normale Kinder geboren hat. Vielleicht haben hier jedoch die
Missionare die Vorstellungen der Eingeborenen über die Entstehung
der Albinos bereits beeinflusst!
Nach Durdik 1) lässt man das Albinokind nur dann leben,
wenn der Gatte überzeugt is t, dass der böse Geist seine Gestalt
angenommen hatte um die Fi'au irre zu fü h re n ; er hofft, dass
die Farbe des Kindes später normal werden wird. Ist dies jedoch
im fünften Lebensjahr noch nicht der Fall, dingt er einen
Mörder; so kommt es, dass niemals erwachsene Albinos auf
Nias angetroffen werden.
Meine eignen Beobachtungen jedoch stimmen, wie bereits
gesagt, hiermit nicht überein, wahrscheinlich jedoch ist diese
Umkehr der Gesinnung erst in letzter Zeit unter dem Einfluss
der Regierung und Mission entstanden.
Während der Schwangerschaft einer Frau verlangt man von
dem Mann, dass er sie milder behandelt als so n st; im Allgemeinen
betrachtet der Niasser seine Frau für nicht viel mehr
als seine Sklavin, die er für sein Geld gekauft hat. Er behandelt
sie häufig sehr r o h , durchaus wie seine Untergebene, lässt
sie alle Arbeit tun und misshandelt s ie , wenn sie seiner Meinung
nach in irgend welcher Hinsicht zu wenig leistet.
Wenn jemand einen Niasser fragt: „Warum schlägst Du
deine F r a u ? ” so antwortet er: „Du hast mir nichts Zusagen
über das, was ich mit meinem Gelde gekauft h ab e ”.
Die Frau ist für ihren Mann die sangai h alöwöna, d. h. diejenige,
die für ihn die Arbeit tut, oder die „sangai gönia”,
diejenige, die für sein Essen sorgt.
Ehescheidungen scheinen jedoch selten vorzukommen; ist
ein Mann mit seiner Frau unzufrieden,’so kauft er sich, falls
er über das nötige Geld verfügen k a n n , eine zweite d a zu , freilich
meistens nicht ohne seinem Bedauern über die erneute
Ausgabe Ausdruck zu geben: „Alimagö ganaa”, sagt er, d .h .
es ist schade um das Geld.
Missionar Sundermann J) erzählt von einer niassischen Frau ,
die sich im Wald aufgehangen hatte. Als sie losgeschnitten
wurde, hörte er wie einer der Umstehenden sagte: „d a liegt
eine goldene Krone”; er wollte damit an der Preis erinnern,
den der Mann für seine Frau bezahlt hatte. Beim Tod seiner
Frau betrauert der Niasser in den Regel zunächst das Geld,
das er für ihren Besitz ausgegeben hat.
In Lölöwua (Ost-Nias) erzählten mir die Eingeborenen, dass
ein Mann seine schwangere Frau nicht schlagen darf. Wird
bemerkt, dass er es wohl tut, so muss er ein Schwein schlachten
und seine Kamponggenossen damit bewirten. Wenn die Frau
infolge der Misshandlung stirbt, wurde früher dem Gatte der
Hals abgeschnitten; da dies jetzt durch die Regierung verboten
ist, straft man ihn mit einer schweren Geldstrafe. Tritt infolge
der rohen Behandlung Abortus ein, so muss er ebenfalls ein
Schwein für seine Kamponggenossen schlachten.
In Nord-Nias steht eine strengere Strafe auf die Misshandlung
einer Schwangeren. Der Schuldige wird von dem Haupt des
Ivampongs zu einer Geldstrafe von 25 Gulden verurteilt und muss
ausserdem ein Schwein schlachten, das im Hause des Hauptes
von den Leuten des Kampongs verspeist wird. Das Geld w ird
verteilt; die misshandelte Frau erhält 15 Gulden, der Rest gehört
dem Kamponghaupte. Der schuldige Mann darf von dem
geschlachteten Schwein mitessen.
Ist Abortus die Folge der Misshandlung, so wird der Schuldige
zu einer Busse von 50 Gulden verurteilt und muss zwei
Schweine schlachten, jedes im Werte von 10 Gulden. Von den
fünfzig Gulden erhält die Frau dreissig und das Haupt die
übrigen zwanzig.
Stirbt die F rau , so beträgt die Busse drei hundert Gulden.
Die Familie erhält hiervon zweihundert und ih r Gatte hundert
Gulden. Ausserdem müssen noch zwei Schweine geschlachtet
werden, jedes im Werte von zehn Gulden. Ist nicht genügend
Geld zur Sühnung vorhanden, so muss der Schuldige nach
1) Sundermann, H., Die Insel Nias und die Bewohner daselbst.
Rhein. Missionsschriften No. 125. Barmen. 1905.