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 müssen.  Die  Seelen  hängen  sich  an  die  Katzenschwänze  und  
 werden  so  über  die  Schlucht  gebracht.  Menschen,  die nun zu  
 Lebzeiten  eine  Katze  gequält  oder  getötet haben, können nicht  
 auf  die  Hülfe  der  Katzen  rech n en ;  ihre  Seelen  werden in den  
 Abgrund  geworfen.  Ebenso  werden  auch  die Seelen schlechter  
 Menschen  oder  die  von  Männern  ohne  Nachkommenschaft  
 in  die  Tiefe  gestürtzt. 
 Merkwürdig  ist  es, dass man eine analoge Vorstellung bei deii  
 mohammedanischen  Toradja  an  der  Tominibucht  in  Celebes  
 findet.  Diese  Leute  glauben,  dass  die  Seele eines Gestorbenen,  
 nachdem  sie  eine  Weile  umhergewandert  ist,  an  eine  Brücke  
 über  einen  Fluss  kommt,  an  der eine Katze Wache hält. Diese  
 Katze  fragt  n u n ,  ob  die  Seele  sie  kennt;  weiss  sie  den  Name  
 der  Katze,  so  ist  es  klar,  dass sie die eines mohammedanischen  
 Toradja’s  ist  und  sie  darf  über  dfe  Brücke  gehen.  Hat  einer  
 im  Leben  aber  eine  Katze  getötet,  so  muss  er  erst  die  Haare  
 einer  Katze  jedes  einzeln  auf den  Gipfel  eines Berges bringen ;  
 deshalb  wird  die  Katze  von  den  Toradja  mit  Ehrfurcht  behandelt  
 und  selten  geschlagen.  Gegenüber dem unangenehmen  
 Schicksal,  das  dem  zu  Teil  wird,  der  während  seines  Lebens  
 eine  Katze  schlecht  behandelt  hat,  steht  das viele Gute, das die  
 Katze  demjenigen  verschafft,  der  ih r  im  Leben  wohlgesinnt  
 war.  Die  Katze  wird für ihren Meister stets Wasser und Speisen  
 herbeitragen. Die Kaufleute, welche mit ihren Schiffen manchmal  
 über das Meer fahren müssen, legen grossen Wert auf eine weisse  
 Katze,  die  n u r  einen  schwarzen  Nagel  hat,  denn dem, der eine  
 solche Katze besitzt, wird Nabi Ilir auf dem Meere begegnen, und  
 grossen  Gewinn  bekommen.  Der  Profet Nabi  Ilir wird von den  
 Malaien  Khailir, Khaitir oder Khizr genannt, der „Herrscher des  
 Wassers”.  Eigentlich  heisst  er  Al  Chidhr;  er wird in der achtzehnten  
 Surah  des  Koran  genannt. Dieser Profet soll den Brunnen  
 des  Lebens  entdeckt  haben,  er  trank  davon  und  wurde  
 dadurch  unsterblich  J). 
 In  Bezug  hierauf  erwähnt  Prof.  Snouck  Hurgronje,  dass in 
 1) Adriani en Kruyt, De Bare’e-sprekende Toradja’s. Den Haag, 1912, 
 der  mohammedanischen  Überlieferung  die  Katze  mit  Anerkennung  
 genannt  wird.  Eine  Frau  wurde  schwer  gestraft  in  
 der  Unterwelt,  weil  sie  eine  Katze  gepeinigt  hatte;  ein  frommer  
 Mann,  der  bei  Allah  Begnadigung  fand,  hörte,  dass  er  
 dies  weniger  der  treuen  Erfüllung  seiner  religiösen  Pflichten  
 verdanke,  als  der  liebevollen Pflege, die er einer unglücklichen  
 Katze  hatte  zu  teil  werden  lassen.  Auch sonst, u. a. in Damiri’s  
 Kitäb  hajät  al  haiwän  werden  noch  besondere  Höllenstrafen  
 für  Katzenmishandlung  und  grosse  Belohnungen für liebevolle  
 Katzenversorgung  erwähnt. 
 Missionar  Sundermann  *)  liess  sich  von  seinen  Niassern  
 erzählen,  dass  die  Seelen  derjenigen,  die  zu  Lebzeiten  viele  
 Schlechtigkeiten  begangen  haben,  in  das  Grab  zurückkehren  
 und  von  der  Erde  gedrückt  und verletzt werden. Ausdrücklich  
 sagt  Sundermann  weiter  „übrigens  werden  alle  von  der  Erde  
 zur  Bede  gestellt,  wie  sie  ih r  Leben  zugebracht  haben.” 
 1)  Sundermann,  H.,  Die  Insel  Nias  und  die  Mission  daselbst.  
 Allgem.  Missionszeitschr.  Bd.  XI. 
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