gebräuchlich ist, zeigt deutlich das Bild, welches dem Artikel von
Pleyte x) beigegeben ist.
Merkwürdig ist nun jed o ch , dass die von allen diesen Schriftstellern
von Rosenberg zugeschriebene Bemerkung über die
Spitzfeilung der Zähne bei den Niassern, in den Werken von
Rosenberg’s nirgends zu finden ist,
eine Tatsache, worauf Wilken 2)
bereits aufmerksam gemacht hat.
Ich habe bei von Rosenberg über
das Feilen der Zähne nichts anderes
finden können als diese Bemerkung:
„ Die oberen Schneidezähne werden
bei den Niassern wie bei den Maleien
teilweise abgefeilt.” Aus diesem Satz
kann man wohl kaum auf eine Spitzfeilung
der Zähne schliessen. Modigliani
dagegen berichtet wohl über
Spitzfeilung der Vorderzähne, fügt
aber irrtümlich h in zu , dass die Operation
erst wenn die Kinder erwachsen
sind, ausgeführt wird.
Es ist jedoch möglich, dass die
Spitzfeilung in früheren Zeiten wohl
gebräuchlich gewesen ist. Als Beweis
dafür könnte ein im ethnographischen
Museum zu Leiden befindliches
Götzenbild dienen, wahrscheinlich
ein adu zatua, dessen Vorder-
Niassische adu mit dreieckig- zähne dreieckig gefeilt sind. Auf
gefeilten zähnen. jeden Fall geht daraus hervor, dass
die Niasser diese Art des Feilens der Zähne gekannt h a b e n , sie
braucht darum aber nicht einheimisch gewesen zu sein, sondern
1) Pleyte, C M., Die Mentawei-Inseln und ihre Bewohner. Globus.
Bd. 79. 1901.
2) Wilken, G. A., Iels over de mutilatie der tanden bij de volken
van den Indischen Archipel. Bijdragen tot deTaal-Land- en Volkenk.
van Ned. Indie. 5e volgreeks. 3e deel. 1888.
kann von den benachbarten Stämmen, z. B. von den Bataks,
Maleien oder Mentaweiern herübergenommen sein. Jedenfalls
ist das Götzenbild in dieser Hinsicht sehr beachtenswert.
Zu den chirurgischen Operationen wollen wir auch noch das
Durchbohren der Ohrläppchen zählen. Bereits in sehr jugendlichem
Alter werden in die Ohrläppchen der Kinder Löcher
gestochen. In Ost-Nias (Lölöwua) geschieht es, wenn das Kind
ungefähr drei Monate alt ist und zwar von der Mutter selbst.
Bei Mädchen werden beide, bei Knaben wird n u r das rechte Ohi-
läppchen durchbohrt. Als Grund zu diesem Unterschied wurde
mir angegeben, dass man auf diese Weise das Geschlecht
der Kinder andeuten will. Wahrscheinlich
ist dies nicht die ursprüngliche Bedeutung gewesen,
es ist mir jedoch trotz wiederholter Nachfrage nicht
gelungen, etwas anderes darüber in Erfahrung zu
bringen. Auch die weiblichen adu zatua sind von
zwei durchbohrten Ohrläppchen versehen, während
die männlichen adu zatua nur ein durchbohrtes
Ohrläppchen zeigen (siehe die Abbildung).
Die Mutter durchsticht zunächst mit einer Nadel
(falelowa-sina), an der ein Faden befestigt ist, das
Ohrläppchen des Kindes. Den Faden lässt man
zwei Tage in dem gemachten Kanal, dann steckt
man nach einander vier Stengel der sirahi durch
das Löchelchen, diese müssen vier Tage und vier
Nächte darin bleiben; dann werden sie entfernt und
an ihre Stelle tritt ein weiches Holzstäbchen, das
man einen Monatlang darin lässt. Nach Ablauf
dieser Zeit rollt die Mutter ein Kokospalmblatt,
das sie der Länge nach durchschnitten hat, auf,
und steckt das Röllchen in das durchbohrte Ohrläppchen.
Das Blatt wird sich allmählich auseinanderrollen
und auf diese Weise die Öffnung
Weibliche adu-
zatua mit Ohrhänger
in
beiden Ohren.
wird dann
vergrössern. Durch den Ohrring oder Ohrhänger
später die Öffnung noch grösser gemacht. Mehrmals sah ich
auf Nias F ra u e n , deren Ohrläppchen durch das Gewicht der
Ohrgehänge ganz ausgerissen waren.