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 zu  werden. 
 Auch  noch  andere  Dienste  kann  die  matianak  erweisen.  
 Wenn  z.  B.  der  Mann,  der  ih r  zu Willen gewesen ist, jemand  
 hasst,  giebt  er  ih r ein Messer, dann schneidet sie dem Gehassten  
 den  Bauch  auf. 
 Wie  bereits  gesagt,  pflegen  die  matianak  besonders  gegen  
 Abend  umherzustreifen.  Will  man  sich  bei  abendlichen  Ausgängen  
 gegen  ihre  Angriffe  schützen,  tut  man  gut  von Zeit zu  
 Zeit  mit  einem  Messer  umsichzuschlagen,  dann  wagen  sie  
 es  nicht  sich  zu  nähern.  Man  kann  auch  dann  und  wann  
 einige  Blätter  hinter  sich  auf  die  Erde  werfen ,  die  matianak  
 hebt  dieselben  auf,  um  ein  obat  daraus  zu  bereiten;  sie  verunsichtbar  
 macht.  Eine  Kerze  aus  Leichenfett  bewirkt,  dass  die  
 Schlafenden  nicht  erwachen  und  der  Dieb  ruhig stehlen kann. Die  
 Hand  der  Leiche  eines  fünfjährigen  Kindes  öffnet  alle  Schlösser. 
 Die  Zigeuner  meinen,  dass  ein  Lappen,  auf  dem  sich  einige  
 Tropfen  vom  Blut  eines  Erhängten  befinden,  den  Dieb  vor  Entdeckung  
 bewahrt.  Gliederteile  und  Fetzen  von  Kleidern  eines Gehängten  
 haben  dieselbe Wirkung.  Diebe  mit  einer  Kerze  aus dem  
 Fett  eines weissen  Hundes  und  dem  Blute  totgeborener  Zwillinge  
 werden  von  niemandem  gesehen.  Die  südungarischen  Zigeuner  
 reiben  sich  mit  solcher  Salbe  die  Fusssohlen  ein,  um  ihren  Tritt  
 beim  Stehlen  unhörbar  zu  machen. 
 Auch  die  Herzen  ungeborener  Kinder  galten  für  Räuber  und  
 Diebe  als  ein  Schutzmittel;  diese  werden  roh,  wie  sie  dem  Leibe  
 der  Mutter  und  dem  Körper des Kindes entrissen waren, genossen.  
 Zu  Moosbach  im  bayrischen  Walde  hatte  ein  Dienstknecht  den  
 Leichnam  eines  kurz  vorher  verstorbenen  Kindes  ausgegraben,  
 ihm  ein  Auge  ausgestochen  und  sich  auch  das  Sterbekleidchen  
 angeeignet.  Im  Besitz  des  Auges glaubte er sich unsichtbar machen  
 zu  können,  um  dann  ungesehen  seinem  Hang  zum Stehlen obzuliegen. 
   Hermann  Strack  giebt in seiner Arbeit (Das Blut im Glauben  
 und  Aberglauben  der  Menschheit)  ')  mehrere  derartige  Beispiele. 
 1)  Mit  besonderer  Berücksichtigung  der „Volksmedizin ” und des  
 „jüdischen  Blutritus”.  Leipzig,  1911. 
 liert  damit  so  viel  Zeit,  dass  sie  die  Gelegenheit  zu einem Angriff  
 versäumt  *). 
 Auch  eine  F r a u ,  die  während  der  Entbindung  stirb t, wenn  
 das  Kind  schon  teilweise  zur  Welt  gekommen  ist,  wird  zur  
 matianak.  Sie  verfolgt  dann  die  Menschen,  in  der  Hoffnung,  
 dass  jemand  ih r  die  halbgeborene  Frucht  aus  dem  Leibe  
 hervorziehen  wird. 
 Nach  der  Meinung  der  Nordniasser  ist  die  matianak  auch  
 im  Stande,  die  Menschen  krank  zu  machen. 
 Frü h er  pflegte  man  Kinder,  deren  Mutter  die  Entbindung  
 nicht  überlebte,  zu  töten  in  dem  Glauben,  dass  sie  zu  gefährlichen  
 Menschen  heranwachsen  würden  2). 
 Dieselbe  Auffassung  findet  man  bei  ändern  ostindischen  
 Volksstämmen.  Haga  3)  erzählt  u ns,  dass  die  Eingeborenen  
 an  der  Geelvinkbaai  das  Kin d ,  dessen  Mutter  bei  der  Entbindung  
 stirbt,  lebendig  begraben.  Früher wurde auch bei den  
 Bataks  der  die  Mutter  überlebende  Säugling  mit  ih r  zugleich  
 begraben  4).  Vielleicht  war  die  ursprüngliche  Idee  dabei  die  
 matianak durch dieses Opfer zu befriedigen und sie von weiteren  
 Ausschreitungen  zurück  zu  halten! 
 Bei  den  Niassern  war  es gebräuchlich das neugeborene Kind  
 in  einen  Sack  zu  stecken  und diesen an einen Baum im Walde  
 zu  hängen; die Regierung und die Missionare jedoch verhindern  
 jetzt  derartige  Grausamkeiten. 
 Von  den  Eingeborenen  in  O s t - N i a s   (Lölöwua) hörte ic h , dass 
 1)  Merkwürdig  ist,  dass  man  auch  bei  ändern Völkern analoge  
 Methoden  antrifft,  z.  B.  in der japanischen Mythologie. Als Izanagi,  
 der  Schöpfer,  von  den  Furien  verfolgt  wird,  wirft  er,  um  ihnen  
 zu  entkommen ,  Pfirsiche  hinter  sich  (de  Visser).  Die  Toradja  in  
 Celebes  werfen,  wenn  sie  meinen  von  einem  Währwolf  verfolgt  
 zu  werden,  fortwährend  Baumzweige  hinter  sich,  welche  der  
 Währwolf in Stücke schneidet, wodurch er so sehr aufgehalten wird,  
 dass  er  schliesslich  die Verfolgung  aufgiebt  (Kruyt  und  Adriani). 
 2)  Modigliani,  E.,  Un  viaggio  a  Nias.  Milano,  1890. 
 3)  Haga, A., Nederl. Nieuw-Guinea en de Papoesche eilanden. 1884. 
 4)  Schreibei’,  Julius,  Die  gesundheitlichen Verhältnisse unter der  
 Bevölkerung  von  Silindung  in  Sumatra.  Janus  XVI.  1911.