damit verbundenen Rechte bei dem Kinde geltend machen.
„Könnte die ganze Teknonomie”, fragt sich Steinmetz, »)
sowohl die des Vaters als die der Mutter nicht aus einem Grunde
erklärt werden, welcher eigentlich nur aus einer Ausbreitung
des von Wilken angegebenen bestünde; könnte die, Mutter sich
nicht nach dem Kinde nennen, um sich persönlich als die
Mutter, die Urheberin und gewissermassen die Eigentümerin
des Kindes den ändern Frauen in der familienlosen ältesten
Geschlechtsgenossenschaft gegenüber hervor zu heben und geltend
zu machen? Aus demselben Grunde nannte sich dann
später der Vater, als auch er sich persönlich allmählig als Vater
zu fühlen anling, nach seinem Kinde. Das Verhältnis beider
zu dem Kinde bestimmt ja die Gestaltung der socialen Organisation
und ihren eigenen Zustand.”
Das Vorkommen der Teknonomie auf Nias, wo das Matriarchat
unbekannt ist, spricht meines Erachtens dafür, dass sie
nicht aus dem Matriarchat entstanden ist.
Trotzdem die beiden Gatten sich während der Gravidität
der Frau und auch nach der Geburt des Kindes an die vorgeschriebenen
amonitas gehalten und ausserdem den adu zatua
alle schuldigen Ehren bewiesen haben, kommt es nicht selten
vor, dass das Kind bereits in seiner frühsten Jugend an allerlei
Krankheiten leidet. Sind die obengenannten Ursachen ausgeschlossen
, so sucht man zunächst den Anlass zur Krankheit
darin, dass das Kind verbotene Speisen genossen hat, z. B.
nimmt man an, dass eine Lungenkrankheit entstehen kann,
wenn das Kind Schweinelunge gegessen hat. Die niassischen
Eltern müssen jedoch nicht nur aus Furcht vor Krankheiten
sorgfältig auf die Nahrung des Kindes achten, denn der Genuss
verkehrter Speisen kann auch noch andere unangenehme Folgen
haben. So darf ein Kind keine Schweinenase essen, weil es dann
später auf der Saujagd als Erwachsener durch seinen Geruch
das Wild verjagen wird. Isst ein Kind Schweineohren, so
wird das Wild später sein Kommen hören und entfliehen.
1) Steinmetz, S. R., Ethnologische Studien zur ersten Entwicklung
der Strafe, Leiden, 1892.
Der Genuss einer Schweinekehle macht das Kind heiser beim
Singen und durch den Genuss eines Schweiiiekinnbacken wird
ihm später, wenn seine Zähne gefeilt werden, das Gesicht anschwellen.
Isst das Kind die Flügel eines Huhnes, so wird es, wenn es
gross ist, nicht im Stande sein, die Lanze zu hantieren, isst
es die Füsse, so wird es beim Erklettern der Kokosnusspalmen
ausgleiten x).
Am meisten leiden die niassischen Kinder an Bauch- und
Brustkrankheiten, Krämpfen, Fieber und Pocken. A.n diesen
Krankheiten geht eine grosse Anzahl junger Kinder zu Grunde.
In Lölöwau (West-Nias) lassen die Eingeborenen fiebernde
kleine Kinder den Abguss der daun kaju trinken und reiben
mit den Blättern den Körper ein. Dies muss eine Abkühlung
bewirken.
Wenn in Mittel-Nias ein Kind durch Fieberhitze ganz rot
aussieht, so glaubt die Mutter, dass es ein Geist mit irgend etwas
beworfen hat, und meint durch Reiben mit ihren eignen Haaren
es wieder gesund machen zu können.
Wir haben im Lauf unsrer Betrachtungen bereits mehrmals
feststellen können, dass die Niasser den menschlichen Haaren
und Nägeln gewisse Heilkraft resp. Zauberkraft zuschreiben. Dies
hängt damit zusammen, dass die Haare nach ihrer Annahme
beseelte Organe sind.
Viele Niasser pflegen die Haare ihrer verstorbenen Frauen
zu bewahren, weil sie sonst so grosses Verlangen nach ihnen
bekommen würden, dass sie auch sterben müssen.
Wilken 2) fasst diese Gewohnheit als den Wunsch auf in
dem Haar ein Medium zu besitzen, durch welches sie mit der
Toten verkehren können. Nach Missionar Kruijt 3) soll dies
1) Lett, Aug., Im Dienst des Evangeliums auf der W- Küste von
Nias. Missionstraktat. Bärmen, 1901.
2) Wilken, G. A., Het animisme bij de volken van den Indischen
Archipel. Indische Gids. 1884 en ’85.
3) Kruijt, Alb. C., Het Animisme in den Indischen Archipel.
Den Haag, 1906.