen über den Leib der Wöchnerin,
wobei sie ihr dreimal hinter einander einen tüchtigen Stoss
gegen den Unterleib giebt. Auch in Nord-Nias glaubt man die
Entbindung zu erleichtern, wenn man die Haare der Gebärenden
löst. Erst wenn das Kind und die Placenta geboren sin d , geht