Waffen oder Kleider verkaufen, dieselben vorher sorgfältig
abzureiben, damit die daran hängengebliebene Hautausdünstung
verschwinde und so jede Gemeinschaft mit ihrem Körper
auch in der Entfernung unmöglich gemacht wird. Sie
fürchten nämlich, dass jemand, der auch n u r das Geringste
von ihrem Körper in seinen Besitz bekommt, sie ganz in
seiner Macht hat und ihnen allerlei Schaden zufügen kann.
Dadurch hat es mir auch häutig grosse Mühe gekostet, von
den Niassern eine Haarlocke zu anthropologischer Untersuchung
zu erhalten. Dasselbe Princip erkennt man auch in einer
Anzahl anderer niassischer Gebräuche. So glaubt der Niasser
z. B., dass er einem treulosen Mädchen Schaden zufügen kann,
wenn er ihre ausgekautes Sirihprieme, an der noch etwas von
ihrem Speichel haftet, auf bestimmte Weise behandelt. Wenn
die Eingeborenen von Mittel-Nias einen Zug nach einer ändern
Gegend unternehmen, hüten sie sich sehr, ihreTabacksprieme
Jemandem in die Hände fallen zu lassen, aus Furcht dadurch zu
Schaden zu kommen.
Zauberei wird in Nias sehr häufig und zu alienmöglichen
Zwecken angewendet. Vielfach, schreibt S u n d e rm a n n 1), hört
man die Eingeborenen in Nias sagen, besonders bei äusserlichen
Krankheitserscheinungen, dass der Kranke ist nigönaisi, d. h.
man hat es ihm angetan (n.l. durch Zauberei) oder er ist nifakiko
d. h. er ist in’s Verderben gestürzt worden.
Auffallend ist, dass die Niasser so häufig gerade äusserliche
Krankheitserscheinungen, bei denen die wahre Ursache doch
meist leicht zu erkennen ist, auf Zauberei zurückführen.
In einer durch Zauberei hervorgerufenen Krankheit glauben
manche Priester das Erkennungsmittel für einen Übeltäter zu
besitzen. Wenn z. B., so erzählte man mir in Lahewa (Nord-
Nias), von einem Baum Kokosnüsse gestohlen werden und der
Schuldige nicht ausfindig zu machen ist, pflückt der Priester
einige Kokosnüsse von demselben Baum und verbrennt sie,
indem er Zaubersprüche dabei murmelt. Sobald nun nach
1) Sundermann, H., Die Insel Nias und die Mission daselbst.
Allgem. Missions zeitschr. Bd. XI.
dieser Handlung des Priesters einer der Kampongbewohner
erkrankt, hält man ihn für den Schuldigen.
Wenn sich in Nord-Nias ein Knabe unehrerbietig gegen
seine Mutter benimmt, so kann dieselbe ihn im Zorn darüber
durch auf unnatürliche Weise hervorgerufene Verstopfung
strafen. Zu diesem Zwecke sucht sie in der Umgebung des
Ivampongs ein fliessendes Bächlein auf und dämmt es ab,
indem sie eine Beschwörungsformel dabei spricht. Die Folge
hiervon ist, dass der Knabe keinen Stuhlgang hat. In seiner
Angst ruft er dann einen Priester, der bald die Veranlassung
der Krankheit erkennt. Er geht auf die Suche nach
dem abgedämmten Bächlein; hat er es gefunden, so kehrt er
in die Wohnung der erzürnten Mutter zurück und schlachtet
ein Huhn. Die Federn desselben legt er vor dem adu, der
für die Grossmutter der zürnenden Frau gemacht worden ist,
nieder und spricht d a z u : „wenn hier etwas (z. B. eine Kiste
oder ein Korb geschlossen ist, möge es dann geöffnet werden.”
Darauf geht er wieder zu dem kleinen Damm und durchsticht
ihn. Die Folge ist, dass der Knabe wieder Stuhlgang
bekommt. Um seines Erfolges ganz sicher zu sein, giebt
der Priester dem Jüngling auch noch Wasser zu trinken, in
dem er mit einem Schlüssel gerührt hat. Wahrscheinlich soll
die öffnende Kraft des Schlüssels auch auf die Eingeweide des
Jünglings wirken.
Wenn ein Knabe ungezogen gegen seine Mutter gewesen ist
und von dem Onkel, dem Bruder der Mutter, eine strenge
Zurechtweisung erhalten h a t, kann dies einen anhaltenden
Durst bei dem Kinde zur Folge haben. Um den Knaben zu
heilen, muss die Mutter dem Onkel ein Huhn oder ein junges
Schwein und ein Stück Gold im Werte van f 2,50 geben. Das
Tier wird geschlachtet, die Federn oder Haare werden an den
adu zatua befestigt, worauf der Onkel die adu bittet das Kind
zu heilen. Der Knabe muss dann etwas von dem Opfertier
essen und der Onkel verspeist den Rest.
Es kann auch Vorkommen, dass ein Mann durch Zauberei
nicht mehr im Stande ist zu urinieren. In diesem Fall muss
man einen weiblichen Dukun zu Rate ziehen, sie muss aber