horizontal nach vorne gerichtet ist, so dass der Knabe sich gleich
nach der Operation im Hause bewegen darf.
Das obat wird jeden Tag erneuert, bis die Wunde völlig
geheilt ist.
Wohlhabende Leute schlachten zu Ehren des wichtigen
Ereignisses ein Schwein im Wert von drei Gulden; an dem
Festmahl nehmen die Familienmitglieder teil. Der Knabe selbst
bekommt, jedoch nichts davon; er schämt sich, dass das Fest
seiner Beschneidung zu Ehren gegeben wird. Die Operation
findet hier in der Regel am 21ten Tag des Mondmonates statt;
man glaubt, dass bei abnehmendem Mond keine Anschwellung
der Wunde zu befürchten ist.
Die Eingeborenen des Susuatales legen nach der Operation
rabö nohi als obat auf die Wunde.
Nach von Rosenberg besteht die Beschneidung bei deri
Niassern nicht in einer einfachen Spaltung der Vorhaut, sondern
in wirklicher Circumcision. In den von mir besuchten Gegenden
von Nias ist diese Methode jedoch nicht gebräuchlich. Derselbe
Verfasser schreibt, dass man die Beschneidung bei den
Niassern nicht als religiöse Verordnung, sondern als uralte
asiatische Gewohnheit betrachten muss. „Die Niasser wissen
denn auch keinen anderen bestimmten Grund, als Vorsorge
zur Reinlichkeit anzugeben” . Ich lernte jedoch ausserdem als
Motive für die Beschneidung bei den Niassern kennen: Die
Erhöhung des Genusses beim Coitus für Mann und F rau , die
Beförderung der Befruchtung und die schnellere Entwicklung
des Knaben zum Manne.
Chirurgische Geschicklichkeit erfordert auch das Feilen der
Zähne. In Lölöwua (Ost-Nias) werden sowohl bei Knaben wie
bei Mädchen die Vorderzähne gefeilt und zwar geschieht es
durch den k a ta h a , den Specialisten, dessen auschliessliche Beschäftigung
es ist die Zähne zu feilen.
Bei den Knaben geschieht es nach der Beschneidung, bei
den Mädchen ungefähr im Alter von zehn Jahren. Man geht
dabei in folgender Weise zu W erk e: Das Kind hockt sich auf die
E rd e , so dass die Hinterbacken auf den Fersen ru h e n , das Kinn
ist auf den Rand einer niru (Reiswanne) gestützt, die vertikal
vor ihm steht. Ein Holzstäbchen wird dem K inde zwischen die
Zähne gesteckt, damit es den Mund nicht schliessen kann. Dann
werden zuerst die sechs unteren V orderzähne mit einer kleinen
Säge (famofo) in horizontaler Richtung von links nach rechts
(vom Kinde aus gerechnet) durchgesägt. Dann legt man das Kind
auf den Rücken, schiebt die Oberlippe mit einem Tuch in die
Höhe und sägt in derselben Weise die oberen Vorderzähne
durch. Die scharfen Ränder und Spitzen werden mit einer Feile
(aracha) entfernt und auch wird die Vorderfläche der Z ahnreste
glatt gefeilt. Darauf schwärzt man die Zahnstumpfe mit fangito.
Zur Herstellung dieser Schwärze legen die Niasser eine halbe
Kokosnussschale auf ein Feuerchen, überdecken sie mit einer
ändern Hälfte, in deren Mitte ein kleines Loch gebohrt ist und
legen über das Loch ein Messer. Der Rauch der erhitzten unteren o
Hälfte entweicht durch das Loch in der oberen Hälfte und bleibt
an dem Messer hängen. Dieser schwarze Russ wird mit dem Finger
abgestrichen und die Zahnstumpfe werden damit eingerieben.
Nach Angabe der Eingeborenen ist das Feilen der Zähne
eine sehr schmerzhafte Operation. Es geschieht, weil man weisse
ungefeilte Vorderzähne hässlich findet.
Festlichkeiten sind in der Regel mit diesem Ereignis nicht
verbunden. Unter den Christen-Niassern dieser Gegend sah
ich jedoch bereits verschiedene Männer mit ungefeilten Zähnen.
Einzelne Leute lassen in die abgefeilten Zähne Gold- oder
Messingstückchen einsetzen, was man für besonders schön hält.
Während der ersten vier Tage nach der Operation werden
die Zähne jeden Abend auf’s Neue geschwärzt, später n u r noch
von Zeit zu Zeit bei festlichen Gelegenheiten.
Der kataha erhält als Honorar Geld ( ± 20 cent) und etwas
Essen. Die Operation wird in Ost-Nias stets bei zunehmendem
Mond, am liebsten früh morgens ausgeführt.
Ein Mittel gegen Zahnschmerzen ist das Feilen der Zähne
nicht, wie mir die Niasser sagten. Wenn jemand an Zahnschmerzen
leidet, pflegt man das Gebiss auf’s Neue mit fangito
zu bedecken, wodurch die Schmerzen gemildert werden sollen.
Andere Mittel gegen Zahnschmerzen kennen die Eingeborenen
hier nicht; Ausziehen des Zahnes tut man n u r dann r