Frau irgend ein Zaubermittel gemischt oder eine Zauberformel
darüber ausgesprochen h a t, in der bösen Absicht Unfruchtbarkeit
hervorzurufen. Auch in West-Nias schreibt man einzelnen
Individuen die Kraft zu durch Zauberei bewirken zu k ö n n en ,
dass die Menstruation auf hört oder n u r noch unregelmässig
auftritt.
In Lölöwau (West-Nias) machten mir die Eingeborenen eine
Mitteilung, die mir durch den dortigen Missionar bestätigt
wurde, nämlich, dass menstruierende Frauen sich in dieser
Gegend nicht waschen, sondern sich von einem Hund ablecken
lassen oder sich mit einem Blatt abputzen; sie glauben, dass
der Gebrauch von Wasser sie krank machen wird.
In Ost-Nias war es früher auch allgemein gebräuchlich, dass
sich eine Frau nach der Entbindung von einem Hund ablecken
liess; auch die kleinen Kinder in West-Nias lassen sich häufig
von einem Hund reinigen, wenn sie ihre grossen Geschäfte
verrichtet haben.
Wenn eine west-niassische Frau an zu starker Menstruation
leidet, wäscht sie den Bauch mit Wasser, in dem bulu golalo
gelegen haben.
In Ost-Nias verleiht ein weiblicher d u k u n , die erisso o n o , die
nötige Hülfe bei Entbindungen. Die Diagnose der Gravidität wird
festgestellt, wenn der Monatsfluss zwei Monate ausgeblieben ist.
Nach drei bis vier Monaten kann man die Anschwellung des
Bauches konstatieren, während der übrige Körper der Frau magerer
wird. Die Brüste schwellen an, die papillae mammae und die
areolae färben sich dunkler, die Adern auf der Stirn werden dicker.
Nach sechs Monaten fängt die Frau an die Bewegungen des Kindes
zu fühlen. Der Nabel ist dann flach oder fängt allmählich an
heraus zu tre ten ; die Schwangere klagt über Rückenschmerzen
und häufig über Gesichtsschmerzen. Nicht selten stellt sich
während der Gravidität Erbrechen e in , was man durch die Bewegungen
des Fötus erklärt. Während der letzten Monate kann
man eine milchige Flüssigkeit aus den Brustwarzen pressen.
Die Befruchtung en tsteht, wenn der Samen (ula) des Mannes
sich mit dem der Frau verbindet. Die Niasser nehmen a n , dass
der männliche Samen von dem ganzen Körper produziert w ird ,
die testes dienen n u r dazu dem Manne die Kraft zur Erektion
zu geben, sie bringen den Samen nicht hervor. Auch der Samen
der Frau wird vom ganzen Körper produziert und hat eine
weisse Farbe.
In der Gebärmutter entsteht der erste Anfang der Fru ch t,
weil sich dort der männliche Samen mit dem weiblichen und
dem zurückgebliebenen Menstrualblut verbindet. Nach drei
Monaten ist aus dieser Mischung und dem Menstrualblut, das
dieselbe umgiebt, die duma-duma (Mal. gambart= Bild, Abbild)
des Menschen entstanden. Jedoch erst nach fünf Monaten kann
man in diesem Gebilde die menschliche Gestalt erkennen und
dann erst fängt die Frucht an zu leben. Die äusseren Körperteile
wie Ohren, Nase etc. entstehen zugleich mit den Extremitäten.
Sie sind zuerst ganz klein und nehmen im weiteren
Verlauf der Schwangerschaft an Länge und Umfang zu.
Der Fötus sitzt mit heraufgezogenen seitwärts .gespreizten
Beinen, die Arme zwischen den Knieen, in der Gebärmutter.
Der Kopf ru h t auf den Fäustchen und ist während der ganzen
Dauer der Gravidität nach oben gerichtet; erst wenn die Entbindung
angefangen h a t, dreht die Geburtshelferin den Fötus
durch äussere Handgriffe so, dass der Kopf nach unten liegt.
Das Ausbleiben der Menstruation während der Gravidität
erklärt man sich dadurch, dass dies Blut zur Ernährung und
Entwicklung der Frucht dienen muss. Der Fötus trinkt nämlich
das Blut, das in der Gebärmutter zurückbleibt. An seinen beiden
Daumen befindet sich eine fliessartige Hülle, in welcher sich das
Menstrualblut teilweise ansammelt. Er steckt nun abwechselnd
den rechten und den linken Daumen in den Mund und saugt
das Blut auf, das sich unter der Hülle befindet.
Wann und wodurch das Geschlecht der Frucht bestimmt
wird wissen die Eingeborenen nicht, ebenso wenig kennen
sie Mittel um das Geschlecht zu beeinflussen.
Die Geburtshelferin ist in der Regel im Stande schon
während der Gravidität der Frau das Geschlecht des Kindes vorherzusagen.
Wenn nämlich die Frau mit einem Mädchen
schwanger geht, sind die Adern der Brust d u n k el, bei einem
Knaben dagegen gelblich; dasselbe gilt von den Brustwarzen |