Eine Brigade unter Befehl von Kapitän A. Baptist a u f Patrouille
in Hili Sataré (Süd-Nias).
ZEHNTES KAPITEL.
Zum Schluss wollen wir noch einiges bemerken über die
Vorstellung der Niasser vom Tode und die damit zusammenhängenden
Begriffe über das Seelenleben.
Als Zeichen dass der Tod eingetreten ist gaben mir die
Niasser a n :
1. Die Haut oberhalb des Brustbeines fühlt sich kalt an.
2. Der Pulsschlag in der arteria radialis ist nicht mehr zu
fühlen. Dies ist die Folge der Tatsache, dass die Seele nicht
mehr anwesend ist.
3. Nach dem Tode ist auch der Pulsschlag hinter dem inneren
Knöchel des Beines nicht mehr zu fühlen.
4. Die Nägel werden beim Druck auf den Finger centralwärts
von dem Nagel nicht mehr rot.
5. Die Haare sind nicht mehr elastisch, sondern fühlen sich
schlaff und weich an. Auch dies kommt daher, dass die Seele
aus den Haaren verschwunden ist.
6. Der Herzschlag ist nicht mehr zu fühlen, weil die Seele
aus dem Herzen entflohen ist.
Aus der uns von Sundermann ’0. mitgeteilten Anekdote von
dem Streit der Körperteile um den Vorrang, könnte man ableiten,
dass den Niassern die Bewegung des Herzens nicht
unbekannt ist.
7. Der ganze Körper fühlt sich kalt a n , weil die nosso (Seele),
die warm ist, sich nicht mehr in dem Körper aufhält.
8. Die Hautfarbe des ganzen Körpers wird heller.
9. Es tritt Todesstarre ein.
10. Die Leiche fängt in Folge der Verwesung an , übel zu
riechen.
Die Leichenflecken wurden mir nicht genannt, wahrscheinlich
weil die Leiche schon sehr bald nach dem Tode in den
Sarg gelegt wird.
Beim Sterben verlässt die nosso, die Seele, der lebenerregende
Anfang des Seins, der einem jeden bei der Geburt zugewogen
wird, den Körper. Es bleibt dann nur der Körper übrig, der
Körperstoff-bötci genannt.
Die nosso verlässt den Körper durch den Mund; ebenso wie
die sumange, welche die Nordniasser als luma, als Schatten,
Geist der nosso auffassen.- Nach dem Glauben der N ordniasser
kehren sowohl die nosso als die sumange, nachdem sie den
Körper durch den Mund verlassen haben, zu Lowalangi zurück.
Durch die Missionare und einzelne andere Forscher, die sich
einige Zeit auf Nias aufgehalten haben, sind uns auch Mitteilungen
über die Vorstellung, welche die Niasser von der Seele
selbst haben, gemacht worden. Ihre Angaben weichen sehr
von einander ab , was einesteils aus der Tatsache zu erklären
ist, dass die Erkundigungen in verschiedenen Gegenden der
Insel eingezogen worden sind und anderenteils dadurch, dass
die Niasser keine übereinstimmenden Vorstellungen über die
Seele und das Seelenleben besitzen, sodass selbst ihre Angaben
an ein und demselben Orte nicht gleichlautend sind. Dies
letztere muss der Tatsache zugeschrieben werden, dass die Vor-
1) Sundermann, H., Niassische Texte mit deutscher Übersetzung.
Bijdragen tot de T. L. en V. K. v. N. Indie. Deel LVIII der geheele
reeks.