Es giebt jedoch noch eine zweite Sorte von matianak, denn
auch die Frauen der bela, eine besondere Gruppe von
Geistern, werden zu m atianak, wenn sie im Wochenbett sterben.
Sie sind wegen ihrer Grausamkeit sehr gefürchtet. Jeden
Mann, der ihnen begegnet, fangen sie und ziehen ihn durch
einen engen Ring, dass ihm die Knochen zerbrechen. Darauf
machen sie ihn wieder gesund und fragen ih n , ob er ein
Schurke werden will; sagt er j a , so wird er zum Oberhaupt
gemacht, weigert er sich, so töten sie ihn x).
In Süd-Nias wird der Geist einer im Wochenbett gestorbenen
Frau matsjianne genannt. Ih r Ruf ist: kuku-kuku; sie verfolgt
auch Kinder.
Von den Centralniassern hörte ich über die matianak Folgendes:
die bechu matiana ist der Geist einer unentbunden
gestorbenen Frau. Ihre Rachsucht richtet sich in erster Linie
gegen das männliche Geschlecht, weil ein Mann der Urheber
ihrer Schwangerschaft und infolgedessen ihres Todes gewesen ist.
Am liebsten spukt sie nachts in der Gestalt einer alten Frau
mit weissen Haaren und dickem Leib, aus dem die Frucht
sich halb hervordrängt.
Wenn das Kind schreit, meckert es wie eine Ziege, die Mutter
heult: Ko, köko u. s. w.
Um der matianak den Eintritt in die Häuser zu wehren,
stellt man einen adu, adu höre genannt, dicht beim Eingang
an der Wand des Hauses auf. Er besteht aus einem länglichen
Pfahl, der sich oben gabelförmig teilt. Unter der Gabel sieht
man ein roh geschnitztes Gesicht und weiter nach unten sind an
der Vorderseite männliche Geschlechtsorgane angebracht. Reine
und Arme fehlen dem adu. Ausserdem macht der Priester noch
fünf andere adu für die schwangere Frau ; sie heissen: naädsa
löwe, taoro, tanarie, talie anu und liga. Von jedem der genannten
adu werden zwei verfertigt, sie sind Hand lang.
Am Kopfende der Schlafstätte werden sie an die Wand gehangen
und zwar eine Partie an die Seitenwand, die andere
1) Chatelin, L. N. H. A , Godsdienst en bijgeloof der Niassers.
Tijdschr. van Ind. T. L. en V. K. Deel XXVI.
an die Rückwand. Diese fünf adu-Paare zusammen heissen
fanola. Ausserdem werden noch fünf adu-Paare vor das Haus
der Gravida gestellt, fünf mit und fünf ohne Blätterverzierung
(keu olalu). Neben diese Götzenbilder pflanzt man hedrifo,
eine Pflanze mit hellfarbigen Blättern und roten Blüten. Dazu
kommen noch zwei adu aus den Stielen der Kokospalmblätter,
welche ungefähr 1^ mtr. lang sind. Schlieslich pflanzt
man noch einen Pisangstamm vor das Haus, und dies alles
zu dem einzigen Zweck dem beghu matianak den Eintritt
zu wehren und ihn zu verhindern die Schwangere zu ihrer
Schicksalsgefährtin zu machen. Den Götzen müssen im vierten
und achten Monat der Schwangerschaft Opfer gebracht werden,
und zwar dem hedrifo zwei Hühnereier, dem olalu ein Huhn.
Wenn ein Mann abends oder nachts im Freien durch eine
matianak überfallen wird, schleppt sie ihn in den Wald und
martert ihn mit einem rotglühenden Eisenstab zu Tode. Durch
eine List aber kann er ihr entschlüpfen; wenn er nämlich
vorsorglich einen grossen Stein bei sich trägt, schiebt er ih r
diesen in die H an d , so wie sie nach ihm greift. Sie eilt dann
mit dem Stein in den Wald und bearbeitet ihn statt seiner
mit dem glühenden Eisen; inzwischen entflieht der Mann.
Auch ist es ratsam eine Fackel mitzunehmen, die matianak
schämen sich dann nahe heran zu kommen. Die Centralniasser
pflegen ein Hirschgeweih zur Abwehr der matianak im Hause
aufzuhängen; die matianak halten den einzelnen Zacken für einen
erigierten Penis, vor dem sie Angst haben ; ausserdem fürchten
sie, sich an dem Geweih den Bauch zu verwunden.
In Hili Zanuwe erzählen die Eingeborenen von der matianak
folgende Legende: Ein Mann namens Tjune, der abends spät
aus dem ladang nach Hause zurückkehrte, wurde im Wald
bei Luwaha Soso von einem beghu matianak überfallen. Tjune
trug wie gewöhnlich die Ingredienzien für die Sirihprieme und
auch das Döschen für den Sirihkalk bei sich. Als die matianak
ihn in den Wald geschleift hatte und ihn dort mit dem glühenden
Eisen brennen wollte, hielt Tjune seine Kalkdose immer
genau dahin, wo sie mit dem glühenden Eisen brennen wollte, vor
die Ohren, Nase, Mund und Augen, so dass es ih r nicht gelang